«Wir stimmen an der Theke ab»
10.10.2023 Region Bremgarten, Wahlen, Region Wohlen, Region Oberfreiamt, Region UnterfreiamtNationalratswahlen: Christoph Hagenbuch will einen siebten SVP-Sitz erobern
Grossrat Christoph Hagenbuch gehört zu den bekanntesten SVP-Politikern des Freiamts. Nun möchte der Präsident des Aargauischen Bauernverbandes auch den Schritt nach Bundesbern ...
Nationalratswahlen: Christoph Hagenbuch will einen siebten SVP-Sitz erobern
Grossrat Christoph Hagenbuch gehört zu den bekanntesten SVP-Politikern des Freiamts. Nun möchte der Präsident des Aargauischen Bauernverbandes auch den Schritt nach Bundesbern wagen.
Marco Huwyler
Christoph Hagenbuchs Konterfei auf Plakaten und Inseraten gehört im Freiamt wohl zu den meistgesehenen in diesen Tagen. Und auch mit seiner Zeit geizt Hagenbuch im Vorfeld dieser Wahlen nicht. Emsig engagiert er sich an Podien und Veranstaltungen, ist fast täglich im Namen seines Wahlkampfes unterwegs. Kein Zweifel: Der 38-Jährige nimmt seine Kandidatur ernst. Doch trotz allem Aufwand ist Hagenbuch auch Realist. «Es wäre eine Überraschung, wenn ich gewählt würde», findet er. «Wir haben sechs Bisherige in der Partei – keiner von ihnen ist bisher negativ aufgefallen. Ich rechne daher auch nicht damit, dass einer von ihnen abgewählt wird.» Damit er Wahlchancen habe, müsste die SVP also Sitze hinzugewinnen. «Und selbst wenn dies gelänge, wäre es schwer genug. Dann müsste ich der Beste von vielen guten neuen SVP-Kandidaten sein.»
Einstehen für die Bauern
Für Hagenbuch wäre eine Nichtwahl daher keine Enttäuschung – wenn er denn mit seinem Einsatz dafür der Partei geholfen hätte. «Das stand für mich immer im Vordergrund», sagt er. Hagenbuch sitzt seit mittlerweile fast acht Jahren für die SVP im Grossrat. «Die Partei, die einfach nach wie vor am meisten mit meinen Werten übereinstimmt.» Der Oberlunkhofer ist Bauer aus Leidenschaft. Und für seinesgleichen und ihre Anliegen ist er auch primär in die Politik eingestiegen. Seit zweieinhalb Jahren engagiert er sich zusätzlich als Präsident des aargauischen Bauernverbands. Nun will Hagenbuch dies auch als Nationalrat in Bundesbern tun. «Weil der Einfluss auf die Landwirtschaft als kantonaler Politiker beschränkt ist. Die wegweisenden Entscheide werden im Bundeshaus gefällt.» Im Falle einer Wahl würde er dafür als Grossrat demissionieren. «Ich bin keiner, der meint, überall seine Finger mit im Spiel haben zu müssen. Da muss man eine gewisse Demut an den Tag legen», meint er.
Kampf gegen Regularien
Auf die bereits grosse Bauernlobby in Bundesbern angesprochen, findet Hagenbuch, dass es gar nicht zu viele Bauernvertreter im Parlament geben könne. «Weil sie letztlich am meisten zur Versorgungssicherheit und Selbstständigkeit der Schweiz beitragen.» Themen, die auf Hagenbuchs politischer Agenda zentral sind. «Gerade angesichts der unsicheren Weltlage in diesen Tagen.» Dass die Schweiz ihre Pflichtlager für Notzeiten sukzessive abgebaut habe in den letzten Jahren, erfüllt ihn mit Sorge. «Ethanol, Medikamente, Nahrung – von allem haben wir viel zu wenig.» Stattdessen würden denen, die lebenswichtige Produkte für die Schweiz herstellen, immer noch Steine in den Weg gelegt – gerade den Bauern. «Uns wird alles vorgeschrieben. Im Sinne einer romantisierten Ballenberg-Landwirtschaft und vermeintlichen Umweltschutzes.» Das Unternehmertum werde eingeschränkt, Regulierungswut dominiere – etwa was die Bedingungen für Direktzahlungen der Agrarpolitik betrifft. «Vieles, was da verabschiedet wird, tönt ja noch gut in der Theorie», sagt Hagenbuch, der als studierter ETH-Agrarwissenschaftler weiss, wovon er spricht. «In der Praxis funktioniert es dann aber nicht, wenn man es stur nach Schema XY umsetzen muss. Deshalb bräuchte es mehr Flexibilität bei der Umsetzung.» Einen ähnlich pragmatischen Ansatz verfolgt er beim Tierwohl. Obwohl sein eigener Betrieb bei der Mutterkuhhaltung auf einen tierfreundlichen Laufstall setzt, möchte er dies nicht allen vorschreiben. «Denn den Tieren in der Schweiz geht es so gut wie nirgends sonst in der Welt. Da braucht es keine verschärften Gesetze. Zumal diese nur bis zu den Grenzen greifen. Wenn wir kein günstiges Fleisch anbieten, wird es importiert, solange es nachgefragt ist», sagt Hagenbuch. «Letztlich stimmen wir über den Tierschutz an der Theke ab.»
Bereit für den Dialog
Grosso modo wünscht sich Hagenbuch vom Parlament vor allem mehr Bezug zur Realität. Nicht nur in der Landwirtschaft. «Auch auf finanzpolitischer Ebene will ich mich dafür einsetzen, dass wir nur das ausgeben, was wir auch haben», findet er. Hagenbuch betont aber, dass er kein sturer Politiker sei, der nur die eigene Haltung akzeptiere. «Sonst wäre ich auch falsch im Nationalrat. Ich mag die konsensorientierte Hintergrundarbeit in den Kommissionen und den Dialog.»
Dafür ist Hagenbuch auch bereit, viel Zeit zu investieren. Obwohl er daneben einen Bauernbetrieb mit Angestellten führt, als Stiftungs-, Verwaltungsrat und Bauernpräsident amtet – und die Familie mit den beiden kleinen Kindern selbstverständlich auch seine Aufmerksamkeit verlangt. «Der Tag hat nicht nur 8 Stunden, an denen man arbeiten kann», sagt er dazu lapidar. «Die Arbeit ist für mich kein Müssen, weil ich all diese Tätigkeiten auch gerne mache – und genauso gerne wäre ich Nationalrat.»