Er spürt viel Wertschätzung
23.12.2025 Wohlen, Politik, ArbeitEnde Jahr gibt Arsène Perroud den Job des Gemeindeammanns ab: Er geht zufrieden und kann gut loslassen
Es waren intensive acht Jahre. Er habe zusammen mit dem Gemeinderat viel aufgegleist und das Schiff mit dem Namen Wohlen wieder zum Fahren gebracht, sagt ...
Ende Jahr gibt Arsène Perroud den Job des Gemeindeammanns ab: Er geht zufrieden und kann gut loslassen
Es waren intensive acht Jahre. Er habe zusammen mit dem Gemeinderat viel aufgegleist und das Schiff mit dem Namen Wohlen wieder zum Fahren gebracht, sagt Arsène Perroud. Natürlich hätte er gerne weitergemacht. Aber sein Abgang bringt auch viel Neues in sein Leben. Darauf freut er sich.
Daniel Marti
«Ganz ehrlich, es geht mir sehr gut.» Dies sagt Arsène Perroud und blickt entspannt auf seine Karriere als Gemeindeammann. Ganz selbstverständlich ist diese so positive Gemütslage nicht, denn eine Abwahl mag man niemandem gönnen und ist eigentlich ein unschönes Verdikt. «Natürlich hätte ich mir ein anderes Resultat gewünscht», gibt der scheidende Gemeindeammann zu. Und selbstverständlich hätte er sehr gerne einige Projekte weitergeführt. Nun aber übergibt er den Ammann-Job Ende Jahr an Roland Vogt. So sei halt die Demokratie, erklärt er weiter. «Und zur Demokratie gehören auch Wechsel und das Loslassen nach einer nicht erfolgreichen Wahl.» Letztlich stehen auch bei diesem Wechsel Menschen dahinter. Menschen, mit denen er gerne zusammengearbeitet hat. Auch hier gilt es loszulassen, das bedauert er.
Berufliche Zukunft noch offen
«Aber sonst freue ich mich auf das, was kommen wird», sinniert er. Nur, wie sieht der Berufsalltag ab dem 1. Januar 2026 aus? «Keine Ahnung», antwortet er ganz spontan. Aber diese Offenheit, dieser Schwebezustand bereitet ihm keine Mühe. Im Gegenteil. «Ich habe das auch gerne.» Wohl auch deshalb, weil er keinerlei Zukunftsängste hat. Er sei gut vernetzt, habe diverse Weiterbildungen absolviert und er verspüre keinen Druck, sagt Perroud. «Das ist eine komfortable Ausgangslage.»
Bereits im Oktober haben sich diverse Möglichkeiten eröffnet. «Es wird sicher eine gute Anschlusslösung, da bin ich mir sicher.» Zudem ist nicht gänzlich Schluss im neuen Jahr: Perroud ist Präsident des Kesd des Bezirks Bremgarten, des Regionalplanungsverbandes Unteres Bünztal und des Abwasserverbandes Region Wohlen. Hier ist er noch bis zu den nächsten Delegiertenversammlungen Präsident. Hier wird er bis zu seiner Ablösung mit Engagement und Freude dabei sein.
Und ganz aus der Politik verabschiedet er sich auch nicht. Arsène Perroud ist und bleibt SP-Grossrat für den Bezirk Bremgarten. «Ausser die künftige Anstellung lässt sich nicht damit vereinbaren.»
Keine linke Politik gemacht
Tatsächlich. Perroud hinterlässt nach der verpassten Wiederwahl einen ausgeglichenen Eindruck. Kein Hadern. Keine Trauer. Oder ist viel Druck abgefallen? Eigentlich nicht, meint er. Er habe nur versucht, den Job souverän und solide zu Ende zu bringen. Zudem spielte eine mögliche Abwahl stets in seinen Gedanken mit. «Seit meiner ersten Wahl in den Gemeinderat musste ich das auch in Betracht ziehen.» Man dürfe die Wähleranteile in Wohlen nicht ausser Acht lassen. «Mit diesen grossen bürgerlichen Wähleranteilen war es erstaunlich, dass ich als linker Politiker überhaupt zum Gemeindeammann gewählt wurde.»
In der grössten Freiämter Gemeinde ist seit rund zwei Jahrzehnten die SVP die stärkste Kraft. Da war vom SP-Gemeindeammann ab und zu ein Spagat gefragt. Perroud betrachtet das im Grundsatz: «Der Gemeinderat Wohlen hat unter meiner Führung nie eine linke Politik gemacht. Die Behauptung, wir machten links-grüne Politik, ist einfach falsch. Diese Politik wäre in Wohlen nie mehrheitsfähig.» Der Gemeinderat habe in den letzten acht Jahren stets mehrheitsfähige Lösungen angestrebt und keine tendenziösen Entscheidungen getroffen. Darum habe er tatsächlich ständig den Spagat gesucht. «Wir mussten uns im Gemeinderat stets einmitten, und das haben wir auch getan.»
Verantwortung und Respekt
Für Perroud ist die politische Überzeugungsarbeit zur ständigen Begleiterin geworden. Mittlerweile darf er auf über ein Vierteljahrhundert Lokalpolitik zurückblicken. 24 Jahre lang nahm er Einsitz im Einwohnerrat oder Gemeinderat inklusive Einwohnerratspräsident und Gemeindeammann. Mit der Kommissionsarbeit sind es sogar 28 Jahre. Das habe viel mit ihm gemacht, gibt er zu. «Und es ist eine komplett andere Rolle, ob man im Parlament sitzt oder im Gemeinderat Verantwortung übernimmt», erklärt der 48-Jährige. In der Exekutive müsse man Probleme lösen, «das verändert viel in einem drin».
Im Einwohnerrat könne man unbekümmert und ungezwungen politisieren. «Die Verantwortung für die langfristigen Auswirkungen trägt die Exekutive.» Und wie hat sich der Umgang mit den Menschen verändert in den acht Jahren als Gemeindeammann? Gar nicht, sagt er. Für ihn sei es ganz normal, dass er mit allen Menschen respektvoll umgeht. Und er habe nie auf die Person gespielt. «Denn ich habe mit sachlicher Kritik und anderen politischen Meinungen keine Mühe.»
Erfolgreiche Projekte: Bahnhof bis Halde
So darf Arsène Perroud auf einige erfolgreiche Projekte zurückschauen. Genannt werden die vier wichtigsten. Bahnhof, Blaulicht-Zentrum, Schulzentrum Halde, Gemeindehaus. Wesentlich ist die verbesserte Situation beim Bahnhof. «Die ÖV-Drehscheibe und der neue Bushof sind enorm wichtig, das hat Auswirkungen auf die gesamte Gemeindeentwicklung.» Es sei vorteilhaft gewesen, dass die drei Projekte neuer Bushof, Verschiebung des Freiverlads und Neueinführung der AVA voneinander getrennt wurden. «Der gesamte Prozess der Bahnhofentwicklung ist sehr positiv, obwohl sehr viele Hürden gemeistert werden mussten.»
Die Blaulicht-Organisationen haben in seiner Amtszeit einen neuen Hauptsitz bekommen. «Das war kostenintensiv, aber es hat sich gelohnt», sagt er. «Wir konnten so für Zivilschutz und Regionalpolizei attraktive Arbeitsplätze realisieren.» Mit dem Standortwechsel der Repol gab es erst noch mehr Platz im Gemeindehaus. Und beim Gemeindehaus wird ein Modulbau bald die Platznot lindern. Dieser Anbau, das Baugesuch wird bald präsentiert, wird für weitere Entspannung sorgen. «Manchmal gibt es auch Zufälle», gibt Perroud zu. Dieser Modulbau war zum richtigen Zeitpunkt auf dem Markt. «Wir hatten ziemlich Druck, die Raumnot und fehlende Sicherheitsstandards im Gemeindehaus sind belastend und für die Angestellten nicht mehr haltbar.» Nun ist mit dem Modulbau eine schnelle und deutliche Verbesserung in Sicht.
Diese Verbesserung wird ab August auch im Schulzentrum Halde definitiv einziehen. Dann sollte das Schulzentrum für Bezirksschule und Primarschule saniert und modernisiert sein. Mit einem 56-Millionen-Kredit immerhin das grösste Bauwerk in der Geschichte von Wohlen. «Alle Projekte, die man umsetzen kann, sind erfolgreich», so Perroud. Und es werde gut, das neue Halde-Schulzentrum. Aber man müsse jetzt schon zwingend Richtung Schulhaus Junkholz blicken. «Das ist marod, dort gibt es einen grossen Sanierungsbedarf, das darf man nun nicht weiter nach hinten schieben», blickt er beim Schulraum voraus.
Eher im Hintergrund
Während acht Jahren als Gemeindeammann gab es unzählige Entscheidungen, Geschäfte und Projekte. Und welches ist das Lieblingsprojekt von Arsène Perroud? Natürlich sind das etliche. «Aber», räumt er ein, «in der Politik schaut man immer dorthin, wo Brisanz drinsteckt.» Das sei eine normale Wahrnehmung. Das Funktionieren einer Gemeinde sei jedoch einiges mehr. Von der IT bis zur Integration der Führungsstrukturen der Volksschule. «Da gibt es halt jeweils keine Eröffnungsfeiern – und somit auch weniger Aufmerksamkeit.»
Dann nennt er doch eines seiner Lieblingsprojekte. Die Regionale Entwicklung liegt ihm sehr am Herzen. «Insbesondere die Entwicklung der regionalen Wirtschaftsförderung ist höchst erfreulich und sie hat langfristige positive Auswirkungen.» Damit meint er auch die Entwicklungen im Arbeitsplatzgebiet Villmergen/Wohlen und im Rigacker in Wohlen. «Das sind Prozesse, die im Hintergrund laufen.» In diesen Bereichen hat er alle persönlichen Ziele erreicht. Dagegen bedauert er, dass wichtige Themen auf kommunaler Ebene zu kurz kommen. Er nennt Klima, Hitze, Regenwassermanagement. «Das sollte uns viel stärker beschäftigen.» Diese Probleme kommen auf die Menschen zu. Auch in Wohlen.
Aber diese problematischen Themen müssen seine Nachfolger anpacken. Denn eines ist klar. Ab dem 1. Januar wird sich Arsène Perroud von der Lokalpolitik distanzieren. «Von mir wird man nichts mehr hören, ich werde mich öffentlich nicht mehr zur Lokalpolitik äussern.» Brauche jemand einen Rat, dann sehr gerne, aber sonst wolle er auch in diesem Bereich loslassen. «Dies aus Respekt gegenüber allen Mitgliedern, die in der Exekutive waren und künftig sein werden.»
Einst Hoffnungsträger …
Gab es Rückmeldungen auf seinen bevorstehenden Abgang? «Ich spüre grosse Dankbarkeit für das, was ich bewegt habe», lässt er tief blicken. Und ihm werde viel Wertschätzung entgegengebracht. «So gesehen gehe ich zufrieden und erfüllt.» Zu Wohlen werde es keine Distanz geben. «Ich bin hier aufgewachsen, hier haben wir unser Haus gebaut, hier ist unser Umfeld.»
Abschliessend ein anderes Thema: Vor seiner Wahl zum Gemeindeammann wurde Arsène Perroud in dieser Zeitung als Hoffnungsträger bezeichnet. Ist er dem gerecht geworden? Er studiert. Man müsse dies schon im Kontext der damaligen Phase betrachten. «Da ist vieles in der Gemeinde stillgestanden», blickt er zurück. «Als Gesamtgemeinderat haben wir dieses Schiff wieder zum Fahren gebracht. In den letzten acht Jahren ist Wohlen vorwärtsgekommen. Beim Schulraum, bei der ÖV-Drehscheibe, bei der Infrastruktur, und den Verwaltungsstrukturen. Und das damalige Misstrauen zwischen Einwohnerrat und Gemeinderat wurde wieder korrigiert, das Verhältnis verbessert.»
Vielleicht habe dieser Veränderungsprozess auch Widerstand ausgelöst, das sei nicht ungewöhnlich. Nicht alle gesetzten Themen seien beliebt. «Aber wir haben vieles aufgegleist, raumplanerisch wichtige Entscheide gefällt. Das Schiff Wohlen fährt wieder, mal ein bisschen nach links oder dann nach rechts. Aber es fährt.» Wohlen sei gut vorwärtsgekommen. So gesehen hat der Hoffnungsträger geliefert. Oft sei – ohne Vollamt und mit der 80-Prozent-Vorgabe – die Belastung über 100 Prozent hinausgegangen, hält Arsène Perroud fest. Er hat eben den Job des Gemeindeammanns sehr gerne ausgefüllt. Auch das nimmt man ihm ab.
«Der Gemeindeammann steht immer vorne»
Alles konnte nicht optimal verlaufen: Finanzen bis Schulraumplanung
In der Gemeindeammann-Ära von Arsène Perroud gab es auch Projekte, die heftig diskutiert wurden. «Natürlich», sagt Perroud, «es gibt immer Projekte oder Angelegenheiten, die man hätte besser machen können.» Aber grosse Fehler macht er im Rückblick auf die letzten acht Jahre nicht aus.
Bitte etwas tiefer blicken
Trotzdem hat es Projekte und Themen gegeben, die zu vielen Diskussionen und Opposition geführt haben: Die finanzielle Lage oder die Strategie für die Schulraumplanung beispielsweise. Der Streit um den Steuerfuss und die steigende Schuldenlast waren in seiner Amtszeit ein Dauerbrenner. «Der Gemeindeammann steht immer vorne.
Und wenn etwas nicht so gut läuft, wird das sofort mit dem Ammann in Verbindung gebracht», betont er. Und er verweist darauf, dass das Ressort Finanzen in den letzten Jahrzehnten immer in bürgerlicher Hand war. Gleichzeitig werde ihm von verschiedenen Seiten vorgeworfen, er habe da alles selber bestimmt, so Perroud. Da interveniert er entschieden: «Das ist ein Märchen, das ist ehrlich gesagt Quatsch.» Fünf Gemeinderatsmitglieder haben stets gleichberechtigt eine Mehrheit herbeigeführt. «Alle haben immer mit argumentiert und sich stark eingebracht.»
Bei der Diskussion rund um die Finanzlage müsse man etwas tiefer blicken, fordert er. Die Ausgaben im Ressort Soziales und Gesundheit sind in den letzten Jahren am stärksten gestiegen. Oder im Bereich Bildung habe man in Wohlen wegen des grossen Wachstums einen grossen Nachholbedarf. «Zudem ist der allergrösste Teil der Ausgaben übergeordnet und gebunden.» Er sei als Gemeindeammann für das Gesamtbild verantwortlich, so Perroud. Aber letztlich habe die angespannte Finanzlage ganz viele Gründe – und betreffen praktisch alle Ressorts.
In den beiden vergangenen zwei Jahren war die Strategie für die Schulraumplanung stark im Fokus. Die SVP war hier die Gegenspielerin. Mit einem per Vorstoss verlangten Planungsstopp legte die Volkspartei die Karten früh auf den Tisch. Hier hätte man doch das Gespräch sofort suchen sollen. «Ja, man hätte nach der ersten Kenntnisnahme der Strategie durch den Einwohnerrat bei der SVP nachhaken müssen», sagt Perroud. Das Referendum gegen zwei Projektierungskredite war dann vor dreizehn Monaten erfolgreich. Die Problematik hat der Ammann mittlerweile erkannt: «Das Thema ist sehr komplex. Und es hätte mehr Zeit benötigt, um alle Zusammenhänge genau aufzeigen zu können. Wir hätten die Parteien und die Bevölkerung besser mitnehmen müssen.»
Die neuerliche Debatte rund um die revidierte Strategie sei positiv gewesen. «Viele Kernpunkte der ersten Strategie sind nun auch in die zweite Fassung eingeflossen. Wichtige Bausteine wie das neue Schulzentrum Farn sind unverändert.» Vieles werde auf die negative Volksabstimmung zu den Projektierungskrediten reduziert, bedauert er, «aber die Grundausrichtung ist nach wie vor positiv». Auch der Prozess sei positiv. «Wir müssen in Wohlen ein Defizit aufholen beim Schulraum. Darum ist der Druck sehr gross.»
Zustimmung für viele Vorlagen
Arsène Perroud verweist zudem darauf, dass die grosse Mehrheit der gemeinderätlichen Vorlagen im Einwohnerrat eine Zustimmung gefunden haben. «Nur ganz wenige wurden abgelehnt.» Wenig Stellenerweiterungen wurden abgelehnt oder gekürzt, die Aufwertung der Zentralstrasse scheiterte knapp im Dorfparlament. Die Zustimmung sei recht hoch gewesen, betont er. «Diese Bilanz ist doch sehr positiv.» --dm

