Wenn die Mitte links ist
25.11.2025 Region Unterfreiamt, HägglingenHägglingen: Gemeinderat Peter Wyss tritt nach zehn Jahren aus dem Gemeinderat zurück
Er ist ab und zu angeeckt mit seiner Meinung. Trotzdem zieht Peter Wyss eine positive Bilanz seiner Gemeinderatszeit. Für ihn ist Hägglingen ein ...
Hägglingen: Gemeinderat Peter Wyss tritt nach zehn Jahren aus dem Gemeinderat zurück
Er ist ab und zu angeeckt mit seiner Meinung. Trotzdem zieht Peter Wyss eine positive Bilanz seiner Gemeinderatszeit. Für ihn ist Hägglingen ein «wunderschönes Dorf mit einer funktionierenden Gemeinschaft». Nach zehn Jahren will er wieder mehr Zeit für sich und die Familie.
Chregi Hansen
Der Vormittag ist durchgetaktet, das Mittagessen ist bereits vorbereitet, nach dem Gespräch wartet im Gemeindehaus Arbeit auf ihn, doch um Mittag ist er wieder zu Hause und nimmt die Kinder in Empfang zum Essen.
«Für meine Frau und mich ist klar, dass wir beide arbeiten wollen und uns beide um die Kinder kümmern», sagt Peter Wyss zu Hause in der Stube des alten Bauernhauses im Ortsteil Rüti. Möglich macht dies die Tatsache, dass er als Angehöriger der Wasserschutzpolizei Zürich im Schichtdienst arbeitet und auch mal tagsüber zu Hause ist. Das hilft ihm zudem bei seinem Amt als Gemeinderat. Und doch. «Wir müssen jonglieren mit den Terminen», schmunzelt der vierfache Familienvater. Darum ist er nicht unglücklich, ab nächstem Jahr wieder etwas mehr Zeit zu haben. «Dann sehen meine Frau und ich uns wieder etwas öfter.»
Bei den Projekten gerne hautnah dabei
Auf 20 bis 25 Prozent schätzt er den Aufwand für sein Amt. Hägglingen sei eben ein kleines Dorf mit einer eher kleinen Verwaltung, «da muss man zwangsläufig auch operative Arbeiten übernehmen», so Wyss. Aber genau das hat ihm auch gefallen. Der gelernte Dachdecker war gerne vor Ort auf Baustellen oder im Werkhof. Er fand sein Amt immer spannend – wenn auch manchmal etwas zermürbend. Peter Wyss ist Mitglied der Mitte und gilt trotzdem als linkster und grünster Gemeinderat. Das sage viel aus über die Zusammensetzung des Gemeinderates, findet er. Aktuell besteht dieser aus zwei Vertretern der SVP, zwei der FDP und ihm als Mitglied der Mitte. «Das entspricht nicht wirklich der politischen Ausrichtung der Bevölkerung», ist er überzeugt.
Für Ammann-Amt kandidiert
Peter Wyss ist keiner, der mit seiner Meinung hinter dem Zaun hält. Im Rat sei man nicht immer gleicher Meinung, gibt er zu. «Aber wir haben uns jeweils gefunden», fügt er an. Dass er vor vier Jahren gegen den amtierenden Vize zur Ammannwahl angetreten ist, kam nicht bei allen gut an. «Aber da ist nichts mehr hängen geblieben», betont er. Ihn hätte die zusätzliche Verantwortung gereizt. Er arbeitet sich gerne in neue Themen ein und hat darum in seiner Amtszeit auch neue Ressorts übernommen. «Weil ich wissen will, wie die Dinge funktionieren.» Und er scheut sich nicht, sich zu exponieren. Er vertrat mutig die Tempo- 30-Vorlage an der «Gmeind», obwohl er stark im Gegenwind stand. Die generelle Einführung wurde damals abgelehnt, seither kommt die Verkehrsberuhigung eben quartierweise. «Aber wir vom Gemeinderat werden nicht aktiv. Der Anstoss muss von den Anwohnern kommen», macht er deutlich. Auch das Asylwesen hat ihn stark beschäftigt, der geplante Bau einer eigenen Unterkunft sorgte für viel Gesprächsstoff im Dorf. Mittlerweile konnte der Mietvertrag mit den Besitzern des «Central» verlängert werden, weshalb es keine eigene Unterkunft braucht. «Schade, war die Verlängerung nicht früher möglich, das hätte uns viel Aufwand und Aufregung erspart.»
Stark engagiert hat er sich auch im Sozialbereich. Bei vielen Gesprächen mit Sozialhilfebezügern war er mit dabei. Verständnis haben für die schwierigen Lebenssituationen, aber gleichzeitig auch darauf bestehen, dass der Bezug von Leistungen auch Pflichten nach sich zieht, das war für Klienten manchmal schwierig. Die Reaktionen fielen sehr unterschiedlich aus – von grosser Dankbarkeit bis zum Wegzug. «Es muss unser Bestreben sein, dass die Betroffenen wieder arbeiten können, das spart Geld und führt zur Zufriedenheit der Personen», sagt er. Im Vergleich zu anderen Gemeinden habe Hägglingen wenig Sozialfälle. Das habe mit dem eher teuren Wohnraum tun. Und mit der Tatsache, dass man sich im Dorf kennt und unterstützt.
Der Natur Sorge tragen
Der Kitt im Dorf, das ist es, was Peter Wyss besonders gefällt, seit er vor 23 Jahren aus dem Luzernischen ins Freiamt gezogen ist. Er hat sich schnell integriert, war aktives Mitglied der Feuerwehr, als Luzerner natürlich auch bei der Fasnacht an vorderster Front mit dabei, bei vielen Veranstaltungen im OK aktiv und Mitglied in mehreren Vereinen. «In Hägglingen gibt es fast jedes Wochenende ein Fest.
Und als Hägglinger ist es quasi «Pflicht», bei jedem Fest dabei zu sein», schmunzelt er. Ihm gefällt das Dorf mit der vielen Natur rundherum.
Darum interessiert er sich auch für ökologische Themen. «Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen und habe gelernt, der Natur Sorge zu tragen. Wenn ich dadurch als «Grüner» gelte sollte, dann ist das eben so», meint er achselzuckend.
Er war oft gefordert in den zehn Jahren. Zu seinen Projekten gehörten etwa die Neuorganisation des Werkhofs nach der Pensionierung langjähriger Mitarbeiter, die Sanierung vieler Flurstrassen nach den Unwettern 2016, die Planung der Schwettibachöffnung, die definitive Einführung der Jugendarbeit, die Übernahme des Altersheims durch die Senevita, der Naturspielplatz sowie die erste Etappe des Ausbaus der Kantonsstrasse. Die zweite soll in zwei bis drei Jahren erfolgen. «Im Ausserortsbereich war ich schon bei der Startsitzung 2017 dabei, 2028 soll dieses Teilstück starten. Manches dauert extrem lange», muss er erkennen.
Weiterhin im Dorf anzutreffen
Für ihn waren in den zehn Jahren drei Prinzipien wichtig. Transparenz, Verlässlichkeit und die Bereitschaft, sich auch andere Meinungen anzuhören. Zudem findet er es wichtig, dass man sich als Gemeinderat nicht nur mit den aktuellen Problemen beschäftigt, sondern sich auch über die Vorgeschichte informiert und einen gewissen Weitblick behält. «Mir war es immer wichtig, Projekte ganzheitlich zu betrachten. Das war durch die Aufteilung der verschiedenen Ressorts leider nicht immer möglich», bedauert er. Trotzdem zieht er nach den zehn Jahren eine positive Bilanz, spricht von einer spannenden Zeit. Gleichzeitig freut er sich auf mehr Freizeit. Pläne hat er bereits. Der alte Schopf soll umgebaut werden. Und auch im Garten will Peter Wyss wieder aktiver werden. Langweilig wird es ihm sicher nicht. Und an den vielen Festen im Dorf wird man ihn weiterhin sehen.

