Von wegen alt und verstaubt
14.01.2025 Region Unterfreiamt, VillmergenAnstossen auf 100 Jahre
Villmerger Jodlerklub feierte Jubiläum
Der Jodlerklub «Heimelig» präsentierte sich an der Geburtstagsfeier in Bestform.
Vier Sänger und ein Dirigent gründeten 1925 ein ...
Anstossen auf 100 Jahre
Villmerger Jodlerklub feierte Jubiläum
Der Jodlerklub «Heimelig» präsentierte sich an der Geburtstagsfeier in Bestform.
Vier Sänger und ein Dirigent gründeten 1925 ein Jodler-Quartett. Zwei Jahre später wuchs die Formation bereits zum Doppel-Quartett an und erhielt den Namen «Heimelig». Heute, 100 Jahre später, ist der Jodlerklub aus dem Dorfleben nicht mehr wegzudenken. Zum runden Geburtstag traten viele andere Vereine auf. --chh
Jodlerklub «Heimelig» Villmergen feierte 100-Jahr-Jubiläum mit tollem Unterhaltungsabend
Auf Fahnenschwingen und auf das Alphorn wurde verzichtet, Dafür gab es vom Jodlerklub neben traditionellem Liedgut moderne Klänge zu hören. Und vor allem wurde viel gelacht. Der Abend mit ganz vielen Vereinen wurde ein voller Erfolg.
Chregi Hansen
Glücklich, wer solch einen Präsidenten hat. Marcel Vock entpuppt sich am Jubiläumsabend als Stimmungskanone, dem keine Rolle peinlich ist und der mit seinen Sprüchen das Publikum zum Grölen bringt. Er legt sich im Schlafanzug von anno dazumal auf der Bühne ins Bett (und nimmt danach in diesem Outfit die Ehrung durch den Kantonalverband entgegen), singt und tanzt als Blues Brother über die Bühne und streut bei der Begrüssung und Verdankung den einen oder anderen Witz ein. Natürlich kann er auch singen, was er zwischendurch bei den Auftritten mit dem Jodelchor beweist.
Wobei dies zum 100. Geburtstag der «Heimelig» eher der kleine Part ist. Das mag den einen oder anderen Puristen stören, dem es primär um den Erhalt der Volkskultur geht. Aber der Grossteil des Publikums hat Freude am äusserst abwechslungsreichen Programm, zu dem verschiedene Villmerger Vereine ihren Beitrag leisten. Umgekehrt hat der jubilierende Verein Freude an dieser grossen Unterstützung. «Egal, wen wir angefragt haben, alle haben sofort zugesagt», berichtet Präsident Vock stolz. Ein Beweis, dass in Villmergen der Zusammenhalt unter den Vereinen funktioniert.
Als Frauen nicht willkommen waren
Mit dabei ist an diesem Abend auch die Theatergesellschaft. Früher hat der Jodlerklub zusätzlich zu den Konzerten noch selbst Theater gespielt. Die Stücke sollen meist so spät angefangen haben, dass der Grossteil des Publikums schon im ersten Akt einschlief. Zumindest ist dies in einem der drei Auftritte der Theatergesellschaft zu erfahren. Denn diese hat extra für diesen besonderen Abend drei eigene Nummern geschrieben, welche sich mit der Geschichte des Jodlerklubs beschäftigen. So wird das Publikum auch Zeuge der fiktiven Gründungsversammlung. Das war damals Männersache. «Frauen im Jodelklub? Da bin ich strikte dagegen, dann trete ich aus», lässt einer der Protagonisten vernehmen. Das ist zum Glück heute anders, denn Jodeln ist Villmergen hauptsächlich Frauensache, während die Männer die Begleitung übernehmen.
Für Nachwuchs ist gesorgt
Ironisch auch die Nummer über eine Villmerger Rockergang. Ausgerechnet die stört sich daran, dass der Jodlerklub auf Alphorn und Fahnenschwingen verzichtet. «Wo kommen wir noch hin?», fragen sie sich. Der Auftritt endet in einem wunderbaren und liebevollen Slam Poetry – auch dies etwas, was eher selten an einem Jodlerabend zu hören ist. Genauso wie der fetzige Sound von «Andy & the sharp knive», einer von Andy Koch extra für diesen Abend zusammengestellten Formation aus den Reihen der Musikgesellschaft, welche mit Songs wie «Route 66» oder «Tequilla» und den vielen mitreissenden Soli den Saal zum Kochen bringen. Auch der spektakuläre Auftritt des Turnvereins am Barren vermag das Publikum zu begeistern.
Gejodelt wird natürlich auch an diesem Abend. Einerseits tritt das Chinderjodelchörli auf. Die Kleinen erobern mit ihren Stimmen und ihrem Auftreten die Herzen der Zuhörer im Sturm. Und am Schluss singt bei «Min Vater isch en Appizeller» der ganze Saal mit – sehr zur Freude der Kinder. Und natürlich hat das Geburtstagkind selbst mehrere Auftritte. Der Jodlerklub «Heimelig» tritt in Gross- und Kleinformation auf, zwischendurch ist auch ein wunderbares Terzett der drei Frauen zu hören – von wegen keine Frauen im Jodelklub also. Bei der Auswahl der Lieder setzt der Verein eher auf besinnliche Melodien und setzt damit gekonnt einen Kontrapunkt zu den fetzigen und lustigen Nummern der anderen Vereine.
Jodelpartitur als Geschenk
Lob gibt es für die Villmerger auch vom Nordwestschweizer Verband. Präsidentin Monika Koch erinnert daran, dass der Jodlerklub «Heimelig» der erste Verein im Freiamt war und einer der ältesten im Kanton ist. Weiter berichtet sie, dass aus dem ursprünglichen Jodlerquartett schon bald ein Doppelquartett wurde. Allerdings war man finanziell nicht auf Rosen gebettet – weil der Jahresbeitrag nicht bezahlt werden konnte, trat man für einige Jahre aus dem Schweizer Verband aus – seit 1947 sind die Villmerger aber wieder mit dabei. Legendär sind auch die Jodlerreisen des Vereins – eine führte sogar bis in die Dominikanische Republik. Monika Koch wünscht sich, dass die Villmerger ihren Schwung und ihre Begeisterung beibehalten. Und überreicht Präsident Marcel Vock einen Gutschein für eine Jodelpartitur. Man darf also gespannt sein, was an einem nächsten Konzert zu hören ist.