«Reussputzete» förderte mal wieder Erstaunliches zutage
Einmal jährlich lädt der Bremgarter Sportfischerverein zur grossen Reussputzete. Freiwillige säubern dabei das Flussufer. Was sie dabei finden, offenbart viele menschliche Schweinereien ...
«Reussputzete» förderte mal wieder Erstaunliches zutage
Einmal jährlich lädt der Bremgarter Sportfischerverein zur grossen Reussputzete. Freiwillige säubern dabei das Flussufer. Was sie dabei finden, offenbart viele menschliche Schweinereien – aber kann auch schön und rätselhaft sein.
Marco Huwyler
Susanne Böhnlein wollte die Flasche erst bedenkenlos in ihren Müllsack stecken. Zu all dem anderen Unrat, der sich dort bereits angesammelt hatte. Doch dann stutzte sie – denn ausnahmsweise handelte es sich nicht um achtlos weggeworfenes Verpackungsgut. Denn diese PET-Flasche ist versiegelt. Und durch den verschmutzten, vergilbten Plastik lassen sich zusammengerollte Papierblätter erkennen.
Was Böhnlein hier am Reussufer vor Bremgarten gefunden hat, ist die Flaschenpost von drei Luzerner Mädchen. Angefertigt während eines Schulausfluges, enthielt sie ein Rätsel, das der Finder lösen sollte. Und so machte sich die Reussputzerin gemeinsam mit ihrem Mann zu Hause ans Knobeln und Entziffern. Das Resultat schickten die Böhnleins an die angegebene Adresse der Schule und warteten gespannt auf eine Reaktion.
Illegaler Unterschlupf in Zufikon
Es ist eine Episode aus der Reussputzete 2024. Vor wenigen Tagen fand die diesjährige Ausgabe statt. Diesmal wurden zwar keine kryptischen Botschaften gefunden, aber rätselhaft und spannend war es auch diesmal zuweilen. Besondere Aufmerksamkeit erregte etwa ein Fund im Gemeindegebiet von Zufikon, wo am Ufer des Stausees eine illegal errichtete Hütte entdeckt wurde. «Rund um die Hütte lagen diverse Abfälle – darunter Decken, elektronische Geräte und verdorbene Esswaren», erzählt Rahel Grau, die Aktuarin des Sportfischervereins. Wer dort gelebt und genächtigt hatte, weiss man nicht. Doch der Fund wurde den Behörden mitgeteilt, welche sich nun darum kümmern.
Insgesamt 300 Kilogramm Müll haben die 21 beteiligten Freiwilligen diesmal gesammelt. Unterstützt wurden die Bremgarter Sportfischer durch die Fischervereine Boswil und Wohlen. In Zweier- oder Dreierteams durchforsteten sie das Reussufer von der Kantonsgrenze beim Einfluss des Joner Baches bis zur ARA in Fischbach-Göslikon. «Inklusive Flachsee sowie verschiedene Altwasser und Weiher», wie Grau berichtet. Nach der stundenlangen Reinigungsaktion wurde der Müll in Bremgarten bei der Sammelstelle Augraben entsorgt, bevor man sich wohlverdientem Bier und feiner Mahlzeit widmete – und dabei über die interessantesten Funde weiterdiskutierte.
Seltsame Funde
Denn der gesammelte Abfall bestand zwar vor allem aus weggeworfenen PET-Flaschen, Glas, Dosen und sonstigen Verpackungen. Doch auch intakte Velos oder Kickboards, weitere grössere Metallstücke bis hin zu einem meterlangen Ofenrohr wurden am Reussufer gefunden. Und auch Makaberes: «Jemand entdeckte einen abgetrennten Biberkopf», erzählt Grau. Dieser wurde ein paar Meter abseits des Körpers des Tierchens gefunden. «Wir wissen nicht, ob eine ungewöhnliche, natürliche Todesursache oder ein anderes Ereignis dahintersteckt», sagt die Vereinsaktuarin. Ein weiteres Rätsel. Wobei dieses wohl ungelöst bleiben wird.
Gerührte Lehrerin
Mit ihrer Aktion möchten die Freiwilligen um den Bremgarter Sportfischerverein ein sichtbares Zeichen für den sorgsamen Umgang mit der Umwelt setzen. Und obwohl ihr jährlicher Einsatz zuweilen ziemlich eklig sein kann, ist er für viele Beteiligten auch liebgewordene Tradition mittlerweile. Denn die Reussputzete schweisst zusammen, sensibilisiert, erweitert den Horizont und sorgt für schöne Momente.
So auch beim Ehepaar Böhnlein. Ein paar Wochen nach ihrem Flaschenpost-Fund haben die beiden ein Schreiben einer Lehrerin erhalten. «Sie war richtig gerührt», erzählt Peter Böhnlein. «Denn die Flaschenpost war vor sechs Jahren in den Fluss geworfen worden.» Die betreffenden drei Mädchen sind mittlerweile junge Frauen und ihrer damaligen Schule längst entwachsen. Die Lehrerin will nun versuchen sie ausfindig zu machen. Und so die Böhnleins letztlich wissen zu lassen, ob sie das kindliche Rätsel denn auch richtig gelöst haben. Eines von vielen Geheimnissen, welche die Wogen der Reuss mit sich bringen, wäre so dank der Reussputzete und den engagierten Freiwilligen gelöst. Viele weitere werden wohl warten.
Weitere Informationen zur Reussputzete und dem Sportfischerverein gibt es unter www.sfv-bremgarten.ch.