Marco Huwyler, Redaktor.
Nun ist der Spuk also wieder vorbei. All die überdimensionierten Gesichter entlang der Strassen und auf Plakaten werden bald wieder verschwinden. Ohnehin täuscht das Lachen darauf über die ...
Marco Huwyler, Redaktor.
Nun ist der Spuk also wieder vorbei. All die überdimensionierten Gesichter entlang der Strassen und auf Plakaten werden bald wieder verschwinden. Ohnehin täuscht das Lachen darauf über die tatsächliche Gefühlslage von vielen der Posierenden hinweg. Ein grosser Teil der Menschen, die hier so fröhlich daherkommen, ist gerade bitter enttäuscht. Leer nach einem langen, teuren Wahlkampf, der letztlich nicht gefruchtet hat.
Es ist auch persönlich hart für sie. Manche können einen Teil der Wahrheit vielleicht hinter einer Partei verstecken, die gerade nicht en vogue ist in der entsprechenden Gemeinde. Aber auch dies funktioniert nur bedingt. Denn Kommunalwahlen sind Personenwahlen, heisst es zu Recht immer wieder. Die Niederlage ist deshalb auch eine persönliche. Für die Nichtgewählten, die sich Chancen ausrechneten, ist es ein brutaler Fakt, dass das eigene Gesicht, die eigenen Überzeugungen und das eigene Auftreten der Mehrheit nicht kompetent genug scheint – oder nicht sympathisch. Beides stelle ich mir nicht schön vor.
Und so sind Wahlen letztlich auch eine gewaltige Ressourcenvernichtung. Finanziell, materiell – und emotional. Unmengen an Zeit und Energie, die bei vielen in Ernüchterung verpuffen. Doch all die Enttäuschungen, vergebenen Argumente und gescheiterten Kraftakte waren eben nur auf den ersten Blick vergebens. Sie waren eine Investition in unsere Demokratie. Damit diese funktioniert, braucht es Reibung, Sieger – und möglichst viele Verlierer. Nur so können wir unserer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen und unsere Pflicht an der Urne tun, die Geschicke des Landes mitzubestimmen. Und falls wir es nicht tun: Nur so können wir uns nicht beklagen, keine Wahl gehabt zu haben.
Das ist viel wert. Schier unendlich viel sogar. Unsere Vorfahren haben für dieses Recht gekämpft. Andere sterben gerade irgendwo auf dieser Welt, weil sie es nicht haben. Und wieder andere sehen diese Errungenschaft in ihrem Land bedroht – wobei sie ohnehin nirgendwo so ausgeprägt ist wie bei uns. Wir können also dankbar sein. Und deshalb darf man den Plakaten in diesen Tagen getrost zurücklächeln, solange sie noch hängen. Besonders auch jenen, die sich vermeintlich vergebens bemüht haben.