«Solidarität ist kein Luxus»
06.05.2025 Wohlen, Politik1.-Mai-Feier der SP Wohlen beim Schlössli mit zwei Ansprachen
Die Sozialdemokraten aus dem ganzen Freiamt feierten den Tag der Arbeit gemeinsam beim Schlössli. Stargast war Mattea Meyer, Co-Präsidentin der SP Schweiz und Nationalrätin. Sie kritisiert ...
1.-Mai-Feier der SP Wohlen beim Schlössli mit zwei Ansprachen
Die Sozialdemokraten aus dem ganzen Freiamt feierten den Tag der Arbeit gemeinsam beim Schlössli. Stargast war Mattea Meyer, Co-Präsidentin der SP Schweiz und Nationalrätin. Sie kritisiert vor allem US-Präsident Donald Trump und den Bundesrat. Wohlens Gemeindeammann und Grossrat Arsène Perroud erinnerte an die Stärke der Solidarität.
Daniel Marti
Die Kulisse beim Schlössli sei wunderschön, meinte SP-Präsidentin Laura Pascolin. Das Wetter spielte am Tag der Arbeit auch mit. Vieles sei perfekt gewesen an den Festivitäten rund um den 1. Mai, der von den Freiämter Sozialdemokraten gegen Abend gefeiert wurde. Weit weniger perfekt präsentiert sich gegenwärtig die Weltlage. Dieser widmete sich Mattea Meyer. Die Co-Präsidentin der SP Schweiz beleuchtete vor allem das Gehabe des Präsidenten der USA und kritisierte, dass ein grosser Teil des Bundesrates Donald Trump hinterherhechelt.
Anbiederung an Trump muss aufhören
«Was ist das für eine Welt, in der ein verurteilter Sexualstraftäter zum mächtigsten Präsidenten gewählt wird? In der derjenige siegt, der lügt, spaltet und hetzt, verhöhnt, verachtet und verletzt? Was ist das für eine Welt, in der derjenige erfolgreich ist, der anderen ihre Stimme, ihre Zukunft, ihre Würde nimmt?» So stieg die Nationalrätin in ihr Referat ein. Donald Trump habe in den ersten Monaten das Recht auf Asyl ausgehebelt, nonbinären Menschen die Existenz abgesprochen, gewalttätige Capitol-Stürmer aus der Haft entlassen, Frauenrechte angegriffen, den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen gegeben, Kanada, Panama, Grönland bedroht, ethnische Säuberungen im Gazastreifen befürwortet, eine missliebige Richterin verhaften lassen, mit absurd hohen Zöllen gedroht, so Meyer. «Trump hat Angst geschürt und Hass verbreitet.» Und mit seinen Tec-Oligarchen wolle er noch mehr Macht und Milliarden für sich selbst. Dies alles habe Auswirkungen auf viele Menschen dieser Welt.
Immerhin gibt es laut der SP-Nationalrätin auch Menschen, die Trump nicht blind und unterwürfig folgen, sondern Haltung zeigen und Rückgrat beweisen. «Und es gibt den Bundesrat.» An der Schweizer Regierung liess sie kein gutes Haar: «Seit Januar lässt sie keine Gelegenheit aus, dem US-Regime die Füsse zu küssen.» Zuerst habe Bundespräsidentin Karin Keller- Sutter als einzige europäische Regierungspräsidentin eine «unerträgliche» Rede des US-Vizepräsidenten Vance gelobt. Das Aussendepartement habe zum Entsetzen «Friedenspläne» von Russland und den USA begrüsst. «Das ist komplett der falsche Weg.» Diese Anbiederung müsse endlich aufhören.
SVP mit Beifall für Unterwerfung …
Die Schweiz müsse auf Verbündete und verlässliche Werte setzen. Das sei nun mal die Europäische Union. «Weil wir im Herzen von Europa sind und weil die EU mit grossem Abstand unser wichtigster Handelspartner ist», so Meyer. Auch die SVP bekam die Kritik von Mattea Meyer zu spüren. Beifall für die Unterwerfung kriege der Bundesrat «ironischerweise von der SVP», die dann an 1.-August-Reden wieder von Wilhelm Tell, von Freiheit und Unabhängigkeit schwadronieren werde, «aber jetzt den aktuellen König der Welt gehorsamst und demütig hofiert». Auch die Haltung von SVP-Alt-Bundesrat Ueli Maurer kritisierte sie scharf, der machte bekanntlich Wahlwerbung für die AfD, die mittlerweile als rechtsextrem eingestuft wird.
Mattea Meyer warnte davor, dass «autoritäre Kräfte überall auf der Welt mit aller Brutalität Errungenschaften angreifen, die über Jahrzehnte erkämpft» worden sind. Diese Kräfte wollen demokratische Institutionen «durch unverhohlene Gewalt» ersetzen. Darum sei es umso wichtiger, dass man sich für wichtige Werte einsetzt: für die Meinungsfreiheit, für ein Leben ohne Gewalt. «Für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität»
Arsène Perroud: «Solidarität statt Hetze»
Für Solidarität setzte sich auch der zweite Redner ein. Arsène Perroud, Gemeindeammann und Grossrat, nützte den Heimauftritt, um vor allem für die kommende Abstimmung klar Stellung zu beziehen. «Solidarität statt Hetze – gemeinsam stark», so das Motto seiner Ansprache. «Wir müssen darüber sprechen, weil Hetze wieder salonfähig geworden ist und weil spalten wieder einfacher und politisch erfolgreicher scheint, als gemeinsam Lösungen zu finden», so Perroud. Es sei auch einfacher geworden, Menschen mit wenig Einkommen als «Kostenfaktor darzustellen, statt über gerechte Verteilung zu sprechen». Und wenn das Thema «Mittelstand entlasten» angesprochen werde, «dann meinen gewisse Parteien nicht die Verkäuferin mit zwei Kindern oder den geschiedenen Vater, der auf dem Bau arbeitet – sondern sehr gut verdienende Menschen mit Vermögen». Und Solidarität sei kein Luxus. «Sie ist die Grundlage eines funktionierenden Gemeinwesens.»
Am 18. Mai stimmt das Volk im Aargau über eine Steuergesetzrevision ab. Und die klingt laut Perroud so, als ob alle Familien und der Mittelstand profitieren würden. Aber so sei es eben nicht. «In der Realität profitieren fast ausschliesslich die oberen Einkommen. Die reichsten 20 Prozent erhalten 80 Prozent der Entlastung. Die unteren 70 Prozent erhalten kaum was oder gar nichts. Die Gemeinden verlieren zwar Einnahmen – aber nicht an Aufgaben.»
Die Abstimmungsbroschüre wertete er sogar als einen Skandal. Die bildet offenbar nicht alle Fakten ab. «Deshalb: Diese Revision entlastet nicht – sie gefährdet die Solidarität.» Weil die Vorlage «weniger Geld für Bildung, weniger Chancengleichheit bedeutet. Und weil weniger Ressourcen für öffentliche Dienste mehr Ungleichheit bedeutet.»
Für Arsène Perroud ist deshalb klar: «Solidarität ist der rote Faden, der alles verbindet.» Ohne sie verkomme die Steuerpolitik zur Klientelpolitik. Ohne sie werde aus Gesellschaft ein Nebeneinander von Einzelinteressen. Gemeindeammann und Grossrat Perroud nützte seine Ansprache auch, um Werbung für die Solidarität und die SP zu machen. Er tat dies mit zwei kernigen Sätzen: «Wir reden nicht schlecht über die Schwächeren, sondern reden mit ihnen. Wir halten nicht Ausschau nach Sündenböcken – sondern nach Lösungen.»
Laura Pascolin: Die Basis stärken
Nicht nur die beiden Reden sorgten für eine gehaltvolle 1.-Mai-Feier. Bei feinem Essen und hervorragender musikalischer Unterhaltung durch Melina Nora und Nicolas Ruedin sei die Verbundenheit unter den Anwesenden deutlich spürbar gewesen, so Laura Pascolin. «Die SP Wohlen blickt zufrieden auf die 1.-Mai-Feier zurück», sagte die Präsidentin der SP Wohlen. «Die Atmosphäre war von Anfang an geprägt von Wärme, Austausch und echter Solidarität.»
Die Stimmung vor dem Schlössli war ausgelassen und gelöst – ganz zur Freude von Pascolin. Allerdings beschäftigten sie die beiden Reden von Arsène Perroud und Mattea Meyer ebenfalls. «Sie erinnerten daran, dass unsere Welt vor grossen Herausforderungen steht. Umso wichtiger ist es, gerade in solchen Momenten zusammenzukommen, unsere Werte zu teilen und die Basis zu stärken – für eine solidarische, gerechte Zukunft.»