Felix Bingesser, ehemaliger Sportchef beim «Blick», Waltenschwil.
In Wohlen und in vielen anderen Gemeinden steigt am Sonntagabend weisser Rauch auf. Habemus Gemeindeammann, wird es dann heissen. Wo der weisse Rauch aufsteigt, ist ...
Felix Bingesser, ehemaliger Sportchef beim «Blick», Waltenschwil.
In Wohlen und in vielen anderen Gemeinden steigt am Sonntagabend weisser Rauch auf. Habemus Gemeindeammann, wird es dann heissen. Wo der weisse Rauch aufsteigt, ist offen. Aber klar ist: Der weisse Rauch wird aus weissen Turnschuhen aufsteigen.
Denn es ist so weit. Jeder trägt weisse Turnschuhe. Politiker, Manager, Alte, Junge, Dicke, Dünne. Die Uniformierung des Schuhwerks hat Dimensionen angenommen wie eine staatliche Verordnung in Nordkorea. Jeder ist ein Schwan so weiss wie Schnee.
Früher wurden nur in Wimbledon und bei der Sekte von Uriella weisse Schuhe getragen. Vielleicht noch im Spital. Hätte man sich vor zwanzig Jahren mit weissen Turnschuhen nach Zürich gewagt, man wäre nicht nur wegen der weissen Socken blitzartig als Aargauer entlarvt worden.
In unseren Sturm-und-Drang-Jahren hatten wir weder eine weisse Weste noch weisses Schuhwerk. Es waren massive Leder-Boots, die bald den noch massiveren Cowboystiefeln weichen mussten. Weisse Turnschühchen war allenfalls bei der LGBTQ-Community ein Thema.
Heute watschelt jede und jeder in weissen Sneakers durch die Prärie. Wie es genau zu diesem Massenphänomen gekommen ist, kann nicht mit Bestimmtheit gesagt werden. Aber wie immer spielt der Herdentrieb. Einer beginnt, die anderen laufen hinterher.
Die zuweilen einfältige Gleichschaltung der Menschheit zeigt sich ja oft in der Mode. Mal steckt man das Hemd in die Hose, mal lässt man es locker über den Hosenbund fallen. Warum? Weil es dem Trend entspricht.
Aber was genau haben die weissen Turnschuhe mit den Wahlen vom Wochenende zu tun? Einiges.
Die Mode (in China werden 10 000 000 000 Milliarden Paar weisse Turnschuhe pro Jahr produziert) zeigt exemplarisch, wie manipulierbar der Mensch ist. Man macht, was alle machen, man trägt, was alle tragen. Man wählt, was alle wählen.
Man wird kritiklos, schwimmt mit dem Strom, informiert sich oberflächlich und hinterfragt wenig. Man unterwirft sich der Mode.
So sind wir zu einer Herde weisser Schafe geworden. Eine fette Beute für die laut heulenden Wölfe dieser Welt.