Pioniergeist und Zusammenhalt
26.08.2025 Region Unterfreiamt, Sarmenstorf, VereineSpielparcours zum Jubiläum
75 Jahre ist es her, dass in Sarmenstorf 14 Personen zusammengekommen sind, um eine Damenriege zu gründen. Zu einer Zeit, in der die Schweiz das Frauenstimmrecht noch nicht kannte und das Turnen des vermeintlich schwachen Geschlechts ...
Spielparcours zum Jubiläum
75 Jahre ist es her, dass in Sarmenstorf 14 Personen zusammengekommen sind, um eine Damenriege zu gründen. Zu einer Zeit, in der die Schweiz das Frauenstimmrecht noch nicht kannte und das Turnen des vermeintlich schwachen Geschlechts noch mit Argwohn beäugt wurde. Heute ist man im Dorf stolz auf den damaligen Pioniergeist. Die Riege hat sich prächtig entwickelt, und entsprechend ausgelassen wurde das Jubiläum gefeiert. Wobei am Nachmittag beim Spielparcours Jung und Alt auf seine Kosten kam. Schliesslich ist der Verein nicht zuletzt auch für seine verbindende Wirkung bekannt. Zum Jubiläum gab es denn auch mehr Rücken- als Gegenwind. In Form einer gemeinderätlichen Grussbotschaft, aber auch von Geschenken von den männlichen Turnkollegen und von anderen örtlichen Vereinen. --tst
Die Damenriege Sarmenstorf hat ihr 75-jähriges Bestehen mit einem Spielparcours gefeiert
Ein spielerischer Gruppenwettkampf am Nachmittag und Festbetrieb am Abend: Die jubilierende Damenriege sorgte in Sarmenstorf gleich doppelt für gute Laune.
Thomas Stöckli
Es herrscht reger Betrieb im Zentrum von Sarmenstorf. In kleinen Gruppen sind sie unterwegs, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Spielparcours «Gmeinsam in Bewegig». Die Posten verteilen sich vom Sportplatz im Süden über den Dorfladen «Smaak!» im Westen, die Mehrzweckhalle im Norden bis hin zum Volg im Osten. Es gilt Geschicklichkeit, Kraft und Ausdauer unter Beweis zu stellen. Mindestens ebenso wichtig ist die Zusammenarbeit im Team.
Wachstum und Widerstände
Eingeladen hat die Damenriege. Sie feiert dieses Jahr ihr 75-jähriges Bestehen. Am 22. März 1950 fand die Gründungsversammlung im Schulhaus statt. Von den 14 Gründungsmitgliedern waren alle anwesend. Gemäss Protokoll habe der Präsident sie damals gefragt, ob sie sich einem geordneten Betrieb anschliessen wollen, was «von allen mit einem kräftigen Ja beantwortet» wurde.
Die Rede ist von einer Zeit, in der das Frauenturnen alles andere als salonfähig war. Eine Zeit, in der sich der Pfarrer gegen eine Mitwirkung aussprach und der verheiratete Leiter von Teilen der Dorfgemeinschaft argwöhnisch betrachtet wurde. Die Frauenriege hat den Widerstand überwunden und seither auch die eine oder andere weitere existenzbedrohende Krise. «Es gab Zeiten, in denen der Betrieb fast eingestellt wurde», so Präsidentin Fränzi Hallauer.
Susanne Stucki, die von 1980 bis 1990 Präsidentin war, erinnert sich an die Zeiten, als die Damenriege noch aus einer einzigen Abteilung bestand. Mit dem Bau der Mehrzweckhalle konnte eine zweite dazukommen, die «Montagsturnerinnen». Die zusätzliche Hallenkapazität ermöglichte auch der Jugend weitere Entwicklung. Der Vorstand hatte derweil noch keinen leichten Stand. Die Forderung nach selbstgewählten Revisoren fand beim Turnverein erst im zweiten Anlauf und mit Druck vom Verband Gehör. Stolz macht sie ihr Einsatz für eine eigene Fahne, welche pünktlich zum 50-Jahr-Jubiläum eingeweiht werden konnte.
In ebenso bleibender Erinnerung sind die vielen Momente von Teamgeist und Geselligkeit. Letztere betont auch Gaby Schweingruber, eine weitere ehemalige Präsidentin. Aus dem zürcherischen Dietikon zugezogen, fand sie nicht nur für die sportliche Betätigung zur Damenriege, sondern noch mehr wegen der sozialen Kontakte: «Für mich war das ein Tor, hier ein Zuhause zu finden», sagt sie.
Gemeinsame Erlebnisse
Die Zusammengehörigkeit, den Teamgeist und die Willkommenskultur über Generationengrenzen hinweg schätzt sie nach wie vor – und denkt gerne zurück an Turnshows, auf die man gemeinsam hingearbeitet hat. Und gemeinsame Riegenreisen. «Wir lachen ziemlich viel, wenn wir zusammen unterwegs sind», sagt Simone Bleiker, langjährige technische Leiterin – und untermauert die Aussage gleich mit einer Anekdote aus dem Toggenburg. Die Nebenprotagonisten waren lokale Bauern, die an den Gästen offensichtlich Freude hatten, und das Wirtepaar, das die Gruppe auf dem Nachhauseweg nach Mitternacht noch zu einem Schlummertrunk bei sich zu Hause einlud.
Bei so viel Geselligkeit muss vielleicht nochmals betont werden, dass durchaus auch Sport getrieben wird. Das macht Lynn Schweingruber, die aktuelle technische Leiterin. Sie beschreibt die erfüllenden Momente, wenn etwas nach Wochen des Trainings endlich so klappt, wie es soll. Doch auch für sie geht die Damenriege über das gemeinsame Sporterlebnis hinaus: Von einer «zweiten Familie spricht sie und von «Freundschaften fürs Leben». Das bestätigt Selina Baur, Jungturnerin und doch schon lange dabei. Nämlich seit dem Muki-Turnen.
Wertschätzung aus dem Dorf
Dass vor 75 Jahren visionäre Leute Weitblick bewiesen haben, sei für Sarmenstorf ein grosser Gewinn, würdigt Gemeinderat Magnus Döbeli die Gründergeneration der Damenriege, die heute rund 80 aktive Mitglieder und nochmals so viele Jungturnerinnen zählt. Schliesslich seien es die Vereine, die das Dorf tragen: «Ein Verein ist wie eine soziale Institution», sagt er.
Das Engagement verdient Anerkennung. «Eine neue Turnhalle kann ich nicht versprechen», so Döbeli, aber man arbeite daran – und werde es irgendwann auch schaffen. Der Gemeinderat überreichte der jubilierenden Riege symbolträchtig einen Glückskäfer-Luftballon, der Turnverein seinerseits ein gerahmtes Gruppenbild für den Fahnenkasten sowie einen Apérogutschein, der Fussballclub zeigte sich mit einem Fresskorb erkenntlich und der Verkehrs- und Verschönerungsverein mit einem Zustupf in die Riegenkasse. Das schönste Geschenk dürfte allerdings die Wertschätzung gewesen sein, die dem Verein durch die Teilnahme am Parcours entgegengebracht wurde. «23 Gruppen waren unterwegs», so Fränzi Hallauer, «insgesamt fast 100 Leute. Das ist genial», freut sie sich. Und: «Wir haben mega viele schöne Rückmeldungen erhalten.»