Nicht in Teufelskreis geraten
11.03.2025 Wohlen, EinwohnerratEinwohnerrat von gestern Montag: Finanzplan mit kritischen Worten zur Kenntnis genommen
Es war zu erwarten, dass der Einwohnerrat sich mit Besorgnis und Kritik zum aktuellen Finanzplan äussern würde. Rekordverschuldung von 157,5 Millionen Franken, riesige ...
Einwohnerrat von gestern Montag: Finanzplan mit kritischen Worten zur Kenntnis genommen
Es war zu erwarten, dass der Einwohnerrat sich mit Besorgnis und Kritik zum aktuellen Finanzplan äussern würde. Rekordverschuldung von 157,5 Millionen Franken, riesige Investitionssumme und steigende Steuern sind ja kaum gut zu verkaufen. Trotzdem gab es auch ein wenig Verständnis für Wohlens finanzielle Lage.
Daniel Marti
FGPK-Präsident Daniel Heinrich zählte vieles auf, was die Gemeinde Wohlen in den nächsten zehn Jahren zu leisten hat – und den Finanzplan 2026 bis 2035 wesentlich prägt. Strassen, die in die Jahre gekommen sind. Die Bildungsinfrastruktur, die unbedingt erweitert werden muss. «Neben dem Halde-Schulzentrum kommen die Sanierungen von Junkholz und Bünzmatt mit riesigen Schritten auf uns zu», so Heinrich. Deshalb sei ein ausgeglichener Haushalt zwingend, «zudem sind wir als Zentrumsgemeinde mehr gefordert als umliegende Gemeinden». Und als stark wachsende Gemeinde sei Wohlen erst recht unter Zugzwang.
Übergangs-Finanzplan
Trotz aller Dramatik forderte Heinrich den Einwohnerrat auf, «miteinander Lösungen zu erarbeiten». Dies ist wohl auch im Sinn von Finanzministerin Denise Strasser. Sie betonte, dass das aktuelle Dokument ein «Übergangs-Finanzplan» sei. Dies vor allem auch nach der Schulraum-Abstimmung vom vergangenen November, als zwei Projektierungskredite vom Volk abgelehnt worden sind,
Klar sei trotzdem, dass in neuen Schulraum investiert werden müsse. Diese Erkenntnis sei nicht überraschend, so Strasser. Und die Finanzministerin weiss auch, dass die Einnahmen fehlen, um alle Ausgaben zu decken. «Darum braucht es eine Steuerfusserhöhung.» Von 116 über 120 auf 124 Prozent.
Verbesserungen rücken stets weiter nach hinten
Laura Pascolin, SP, warnte davor, dass sowieso nicht alle geplanten Investitionen von 152 Millionen Franken getätigt werden. «Die Umsetzungsquote liegt bei 80 Prozent.» Aber die Schuldenlast habe natürlich negative Auswirkungen auf diversen Ebenen. Darum müsse bei der Grüngutgebühr in den nächsten Jahren ein neuerlicher Anlauf genommen werden. «Wichtig ist», so Pascolin, «dass allfällige Sparmassnahmen nicht auf dem Buckel der Schwächeren ausgetragen werden.»
Für die GLP ist die finanzielle Aussicht besorgniserregend, erklärte Philipp Stäger, «und merkliche Einsparungen sind gar nicht ersichtlich». Allfällige Verbesserung schieben sich laut Stäger auch immer weiter nach hinten. «Das Volk hat an der Urne Zeichen gesetzt, deshalb müssen alle Geschäfte künftig genauer angeschaut werden. Und es gilt immer die beste Lösung anzustreben.» Darum nehme die GLP den Finanzplan nur zähneknirschend zur Kenntnis.
«Diese Zahlen sind erschreckend»
«Die Situation verschärft sich immer weiter», kritisierte Lionel Zingg, FDP. Und den Freisinnigen wäre es lieber, wenn die Anzahl der Gewerbetreibenden steigen würde anstatt der Steuerfuss.
Claudia Hauri von der SVP setzte noch einen drauf: «Diese Zahlen sind erschreckend. Die Schulden steigen stetig. Und wo endet das?» Sie rief dem Gemeinderat in Erinnerung, dass das Volk sparen und einen tiefen Steuerfuss möchte. Aber bis ins Jahr 2031 werde die Pro-Kopf-Verschuldung auf auf über 7800 Franken stiegen. «Das ist nicht verantwortbar.» Und der Gemeinderat müsse nun endlich Prioritäten setzen, forderte sie für die Volkspartei unmissverständlich.
Leicht weniger kritisch gab sich die Mitte. Daniel Heinrich nannte die 152 Millionen an Investitionen innert zehn Jahren eine «sehr hohe Summe. Da ist es klar, dass eine Steuerfusserhöhung nötig ist.» Heinrich ist überzeugt davon, dass das Stimmvolk mit guten und günstigen Vorlagen schon zu überzeugen sei, auch bei einer Steuerfusserhöhung.
Mit Mut zu Investitionen
Seine Parteikollegin Sonja Isler-Rüttimann warnte vor einem Leistungsabbau. Denn die genaue Deklarierung wollte sie bei der Sitzung der Finanzund Geschäftsprüfungskommission erfahren. Antwort: «Keine Bibliothek, keine Kinderbetreuung, kein Geld für die Kultur, oder dann verteuerte Schulreisen für die Steuerzahler.» Das wolle man doch nicht, meinte sie. Das müsse verhindert werden.
Einen ganz anderen Ton schlug Pia Sieroka von den Grünen an. Eine Steuerfusserhöhung sei unumgänglich. Und sie befürchtet, dass Wohlen sonst in einen Teufelskreis gerät. «Der Einwohnerrat trägt auch die Verantwortung, eine Steuerfusserhöhung beim Volk beliebt zu machen.» Wenn der Kunde zufrieden sei mit dem Produkt und mit der Qualität, dann sei er auch bereit, den Preis dafür zu bezahlen. Genau so müsse bei einer Steuerfusserhöhung argumentiert werden. Wohlen müsse in seine Infrastruktur investieren, und die Politik müsse Wohlen zu einem guten Lebenswohnort machen. «Nur mit Mut zu Investitionen» könne die Gemeinde Wohlen dem Teufelskreis tatsächlich entkommen.
Rücktritt von SP-Einwohnerrat
Einer, der nicht mehr im Dorfparlament mitarbeiten wird, ist Mergim Gutaj. Der SP-Politiker verlässt den Einwohnerrat, weil er nach Zürich umzieht. Die sieben Jahre im Einwohnerrat hätten ihn geformt und geprägt. «Der Entscheid ist mir nicht leicht gefallen, denn Wohlen ist meine Heimat.» Es war ihm eine grosse Ehre, erklärte er. Und als neues Mitglied des Wahlbüros wurde Armin Ineichen (FDP) gewählt. Neues Mitglied der Einnahmekommission ist Simone Allenspach von der SP.