Neues Kapitel aufgeschlagen
26.05.2023 Villmergen, Dottikon, Region Unterfreiamt46. Mitgliederversammlung des Altersheim-Vereins Villmergen/Dintikon
In den letzten Jahren hat das Alterszentrum Obere Mühle viel in seine Infrastruktur investiert. Jetzt will man sich wieder mehr auf die Kernkompetenzen in Sachen Pflege und Betreuung konzentrieren ...
46. Mitgliederversammlung des Altersheim-Vereins Villmergen/Dintikon
In den letzten Jahren hat das Alterszentrum Obere Mühle viel in seine Infrastruktur investiert. Jetzt will man sich wieder mehr auf die Kernkompetenzen in Sachen Pflege und Betreuung konzentrieren und das Haus noch mehr zu einem Begegnungszentrum machen.
Chregi Hansen
Die Obere Mühle kann gut gerüstet in die Zukunft schauen. «Wir haben in den letzten Monaten viele Projekte abgeschlossen, jetzt präsentiert sich das Haus in einem neuen Kleid», erklärt Präsident Mike Lauper an der Versammlung, an welcher die grosse Zahl von 80Mitgliedern teilnimmt.
Der Präsident erwähnt speziell die neue Beschilderung, welche Besucher, aber auch Bewohner sicher durch das Haus und die Umgebung führt. Nach der Eröffnung des Restaurants und dem Umzug des Coiffeursalons konnten endlich auch die sanitären Anlagen erneuert werden. Zudem wurden viele Bereiche innen und aussen neu gestrichen oder sogar gesprayt. Der grosse Höhepunkt war natürlich die Eröffnung des Sinnesparks vor gut elf Monaten. Die dreitägige Einweihungsfeier lockte viele Menschen an. «Bei grosser Hitze konnten wir zeigen, was im neuen Park möglich ist», schaut Lauper auf dieses Wochenende zurück.
Viele Spenden erhalten
Das Erfreuliche: Die vielen getätigten Investitionen haben die Rechnung nur minim belastet. Rund 2,3 Millionen Franken betrugen die Kosten für alle Bauprojekte, wobei der Sinnespark mit 1,565 Millionen Franken den grössten Brocken darstellt. Dank Spenden in der Höhe 1,2 Millionen Franken sowie verschiedenen Beiträgen aus Erbschaften mussten nur 480 000 Franken aus eigenen Mitteln eingesetzt werden.
Erfreulich auch, dass der Wechsel in der Führung so problemlos über die Bühne ging. Der neue Geschäftsleiter Walter Cassina hat im September die Nachfolge von Marianne Busslinger übernommen, «und hat vom ersten Tag an volle Leistung gebracht», freut sich der Präsident. Zudem ist Brankica Dubravac seit November neue Leiterin Pflege und Betreuung. «Zusammen mit den bestehenden Kaderleuten bilden sie ein starkes Führungsteam», kann Lauper feststellen. Das sei wichtig, denn die Obere Mühle hat sich auch für die kommenden Jahre hohe Ziele gesetzt. «Weg von baulichen Projekten und wieder mehr hin zu unserem eigentlichen Zweck», wie es der Präsident formuliert.
Ganz neuer Auftritt
Unter dem neuen Geschäftsführer wurde bereits das Leitbild überarbeitet. «Wir verstehen uns als Kompetenzzentrum für personenbezogene Pflege und Betreuung. Zudem wollen wir ein Begegnungszentrum für Jung und Alt sein», macht Walter Cassina deutlich. Neben dem Leitbild wurden auch der gesamte öffentliche Auftritt überarbeitet und ein Marketingkonzept erstellt. Ein grosser Schritt war die Einführung eines medizinischen Ausschusses, in welchem neben dem Geschäftsleiter und der Pflegeleitung zwei Ärzte und ein Apotheker Einsitz nehmen. «Die Menschen kommen immer später zu uns und sind beim Eintritt gesundheitlich schlechter ‹zwäg›. Das bringt grosse Anforderungen für die ganze Institution mit sich», erklärt Cassina. Der neue Ausschuss soll sich mit wichtigen Fragen rund um die medizinische Versorgung und die Pflege beschäftigen.
Das Dorf vermehrt ins Haus holen
Stärken will der neue Leiter auch die Freiwilligenarbeit. Dabei will er nicht nur die Anzahl der Freiwilligen erhöhen, sondern auch mehr Junge zum Mitmachen motivieren – dazu wurde beispielsweise eine Kooperation mit dem Jugendrotkreuz lanciert. «Umgekehrt müssen wir uns genau überlegen, wo und wie wir die Freiwilligen einsetzen», macht Cassina deutlich. Einsatzmöglichkeiten gibt es genügend. Vom Ausliefern von Mahlzeiten über Spaziergänge mit Bewohnern bis hin zur Sterbebegleitung. Je nach Einsatzgebiet sollen die Freiwilligen für ihre Aufgabe geschult werden. «Ein solches Angebot können wir nicht allein auf bauen. Leider konnten sich andere Institutionen nicht zu einem Mitmachen entscheiden, obwohl sie die Idee gut finden», bedauert der Geschäftsleiter.
Weil viele der Bewohner nicht mehr mobil sind und nur schlecht am Gemeindeleben teilnehmen können, möchte die Obere Mühle das Dorf vermehrt ins Haus holen. Aus diesem Grund gibt es jetzt neben den bereits traditionellen Anlässen verschiedene neue Veranstaltungen. Neu eingeführt wurde auch eine Happy Hour mit den Bewohnern, in welcher diese über das aktuelle Geschehen informiert werden und sie umgekehrt ihre Wünsche und Sorgen formulieren können. Neu eingeführt wurde auch ein Bewohner-Angehörigen-Kaffee, das ebenfalls dem Austausch dient. Erstmals wird das Alterszentrum Schauplatz der offiziellen Bundesfeier sein, als Festrednerin wird Esther Egger zu Gast sein. Dazu gibt es ein Programm für Jung und Alt.
Vorstand macht in globo weiter – Wechsel bei den Delegierten
Präsident Lauper hat Freude an den vielen Aktivitäten. «Wir sind daran, ein neues Kapitel aufzuschlagen und unsere Kompetenzen noch mehr zu stärken», erklärt er. Gleichzeitig möchte der Verein seine Mitgliederzahl von derzeit 466 weiter erhöhen. Der Vorstand wurde in globo für vier Jahre gewählt und besteht weiterhin aus Präsident Mike Lauper, Vizepräsident Bernhard Wespi sowie den Mitgliedern Wolfgang Meyer, Pascal Jost, Barbara Buchacek und Stefan Studerus. Dazu kommen die Delegierten der Gemeinden. In Dottikon ist dies weiterhin Gemeinderätin Heidi Hegglin und in Dintikon Gemeinderätin Monika Cacioppo. Zu einem Wechsel kommt es in der Gemeinde Villmergen, der neue Gemeinderat Fabian Lupp wird ab 1. Juli den bisherigen Delegierten René Schmidli ersetzen.
Die Versammlung wird zudem genutzt, um auf dem sogenannten Ehregässli zwei weitere Tafeln zu setzen. Sie sollen an die Leistungen zweier Persönlichkeiten erinnern, die viel für die Obere Mühle getan haben. Geehrt werden auf diese Weise Marianne Busslinger, von 2015 bis 2022 Geschäftsleiterin, sowie Manfred Breitschmid, der im Krisenjahr 2015 interimistisch die Leitung übernahm und anschliessend während sieben Jahren als Berater und Projektleiter an der Umsetzung der neuen Strategie beteiligt war. «Sie haben viel für unser Haus getan, sie werden uns noch lange in guter Erinnerung bleiben», meint Präsident Lauper zum Schluss.
Erhöhung der Taxen nötig
Die Obere Mühle steht finanziell noch immer sehr solide da. Davon zeugen unter anderem die flüssigen Mittel in der Höhe von 3,4 Millionen Franken. Die letzte noch verbliebene Hypothek über 800 000 Franken soll zudem dieses Jahr noch abgezahlt werden.
Doch ganz so rosig präsentiert sich die Situation nicht. Durch die Corona-Pandemie ist die Auslastung gesunken. Sie liegt aktuell noch bei 94 Prozent. Hingegen hat sich die Zahl der Ein- und Austritte pro Jahr quasi verdoppelt. «Die Menschen kommen später zu uns und bleiben weniger lang», erklärt Rolf Muntwyler, der Leiter der Finanzen. Die vielen Wechsel verursachen jeweils einen grossen Aufwand. Das hat Auswirkungen auf die Einnahmen durch die Pflege- und Pensionstaxen. Lagen die im Jahr 2020 noch bei 8,4 Millionen, sind sie nun auf 7,98 Millionen gesunken.
Zu schaffen machen dem Alterszentrum auch die hohen Energiepreise, die allgemeine Teuerung und der Fachkräftemangel. Während der Betrieb des Heims für ein kleines Minus von 42 000 Franken sorgte, konnte bei der Vermietung der Alterswohnungen ein Plus verzeichnet werden. Unter dem Strich resultiert ein kleiner Gewinn von 4000 Franken. Fürs nächste Jahr sieht die Situation nicht besser aus. «Es wird immer schwieriger, gute Leute zu finden. Wir kommen nicht darum herum, die Löhne etwas anzuheben», so Muntwyler an der Versammlung. Weil auch sonst alles teurer wird, rechnet die Obere Mühle für das laufende Jahr mit Mehrkosten von rund 560 000 Franken. «Daher kommen wir nicht darum herum, die Taxen zu erhöhen, damit wir ein ausgeglichenes Budget erstellen können», so der Leiter Finanzen. --chh