Mit Vernunft in weitere Schieflage
17.10.2025 Wohlen, Einwohnerrat, FinanzenWohlen: Steuerfuss bleibt
Im Einwohnerrat wurde um das Budget 2026 und den Steuerfuss gestritten. Letztlich wurden knapp 280 000 Franken eingespart. Der Steuerfuss bleibt bei 116 Prozent. Die vom Gemeinderat beantragte Steuerfusserhöhung war chancenlos.
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Wohlen: Steuerfuss bleibt
Im Einwohnerrat wurde um das Budget 2026 und den Steuerfuss gestritten. Letztlich wurden knapp 280 000 Franken eingespart. Der Steuerfuss bleibt bei 116 Prozent. Die vom Gemeinderat beantragte Steuerfusserhöhung war chancenlos.
Budgetdebatte im Einwohnerrat: Steuerfuss-Entscheidung und Lohndiskussion
Gespart wurde bei der Budgetdebatte wenig. Die Lohnerhöhung fiel tiefer aus als vom Gemeinderat angedacht. Der Steuerfuss bleibt bei 116 Prozent. Die Gemeinde Wohlen budgetiert fürs nächste Jahr mit einem Minus von 1,154 Millionen Franken.
Daniel Marti
Eigentlich war im Vorfeld der Einwohnerratssitzung ziemlich klar, dass der Steuerfuss bei 116 Prozent verharren wird. Der Gemeinderat war, trotz Unterstützung von SP und Grünen, mit seinem Antrag von 120 Prozent chancenlos. SVP, FDP, Mitte sprachen sich mehrheitlich für die bestehende Marke von 116 Prozent aus. 27 Stimmen holte sich der bürgerliche Block, 11 Stimmen gingen an den gemeinderätlichen Vorschlag von 120 Prozent. Die 116 Prozent wurden auch als Marke der Vernunft verkauft – vor allem gegenüber dem Stimmvolk.
Noch stärker in Schieflage
Nach erfolgter Budgetdebatte mit diversen Änderungen rechnete Gemeindeammann Arsène Perroud dem Dorfparlament vor, dass die Gemeinde Wohlen im nächsten Jahr ein Defizit von 1,15 Millionen Franken einfahren werde. «Mit diesem Entscheid wird das Haushaltgleichgewicht in eine noch stärkere Schieflage geraten», so Perroud. Das Budget 2026 wurde danach mit 30 Ja- zu 8 Nein-Stimmen abgesegnet. «Das Volk toleriert nun mal einen höheren Steuerfuss nicht», fasste Peter Christen von der SVP das Geschehen zusammen.
Der Gemeinderat scheiterte mit seinem Voranschlag ziemlich deutlich. Trotz Steuerfusserhöhung von 116 auf 120 Prozent prognostizierte er ein Minus von 36 100 Franken. Viele Anträge wurden gestellt, um das Ergebnis zu verbessern. Aber nur drei wurden angenommen. Gespart wurden 10 000 Franken bei den externen Honoraren in der Verwaltung. Und 100 000 Franken wurden für ein Sicherheitskonzept gestrichen (siehe auch Ausgabe vom vergangenen Dienstag). Die grösste Diskussion löste die Lohnrunde fürs Personal aus. Der Gemeinderat beantragte übers Budget eine generelle Lohnerhöhung von 2,5 Prozent. Der Rat intervenierte – dies gleich dreifach. Die FDP fand, dass 0,5 Prozent reichen. Die SVP plädierte für 1 Prozent und die Mitte wollte noch 1,5 Prozent gewähren – genau so hat es auch der Kanton vor. Nur hat der rund eine Milliarde Franken auf der hohen Kante.
Lohn: Plus 1,5 Prozent müssen reichen
Im Vorjahresbudget gab es 0,5 Prozent Lohnerhöhung. Das sei schon zu wenig gewesen, sagte Gemeindeammann Arsène Perroud. Über die letzten Jahre betrachtet, habe das Gemeindepersonal einen Reallohnverlust von 5,2 Prozent verkraften müssen, rechnete Perroud vor. Selbst mit 2,5 Prozent könne dieser Verlust nicht korrigiert werden, so Perroud weiter. «Zudem argumentiert der Einwohnerrat immer gleich: Wohlen hat kein Geld.» Nur könne man so keine jungen Arbeitskräfte weiterentwickeln, und plötzlich sei Wohlen dann kein attraktiver Arbeitgeber mehr, warnte der Gemeindeammann. Der Rat solle doch ein Zeichen setzen für die Gemeindeangestellten, sagte der Ammann. Und wenn schon ändern, dann bitte den Vorschlag der Mitte unterstützen.
Und so kam es dann auch: Der Rat sparte mit einer Lohnerhöhung von 1,5 Prozent (anstatt 2,5 Prozent) weitere 172 000 Franken ein.
Total wurden bei der einwohnerrätlichen Sparrunde 282 000 Franken aus dem Budget gestrichen. Dafür gibt es wegen der fehlenden Steuerfusserhöhung rund 1,4 Millionen Franken weniger Einnahmen. Alle anderen Kürzungsanträge scheiterten. Ruedi Donat (Mitte) wollte, dass die Ersatzbeschaffung eines Polizeiautos gestrichen wird. Der Preis: 105 000 Franken. Das könne man nicht hinausschieben, erklärte Finanzministerin Denise Strasser. Antrag abgelehnt. Auch neue Büromöbel wollte Ruedi Donat gestrichen sehen (30 000 Franken). Erfolglos.
Auch bei der Investitionsrechnung wurde nichts verändert. Matthias Schneider (SP) wollte mehr Geld für die Realisation der behindertengerechten Buskanten. Erhöhung von 250 000 auf 400 000 Franken. Man wolle so einen besseren Spielraum schaffen, argumentierte er, «damit eine schnellere Umsetzung möglich ist». Die Sache sei verlockend, meinte Gemeindeammann Perroud, und man sei massiv in Verzug. «Aber so, wie es jetzt ist, ist eine realistische Umsetzung möglich.» Antrag abgelehnt. Wie auch das Ersuchen der SP und der Grünen, den Stellenetat für die Schulsozialarbeit um satte 200 Prozent zu erhöhen. Erst im Juni sei ein weiteres Pensum von 80 Prozent bewilligt worden, sagte Gemeinderat Roland Vogt. Der Antrag sei zwar gut gemeint, aber man solle ihn ablehnen. Er bekam dann nur 11 Stimmen.
Nicht mehr für die Kultur
Sogar ein Antrag, der eigentlich zwingend nötig ist, war chancenlos. Laura Pascolin (SP) forderte eine Erhöhung des Beitrages für die Kultur, von 40 000 auf 60 000 Franken. «Das wäre kein Luxus, Kultur schafft Begegnungen und macht unseren Wohnort menschlich», betonte sie. Und man solle doch ehrlich sein, die 40 000 Franken «reichen einfach nicht mehr». Kulturminister Roland Vogt gab zwar zu, «dass es mit den 40 000 Franken jeweils eng wird. Aber wir sind ja gut aufgestellt.» Darum: Ablehnung, der Einwohnerrat hatte kein Gehör für einen höheren Kulturbeitrag.
«Wir stehen doch zu unseren Kulturschaffenden», sagte Laura Pascolin, «zudem ist das eine Investition in unsere Identität.» Dieser Meinung waren jedoch nur neun Ratsmitglieder – der Rest lehnte die Erhöhung des Kulturbeitrages ab.
Die Fakten
Der Einwohnerrat nahm im Budget 2026 drei Kürzungen vor. Dies im Total von 282 000 Franken. Damit wurde aus einem prognostizierten Defizit von 36 100 Franken ein Ertragsüberschuss von 245 900 Franken.
Weil mit dem Steuerfuss 116 Prozent (anstatt 120 Prozent) ein Minderertrag von 1,4 Millionen Franken in Kauf genommen wurde, resultierte nun ein Aufwandüberschuss von 1,154 Millionen Franken.
Der Finanzierungsfehlbetrag verschlechterte sich damit von 12,869 Millionen (Antrag Gemeinderat) auf 13,987 Millionen Franken.