Lieber Hunde als Menschen
26.08.2025 Bremgarten, Arbeit, GewerbeSommerserie «Mein eigener Chef»: Sabrina Frick betreibt in Bremgarten den «Hundesalon Snoopy»
Vor knapp einem Jahr hat sie es gewagt und sich als 41-Jährige selbstständig gemacht. Mitten in Bremgarten arbeitet Sabrina Frick nun als ...
Sommerserie «Mein eigener Chef»: Sabrina Frick betreibt in Bremgarten den «Hundesalon Snoopy»
Vor knapp einem Jahr hat sie es gewagt und sich als 41-Jährige selbstständig gemacht. Mitten in Bremgarten arbeitet Sabrina Frick nun als Hundecoiffeuse. Bereut hat sie den Schritt nicht. Mit uns spricht sie über ihren faszinierenden neuen Beruf.
Marco Huwyler
Rocky ist schüchtern. Zumindest dem Besuch von der Zeitung gegenüber. Mit eingezogenem Schwanz sucht er das Weite, wenn der Journalist sich nähert. «Sie müssen entschuldigen. Wir haben ihn erst vor einigen Wochen aus dem Tierheim geholt. Er muss Schlimmes erlebt haben.» Genaueres weiss Sabrina Frick zwar nicht. Aber es muss mit seinem ehemaligen Herrchen zu tun haben. «Rocky hat vor allem Angst vor Männern», erzählt sie.
Schlimm, dass es solche Männer gibt, denn Rocky ist eigentlich durch und durch liebenswert. Ein kluger Husky. «Er lernt sehr schnell», sagt Frick. Und ein überaus schöner Hund mit auffallend gepflegtem Fell. Logisch. «Wenn dem nicht so wäre, könnte ich meinen Laden ja gleich wieder schliessen», lacht Frick, die Hundecoiffeuse.
Mehr als «nur» Virtuosin mit der Schere
Im vergangenen Oktober hat sie ihren Salon unweit des Bremgarter Bahnhofs eröffnet. Bald feiert sie ihr 1-Jahr-Jubiläum. Frick ist zufrieden, wie es läuft. «Ich hatte bisher rund 60 verschiedene Kundinnen und Kunden. Und die meisten kommen regelmässig.» Das heisst auch, sie sind zufrieden mit der Arbeit, welche die 42-Jährige an ihren felligen Lieblingen verrichtet. Schneiden, Scheren, Trimmen, Baden, Föhnen – oder auch einfach nur Hundesitting. All das bietet Frick in ihrem «Snoopy» an. Auf den ersten Blick tönt das zwar nicht über die Massen spektakulär, da es sich aber bei den Behandelten um Hunde und nicht um Menschen handelt, gehört dazu viel mehr als einfach nur der flinke Umgang mit Kamm und Schere.
«Es ist wichtig, dass man ein breites Wissen über Hunde und Hundearten mitbringt», sagt Frick. Denn Hund ist nicht gleich Hund. Bezüglich Felltypen gibt es grosse Unterschiede, die bei der Fellpflege und dem -styling beachtet werden müssen. «Es ist beispielsweise fatal, wenn man Hunde mit Unterwolle schert», erklärt Frick. Das Deckhaar wachse so unter Umständen nicht mehr richtig nach. Das empfindliche biologische System eines Vierbeiners werde so nachhaltig gestört. «Das kann bis hin zu schweren Erkrankungen führen.» Gleichzeitig sei es aber gerade bei Hunden mit Unterwolle äusserst wichtig, dass man den Hundecoiffeur regelmässig besuche – oder die entsprechende Fellpflege als Besitzer selbst durchführt. «Andernfalls verfilzt das Fell – und der Hund leidet.» Fehlende Hautbelüftung, Parasitenbefall und stinkendes Fell sind oft die Folge. «Darüber hinaus ist es schwierig, die Verfilzung wieder rauszukriegen», erzählt Frick, die aus Erfahrung spricht. Als Spezialistin hatte sie schon öfters mit solchen Fällen zu tun. «Die Behandlung zieht sich dann stundenlang und ist äusserst mühselig» – für Coiffeuse und Hund gleichermassen.
Über Umwege doch noch zum Traumberuf gefunden
Neben solchem Basiswissen und dem Handwerk ist es für die Bremgarterin essenzielle Voraussetzung einer Hundecoiffeuse, dass man ein natürliches Gespür und eine Grundliebe für das Tier mitbringt. «Denn Hunde sind sensible Tiere. Sie spüren, ob es jemand mit ihnen gut meint und ob man mit Freude bei der Sache ist.» Bei Frick ist derlei seit Kindesbeinen gegeben. Mit einem Pferd, einem Pony, Schweinchen, Katzen und drei Hunden ist sie aufgewachsen. Ihr Götti betrieb einen Bauernhof.
«In der Gegenwart von Tieren habe ich mich schon immer wohler gefühlt als in derjenigen von Menschen», lächelt sie. Da sie gleichzeitig immer ein Faible für Gestaltung und Styling mitbrachte, war Hundecoiffeuse früh ein Traumberuf. «Doch meine Mutter war damals dagegen, als es um die Ausbildung ging – sie meinte, so was sei doch keine berufliche Zukunft.» Also ging Frick einen anderen Weg. Dabei schnupperte sie auch als Menschencoiffeuse. «Doch das lag mir nicht. Wegen all dem Smalltalk, der dort zwangsläufig dazugehört.» Sie machte stattdessen die Ausbildung zur Kosmetikerin. Später arbeitete sie viele Jahre lang in einer Bijouterie und im Büro eines Uhrenmachers. «Doch wirklich glücklich war ich dabei nicht», erzählt Frick. Und so beschloss sie eines Tages nach einem besonders anstrengenden Bürotag, einen Neustart zu wagen. Als Hundecoiffeuse, ihrem Kindestraum. Ihrer Berufung.
Glücksfall Bremgarten nach langer Suche
Frick absolvierte eine entsprechende Ausbildung. Und rund eineinhalb Jahre lang suchte sie in der Folge nach geeigneten Räumlichkeiten. «Es musste vieles passen», erklärt sie. Ein zentraler, aber erschwinglicher Standort, der auch mit dem ÖV gut erreichbar ist. Ein einladender Raum, der genügend Platz bietet. Ein separater, abtrennbarer Raum, falls sich zwei Hunde nicht verstehen. Aussenzugang für das kleine und grosse Geschäft zwischendurch. Und nicht zuletzt die Toleranz der Nebenmieter gegenüber Hundegebell.
In Bremgarten wurde Frick schliesslich fündig. «Als Standort auch deshalb ideal, weil es hier noch keinen Hundecoiffeur gab», erklärt sie. Die 42-Jährige hatte zudem das Glück, dass sie, die vor ihrem Umzug nach Hermetschwil-Staffeln in Oberwil-Lieli wohnte, einen Teil des Kundenstamms des dort schliessenden Hundecoiffeurs erben konnte – genauso wie einen Teil der Ausrüstung. «Und so brauchte es eigentlich gar nicht so viel, dass mein Salon zu laufen begann», erzählt Frick. Bereits heute ist das Einkommen daraus ihr Haupterwerb. «Bis ich ausschliesslich davon leben kann, fehlt nicht mehr viel.» Ziel der Hundecoiffeuse ist es, dass dereinst so viel Arbeit anfällt, dass sie auch ihre Schwester hauptberuflich hier beschäftigen kann. Bereits heute hilft diese regelmässig aus – wie im Übrigen auch die Mutter der beiden.
Schwierige Fälle sensibel lösen
Frick ist optimistisch, dass ihr Salon irgendwann genügend oft frequentiert wird für das Vorhaben. «‹Snoopy› ist ja noch nicht mal ein Jahr alt», sagt sie. Und bisher ging es stetig aufwärts. Fricks Arbeit und ihr Umgang mit Hunden kommen an.
Die Hundecoiffeuse geht dabei immer ähnlich vor. Zuerst will das Vertrauen der Fellnase gewonnen sein. «Der Hund soll auf mich zukommen – nicht umgekehrt.» Dann gibts zur Bestechung erst mal ein Guetzli. «Das wirkt meistens», schmunzelt Frick.
Erst danach beginnt die Behandlung – die nicht allen Hunden gleich gut gefällt. «Es gibt jene, die das Ganze geniessen», erzählt die Bremgarterin. Dann aber auch wieder jene, die nach ihr schnappen und knurren. Für schwierige Fälle besässe die Hundecoiffeuse theoretisch einen Maulkorb. «Doch den habe ich noch nie gebraucht – eine Halskrause reicht jeweils», sagt sie. Überhaupt habe es keinen Wert, wenn der Hund sich der Behandlung komplett verweigere. «In einem solchen Fall probiere ich zuerst etwas anderes – beispielsweise wirkt manchmal ein kleiner Spaziergang Wunder.»
Es sei ein permanentes Abwägen. Auch, wenn die Behandlung erst mal gestartet ist. Dabei gilt es stets, zwischen Perfektionismus und Pragmatismus abzuwägen. «Wenn ein Hund nicht richtig stillhalten will, muss man dauernd aufpassen, dass man ihn mit der Schere nicht verletzt», erzählt sie. Deshalb ist Frick selbst nicht ganz bei jedem Kunden 100-prozentig mit dem Ergebnis zufrieden. «Doch Unfälle zu vermeiden, hat Vorrang.»
Das Glück des neuen Haarschnitts
Durchschnittlich zwei Stunden dauert eine Komplettbehandlung bei der Hundecoiffeuse. Dann darf sich der Hund an sein aufgehübschtes Selbst gewöhnen. «Das ist jeweils der schönste Moment», lächelt Frick. Denn die Hunde würden sich aufrichtig über ihr frisch gepflegtes Fell freuen. Auf das Lebensgefühl darin («gerade für verfilzte Hunde ist das eine Wohltat sondergleichen»), aber auch über den neuen Look, da ist sich die Coiffeuse sicher. «Denn ich beobachte immer wieder, wie sich die Hunde im Spiegel anschauen», bekräftigt sie. «Und dabei freudig bellen und mit dem Schwanz wedeln.» Zufall sei das kaum – schliesslich hätten sie ja auch vor der Behandlung die Gelegenheit gehabt, in den Spiegel zu schauen. «Das kommt aber viel weniger vor.»
Anschliessend haben die Vierbeiner noch die Gelegenheit, im Salon Snoopy etwas herumzutollen, bis ihre Besitzer sie wieder abholen. Und mit Rocky steht dafür ein Spielkamerad zur Verfügung, «der sich mit den meisten anderen Hunden sehr gut versteht». Das tut er im Übrigen mittlerweile auch mit dem Besuch von der Zeitung. Während des ausführlichen Gesprächs mit seinem Frauchen ist der Husky friedlich eingeschlafen – zu Füssen des Journalisten.
Die Serie
In der Sommerserie «Mein eigener Chef» porträtiert die Redaktion Menschen aus dem Freiamt, die sich selbstständig gemacht haben und sich damit einen Traum erfüllten.