Lebensräume erhalten
16.08.2025 Region Unterfreiamt, VillmergenVernissage zur Ausstellung «Ökologische Infrastruktur» auf dem Dorfplatz Villmergen
Wenn von Infrastrukturen die Rede ist, dann geht es meist um Bauten und Einrichtungen, die dem Menschen dienen. Aber auch die Natur ist auf funktionierende Infrastrukturen ...
Vernissage zur Ausstellung «Ökologische Infrastruktur» auf dem Dorfplatz Villmergen
Wenn von Infrastrukturen die Rede ist, dann geht es meist um Bauten und Einrichtungen, die dem Menschen dienen. Aber auch die Natur ist auf funktionierende Infrastrukturen angewiesen. Wie sich diese in Gemeinden wie Villmergen schaffen lassen, zeigt eine Wanderausstellung.
Chregi Hansen
Irgendwie passt es, dass der Anlass auf dem leeren und voll versiegelten Dorfplatz stattfindet, der keinerlei Grün und Schatten bietet. Die kleine Gruppe, die dem Start der Ausstellung beiwohnt, kommt daher gehörig ins Schwitzen bei den aktuellen Temperaturen. Ob es nicht eine Idee wäre, hier vielleicht Bäume zu pflanzen, wird Gemeinderat Daniel Füglistaler am Schluss der Vernissage gefragt. «Wir wollten hier tatsächlich für eine Beschattung sorgen, leider wurde das Geld nicht genehmigt», erklärte dieser.
Aber wer weiss, vielleicht laden die sechs frei stehenden Modulen des Naturama zum Umdenken ein. Bis zum 31. August macht die Wanderausstellung «Ökologische Infrastruktur» in Villmergen halt. «Es ist ein etwas komplizierter Begriff», ist sich Isabelle Glanzmann vom Naturama bewusst. «Dabei geht es einfach um den Erhalt der Vielfalt. Und dazu braucht es die verschiedenen Lebensräume und die Vernetzung untereinander.» Und zwar Lebensräume für alle – und nicht nur für den Menschen. Sie erinnert daran, dass die Natur «wichtige Dienstleistungen» erbringt für den Menschen. Darum muss der Mensch dafür besorgt sein, dass die Natur auch die nötige Infrastruktur erhält.
Jeder kann Beitrag leisten
Der Schutz und die Förderung der Biodiversität gehen alle etwas an. Mit der landesweiten Planung und dem Aufbau einer ökologischen Infrastruktur bis 2040 soll diese sichergestellt werden – so sieht es der Aktionsplan zur Biodiversitätsstrategie des Bundes vor. «Wir haben in der Schweiz eigentlich gute Voraussetzungen dafür. Trotzdem ist unsere Biodiversität bedroht, wenn wir keine Gegenmassnahmen ergreifen», führte die Projektleiterin aus. Wie solche Gegenmassnahmen aussehen können, präsentiert das Naturama anhand von sechs Modulen. Gleichzeitig wird an konkreten Beispielen aufgezeigt, dass mit wenig Mitteln schon viel erreicht werden kann. «Jeder kann einen Beitrag leisten. Firmen, Gemeinde, aber auch Private», so Glanzmann.
Ziel der Ausstellung sei es auch, die Bevölkerung zu sensibilisieren. Jedes Modul bezieht sich auf einen unterschiedlichen Lebensraum. Von den Wäldern über das Kulturland und die Fliessgewässer bis zum Siedlungsgebiet. Gemeinderat Daniel Füglistaler hofft, dass der eine oder andere Passant sich ein wenig Zeit nimmt und die Module studiert. «Wir haben auch alle Schulen informiert und hoffen, dass sie ebenfalls vorbeikommen.» Vielleicht dann, wenn es weniger heiss ist. «Gerade die jetzigen Temperaturen könnten uns bewusst machen, dass wir handeln müssen», so Füglistaler.
Wald und Kulturland als gute Beispiele
Gleichzeitig betonte er, dass die Gemeinde Villmergen in vielen Bereichen schon aktiv ist. So etwa im Wald – im Rietenberger Forstgebiet wurden rund 50 Hektaren Totholzinseln ausgeschieden. Das sind Flächen, die nicht mehr wirtschaftlich genutzt werden, sich quasi selbst überlassen sind und so zu Lebensräumen ganz vieler Tiere und Pflanzen werden. Aber gerade an diesem Beispiel zeigt sich, wie manchmal unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen. «Es gibt einige, die sich bei mir über die scheinbare Unordnung im Wald beschweren. Der Forst muss auf Einkommen verzichten. Auch für die Jagd sind solche Abschnitte eine Erschwernis», weiss der Gemeinderat aus eigener Erfahrung. Darum sei der gegenseitige Austausch wichtig. Dass diese Totholzinseln unterschiedliche Reaktionen auslösen, wird auch an der Vernissage deutlich. Während André Keusch als Präsident des Natur- und Vogelschutzvereins ins Schwärmen kommt, kann Willy Brunner als Waldbesitzer dem Projekt nichts abgewinnen. «Wir wurden damit einfach überfahren», kritisierte er.
Ein Umdenken findet auch im Kulturland statt. Landwirte werden heute dafür honoriert, dass sie Massnahmen zur Förderung der Biodiversität ergreifen. Damit sollen die ausgeräumten Landschaften von einst verhindert werden. «Denn Tiere brauchen eine Möglichkeit, um sich zu verstecken», erläuterte Glanzmann. Auch hier will Villmergen mit gutem Beispiel vorangehen. Auf Antrag der «Gmeind» wird derzeit das Pachtreglement für das eigene Land überarbeitet. Darin sollen den Pächtern gewisse Auflagen gemacht werden. «Wir haben jetzt einen ersten Entwurf und werden diesen nun mit den Landwirten besprechen. Uns ist es wichtig, dass wir sie einbeziehen. Schliesslich sehen sich die meisten Bauern primär als Produzenten», machte Füglistaler deutlich.
Massnahmen zur Förderung der Biodiversität sind auch im Siedlungsraum möglich. «Dieser Bereich wird meist unterschätzt. Dabei befindet sich hier der Lebensraum von ganz vielen Pflanzen und Tieren», erklärte die Vertreterin des Naturama. Dass es manchmal nur wenig braucht für eine Verbesserung, zeigt das Projekt «Asphaltknacker» des Naturama, von dem Villmergen ebenfalls profitiert hat. Direkt neben dem Dorfplatz wurde eine bisher versiegelte Fläche aufgerissen, die Fläche soll jetzt begrünt werden. Das bringt viele Vorteile für die Menschen und die Biodiversität. Und vor allem sinkt die Temperatur des Bodens, wie Glanzmann mit ihrem Messgerät bewies.
Thema an der Klausur
Im Rahmen der Ausstellung lädt das Naturama am Donnerstag, 21. August, zu einem Klimaspaziergang. Hierfür ist eine Anmeldung nötig. Ebenfalls um den Erhalt der Biodiversität geht es beim Arbeitseinsatz gegen Neophyten, der am Samstag von 8 bis 14 Uhr stattfindet. «In Villmergen machen wir schon einiges. Es gibt zudem einige Vereine und Organisationen, die sehr aktiv sind», kann Gemeinderat Daniel Füglistaler stolz vermelden. Was aber fehle, sei das Gesamtbild, welches aufzeigt, was alles in diesem Bereich schon geleistet wird und was noch fehlt. Genau dies werde eines der Themen der kommenden Klausurtagung, konnte Füglistaler vermelden. Man darf gespannt sein, welche weitere Aktionen sich daraus ergeben.