«Jeder Todesfall ist einer zu viel»
28.10.2025 Wohlen, Verkehr, Jugend, PolitikDrei Anliegen an den Gemeinderat
19. Jugendsession im Casino
Im Vorjahr waren es fünf Anliegen, die von der Jugendsession erarbeitet und dem Gemeinderat übergeben wurden. Nun konzentrierten sich die Jugendlichen auf drei Anliegen. Sie ...
Drei Anliegen an den Gemeinderat
19. Jugendsession im Casino
Im Vorjahr waren es fünf Anliegen, die von der Jugendsession erarbeitet und dem Gemeinderat übergeben wurden. Nun konzentrierten sich die Jugendlichen auf drei Anliegen. Sie möchten Snackautomaten in den Schulen sowie Rückzugs- und Aufenthaltsräume. Zudem wollen die Wohler Jugendlichen, dass ihnen die Politik einfacher erklärt wird. --dm
Jugendsession: Referat einer Spezialistin von RoadCross, dem Kompetenzzentrum für Verkehrssicherheit
Er war informativ und lehrreich. Der Vortrag von Leslie Holenstein von RoadCross sollte die jungen Menschen sensibilisieren. In einem Punkt ist ihr dies hoffentlich gelungen: Die Ablenkung durch das Handy kann im Strassenverkehr schwerwiegende Folgen haben.
Daniel Marti
«Unfälle sind meist keine Zufälle», sagt Leslie Holenstein, die Fachspezialistin für Prävention bei der Stiftung RoadCross Schweiz. Sie rüttelte mit ihrem Referat zur Verkehrssicherheit die jungen Menschen an der Jugendsession auf. Sie informierte, stellte Vergleiche an, zeigte Statistiken und sie fragte kritisch. Wer denn lieber einen Unfall als ein geiles Leben wolle, fragte sie beispielsweise. Die Antwort liegt auf der Hand. Und so wollte sie von den Jugendlichen wie auch von den erwachsenen Politikerinnen und Politikern wissen, ob denn 250 Tote im Jahr viel oder wenig seien. Ihre Antwort ist logisch: «Jeder Todesfall ist einer zu viel.» Im Jahr 2024 wurden in der Schweiz 34 590 Verkehrsunfälle gezählt. Dabei gab es 4000 Schwerverletzte und 250 Tote zu beklagen. Wer nach einem Unfall 72 Stunden und mehr in einem Spital verbringen muss, gilt statistisch gesehen als schwer verletzt.
Ablenkung durchs Handy verursacht viele Unfälle
Und hier setzt RoadCross ein. Die Stiftung will korrektes Verhalten fördern, für Risiken sensibilisieren, nach Unfällen helfen. Die Stiftung RoadCross Schweiz ist das Kompetenzzentrum für Verkehrssicherheit. Sie setzt sich auch für eine sichere Mobilität ein – also gerade richtig für viele Infos an der Jugendsession. Kommt hinzu, dass an der Jugendsession schon sehr oft gefordert wurde, man möge doch das Alter für die Autofahrprüfung auf 16 Jahre runtersetzen. Ein Anliegen, das natürlich nicht zum Kompetenzbereich einer Jugendsession zählt. Die vielen wertvollen Informationen von RoadCross sind bei den Jungen am richtigen Ort.
Und welches sind die häufigsten Ursachen, die zu einem Unfall im Verkehrsbereich führen, wollte Leslie Holenstein wissen. Die Ablenkung durch das Handy steht da ganz oben auf der Liste. «Dies ist einer der häufigsten Gründe, die vor allem bei Jugendlichen zu Unfällen führen», so Holenstein. Alkohol, Drogen und zu hohes Tempo sind die weiteren Gründe. Holenstein ging mit ihrem Referat natürlich auf Augenhöhe der Oberstufenschülerinnen und -schüler. Wer denn schon zu zweit oder zu dritt auf einem E-Scooter unterwegs war, wollte sie wissen. Fast alle. Und dass man ein E-Trottinett erst ab 14 Jahren fahren darf, wussten längst nicht alle.
Risiko und Gruppendruck
Eine weitere Statistik zeigt, dass junge Menschen recht oft in Verkehrsunfälle verwickelt sind. In den Jahren 2020 bis 2024 war es die Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen über 3500 Mal. Am meisten war dies mit dem Auto der Fall (1520), gefolgt vom Motorrad (1325), vom Fahrrad (325), am wenigsten Unfälle gab es hier mit jungen Fussgängern (267).
Und welches ist das sicherste Verkehrsmittel? Die Bahn. Irgendwie logisch. Laut Holenstein ist die Bahn 166-mal sicherer als das Auto, 2088mal sicherer als das Fahrrad und 4806-mal sicherer als das Motorrad. Und genau das ist bei den Jugendlichen am höchsten im Kurs. Weil das Motorrad halt Freiheit bedeutet und die jungen Menschen bereits mit 16 die Prüfung für eine 125-ccm-Maschine erlangen können – notabene für ein Verkehrsmittel, das über 100 km/h schnell ist.
Leslie Holenstein widmete sich zuletzt den Gefahren, die sich mit dem Verhalten der Lenker beeinflussen lassen. «Risikofreudiges Verhalten führt dazu, dass man spontane Entscheidungen fällt», warnte sie. Und diese Entscheidungen können dann auch leichtsinnig sein. Gruppendruck habe ebenso Einfluss aufs Verhalten, meistens einen negativen Einfluss. Die Fragen «Wer ist besser oder wer ist mutiger?» sind laut Holenstein meistens nicht förderlich.
Hände weg von Alkohol
Und der Alkohol ist nun mal ein schlechter Begleiter im Strassenverkehr. Nur schon ein erstes Bier, ein erster Wodka reicht, damit Einschätzungen schwierig werden können. «Das kann Einfluss haben aufs Fahrverhalten.» Bei Jugendlichen liegt die Promillegrenze bei 0,01. Mehr ist nicht gestattet, wenn man beispielsweise mit Lernfahrausweis unterwegs ist. Bei Erwachsenen liegt die Grenze bei 0,5 Promille. Bei dieser Menge gibt es bereits eine Busse, nur bis 0,499 Promille kommt man ohne Busse weg.
Mehr als ein Glas Wein oder ein Bierchen mag es halt nicht leiden. Denn die Gefahren lauern recht schnell. Bereits ab 0,2 Promille können sich Konzentrationsvermögen und Bewegungskoordination verschlechtern, ab 0,5 Promille werden die Reaktionen immer langsamer, dafür steigt die Risikobereitschaft. Darum: Wer sich im Strassenverkehr bewegt, Hände weg vom Alkohol. Das gilt selbstverständlich für Erwachsene und Jugendliche.
«Die Jungen sind gute Vorbilder»
19. Jugendsession im Casino mit drei Anliegen, die an den Gemeinderat gerichtet sind
Die Wohler Jugend hat ihr Interesse an der Politik gleich doppelt vorgelebt. Erstens mit einer konstruktiven Teilnahme an der Jugendsession. Und zweitens fordert sie, dass die Politik künftig einfacher erklärt wird. Snackautomaten sowie bessere Rückzugsräume an den Schulen sind zwei weitere Anliegen.
Daniel Marti
Die Wohler Jugend hat viele Wünsche. Und wunschlos glücklich ist man natürlich nie. Vor einem Jahr wurde der grosse Wunsch nach einem Kino formuliert – die Gemeinde kann bei diesem Anliegen allerdings nicht viel bewirken, dafür geht es auf privater Basis beim ehemaligen Kino Rex mit dem Umbau kräftig voran. Immerhin konnte ein Filmabend organisiert werden. Ein Teilerfolg. Aber ein Zeichen setzen die Jugendlichen an der Jugendsession ja immer wieder.
Dies auch bei der 19. Austragung der Jugendsession. Drei Anliegen haben die Oberstufenschülerinnen und -schüler an einem Workshop ausgearbeitet. Viele Wünsche wurden geäussert und diskutiert, bis sich letztlich drei Anliegen ergeben haben (siehe auch Artikel unten). Snackautomaten an den Schulen und vermehrte Rückzugs- und Aufenthaltsorte in den Schulzentren wünschen sich die Jugendlichen. Und das dritte Anliegen zeigt, dass es ihnen ernst ist mit der Politik: Politik soll künftig einfacher erklärt werden. Dies würde den jungen Menschen den Einstieg in die Politik erleichtern.
14 aktive Politvertreter waren dabei
Mit der Teilnahme an der Jugendsession haben 37 junge Menschen diesen Schritt hin zur Politik gewagt und auch vollzogen. Die Teilnehmerzahl war zwar geringer als in den Vorjahren. «Dafür waren die Jugendlichen sehr interessiert», sagte Projektleiterin Sana Wazir. Für sie war es in dieser Funktion eine Premiere. Zusammen mit dem Jugendrat und der Offenen Jugendarbeit war die Organisation eine Teamarbeit. Sana Wazir war jedenfalls zufrieden: «Für eine Premiere war es doch recht gut.» Stimmt.
Und die Jugendsession ist bei den Erwachsenen auf grosses Interesse gestossen. Elf Einwohnerratsmitglieder, von links bis rechts, beteiligten sich an der Session. Ebenfalls die Gemeinderatsmitglieder Arsène Perroud, Thomas Burkard und Roland Vogt brachten sich ein. Die neue Gemeinderätin Claudia Hauri trat noch als Einwohnerrätin in Erscheinung.
Die 14 Politikerinnen und Politiker brachten sich jedenfalls aktiv ein – vor allem beim «Speed Debating». Mit Franziska Walti (Präsidium Schulleitungskonferenz) und Bez-Schulleiter Paul Bitschnau diskutierten auch zwei Schulverantwortliche interessiert mit. Dabei wurden an den Tischen diverse Themen angeschnitten: Cannabis-Legalisierung, Mitspracherecht der Männer beim Schwangerschaftsabbruch oder ein allfälliger Lohn für die Lehrerausbildung. Bei diesen Themen sprachen die Erwachsenen auch Leitplanken an – und vor allem erklärten sie, was wie überhaupt machbar ist. Es gab an den Tischen jedenfalls bereichernde und konstruktive Diskussionen.
Der Gemeindeammann war mehrfach beeindruckt
Die Vielfalt war auch bei den Anliegen ersichtlich. Der Jugendrat sei politisch neutral, bei den fünf gewählten Themen leistete er nur Unterstützung, so Sana Wazir. Schule, politische Teilnahme, die Infrastruktur in Wohlen wurden jedenfalls mit Interesse diskutiert. Und ein Blick in die festgehaltenen Inputs verdeutlicht auch, dass den Jugendlichen Wohlen wichtig ist.
Das zeigen die gesammelten Vorschläge, wie denn die Infrastruktur verbessert werden könnte: Grünes Wohlen, mehr Beleuchtung, mehr Sitzbänke, gute Lernorte, zeitgemässe Bibliothek, Spielhalle für Events, Trinkbrunnen im Zentrum, mehr Parkplätze für Velos und Trottinetts. Das macht so ziemlich alles Sinn. Bei der Infrastruktur-Frage setzte sich jedoch konkret eine Verbesserung der Rückzugs- und Aufenthaltsräume an den Schulen durch.
Bei der Übergabe der Anliegen zeigte sich Gemeindeammann Arsène Perroud jedenfalls begeistert darüber, wie die 19. Jugendsession abgehalten wurde. «Es war beeindruckend, wie verschiedene Themen angegangen wurden.» Die gewählten Themen waren laut Perroud schwieriger zu beleuchten als auch schon. «Es wurde anständig diskutiert» und sämtliche Argumente seien jeweils aufgenommen worden. Es habe ihn sehr gefreut, die Jugendsession zu begleiten, so Perroud.
Positive Aspekte – auch für die Erwachsenen
Diskussionen und Polit-Stil waren laut Gemeindeammann vorbildlich: «Die Vorbilder sind in der Regel immer die Erwachsenen. Aber oft können sich die Erwachsenen die Jungen als gute Vorbilder nehmen.» Bei der Einordnung der Jugendsession traf dies vollends zu. Und Perroud wünschte sich, dass «viele positive Aspekte der Jugendsession auch von den Erwachsenen vorgelebt werden». Auch von den drei Anliegen war er angetan. Der Gemeinderat werde versuchen, dass die Anliegen so gut wie möglich umgesetzt werden können, versprach der Gemeindeammann noch.
Politik besser verstehen
Die drei Anliegen der Jugendsession
Drei Anliegen wurden an Gemeindeammann Arsène Perroud am Ende der Jugendsession übergeben. Die Anliegen wurden ausführlich begründet. Nun können Jugendrat und Gemeinderat gemeinsam festhalten, welche Anliegen überhaupt realisierbar sind. Die drei Anliegen haben durchaus Chancen, dass sie umgesetzt werden können.
1. Snackautomat an Schulen (bevorzugt mit Twint-Zahlung)
Die Jugendlichen aus Wohlen wünschen sich, dass an den Schulstandorten Snackautomaten aufgestellt werden, die eine einfache Bezahlung, insbesondere mit Twint, ermöglichen. Dies würde eine flexible und moderne Verpflegungsmöglichkeit während der Pausen bieten, besonders dort, wo kein Pausenkiosk vorhanden oder die Auswahl begrenzt ist. Ein solches Angebot würde den Schülerinnen und Schülern helfen, sich besser zu verpflegen. Zudem würde es den Schulalltag etwas angenehmer gestalten.
2. Rückzugs- und Aufenthaltsraum an Schulen
Viele Schülerinnen und Schüler äussern den Wunsch nach einem gemütlichen Rückzugsort innerhalb der Schule, der der gesamten Schülerschaft zur Verfügung steht. Dieser Raum soll als Ort dienen, an dem man sich während der Pausen oder Freistunden erholen, sich austauschen und gemeinsam Zeit verbringen kann. Dieser Raum würde eine sinnvolle und angenehme Möglichkeit bieten, Pausen zu verbringen, insbesondere in der kalten Jahreszeit oder bei schlechtem Wetter. Durch die gemeinsame Nutzung kann der respektvolle Umgang miteinander gestärkt werden, was das Schulumfeld insgesamt beleben würde.
3. Politik einfach erklärt
Die Wohler Jugend hat den Wunsch, Politik besser zu verstehen, auf eine Weise, die verständlich, praxisnah und jugendgerecht ist. Ziel ist es, politische Themen so zu vermitteln, dass junge Menschen einen Bezug zur eigenen Lebenswelt herstellen und ihre eigene Meinung entwickeln können. Durch Workshops, leicht zugängliche Informationsangebote oder Kooperationen mit Organisationen wie easyvote könnte politisches Wissen auf anschauliche Weise vermittelt werden. Dies würde das politische Interesse junger Menschen fördern und langfristig zu einer aktiveren Mitgestaltung des Gemeindelebens beitragen. --red






