Ganz viel Geld und Herzblut
19.09.2025 Parteien, Politik, Wahlen, WohlenStrapazierte Budgets
Der Wahlkampf und seine Plakate
Heute kann man es sich fast nicht mehr vorstellen: Vor der Jahrtausendwende gab es rund um den Gemeinderatswahlkampf kaum Wahlplakate. Nun zieren sie die Strassenränder in grossem Umfang. Das ...
Strapazierte Budgets
Der Wahlkampf und seine Plakate
Heute kann man es sich fast nicht mehr vorstellen: Vor der Jahrtausendwende gab es rund um den Gemeinderatswahlkampf kaum Wahlplakate. Nun zieren sie die Strassenränder in grossem Umfang. Das strapaziert das Wahlkampfbudget der neun Kandidierenden. Nur: Wie viel Geld geben die zwei bisherigen und sieben neuen Kandidierenden überhaupt aus? Alle neun Personen wurden befragt. Und alle gaben Auskunft, wollen für das Wahlvolk transparent sein. Das grösste Budget weist Gemeindeammann Arsène Perroud auf (14 000 Franken), am wenigsten hat Claudia Hauri budgetiert (1000 Franken). Sie setzt dagegen ihr Herzblut ein. --dm
Gemeinderatswahlkampf: Viele Plakate führen zur Frage: Wie gross sind die Wahlkampfbudgets?
Der Wahlkampf um die fünf Sitze im Gemeinderat ist relativ heftig. Die Diskussion um einen möglichen Wechsel, drei frei werdende Sitze und ganz viele Plakate sind dominant. Die neun Kandidierenden sind präsent wie selten zuvor. Das kostet. Wie viel Geld investieren die neun Personen? Alle stehen für Transparenz ein.
Daniel Marti
Vor 30 Jahren gab es bei den Gemeinderatswahlen praktisch keine Plakate. Im Wahljahr 1997 war fast keines im ganzen Dorf zu sehen. Erst nach der Jahrtausendwende hielten auch im Gemeinderatswahlkampf Plakate so richtig Einzug. Nun zieren etliche davon die Strassenränder. Die ersten Exponenten sprechen bereits von Plakatwald. Das kostet. Darum sei die Frage erlaubt: Wie hoch ist das Budget für den Wahlkampf der neun Kandidierenden? Und das Überraschende dabei: Alle neun geben ziemlich transparent Auskunft. Die Ausgaben liegen bei den Kandidierenden – gemäss eigener Deklaration – zwischen 1000 und 14 000 Franken.
Über die Originalität der Plakate darf man sich natürlich streiten. Wichtig ist ja die Aufmerksamkeit, die zweifellos erzielt wird. Das «James-Bond-Plakat» vom Grossratswahlkampf ist ja noch in bester Erinnerung. Ähnlich hat auch Manfred Breitschmid reagiert und kurzer Hand noch ein originelles Plakat aus dem Hut zauberte. «Der Unverwüstliche» lautet seine treffende Botschaft.
Breitschmid setzt auf Glaubwürdigkeit
Grundsätzlich sei er der Meinung, «dass Wahlkampf nicht mit übertriebenen Summen geführt werden soll. Wichtiger als ein grosses Budget sind Glaubwürdigkeit, Leistung, Nähe zu den Leuten und gute Argumente», so Manfred Breitschmid (SVP). Sein persönliches Budget liegt bei rund 7000 Franken. «Es fliesst in Plakate, Flyer, ein kleines Give-away, drei kleine Inserate und einen Beitrag in die Parteikasse.»
Er sei dabei bewusst zurückhaltend umgegangen mit der Anzahl Plakate, «denn ich wollte nicht alle zwei Meter meinen Kopf präsentieren». Er ist zudem überzeugt davon, «dass am Schluss nicht die Finanzen, sondern Vertrauen und Überzeugungskraft entscheiden.»
Vogt freut sich auch über Ehrenamtliches
Vor 30 Jahren sei eben nicht alles schlecht gewesen, zumindest nicht beim Thema Wahlplakate, findet Roland Vogt (SVP). «Selber bin ich froh, wenn die Plakate wieder abgenommen werden», gibt der Gemeindeammann-Kandidat zu.
Zurück zur eigentlichen Frage nach den Kosten. «Mein Budget für den Wahlkampf liegt bei einem höheren vierstelligen Betrag. Dazu gehören Plakate, Flyer, Inserate, Fotograf, Grafiker und andere kleinere Dienstleistungen, die halt auch dazugehören.» Vieles werde im Wahlkampf «auch ehrenamtlich erledigt, was nicht zu unterschätzen ist und immer wieder grosse Freude bereitet», so Roland Vogt.
Hauri mit Herzblut
Kurz und deutlich bringt Claudia Hauri ihren Wahlkampfeinsatz auf den Punkt: «Mein grösstes Investment in diesen Wahlkampf ist mein Herzblut und mein Engagement», sagt die SVP-Kandidatin. Ihr persönliches Budget für den Wahlkampf werde sich in etwa auf 1000 Franken belaufen. «Es wird sich zusammensetzen aus einem Beitrag an meine Wahlplakate, mein persönliches Schreiben an die Haushalte von Wohlen und die Gummibärchen.»
Für Geissmann wäre kürzer besser
Ohne Umschweife rechnet Thomas Geissmann (FDP) vor: «Mein Wahlkampf-Budget beträgt gesamthaft 3500 Franken, was sich wie folgt aufteilt: Plakate 2200 Franken, Online-Medien 1000 Franken, Website 200 Franken, Flyer zum Verteilen 100 Franken.» Geissmann schaut jedoch kritisch auf die Plakataktionen. «Das Wildplakatieren hat aus meiner Sicht Überhand genommen und es kam zu einem eigentlichen Wettrüsten, wer die meisten Plakate insbesondere an den Kandelabern aufstellt.» Zudem sei der Wahlkampf mit acht Wochen «deutlich zu lang und könnte ohne Weiteres auf sechs Wochen reduziert werden.»
Isler-Rüttimann knapp fünfstelliges Budget
Sie habe sich für ihren Wahlkampf kein eigentliches Budget gemacht, gibt dagegen Sonja Isler-Rüttimann (Mitte) zu. «Ich weiss einfach, wo meine finanziellen Grenzen sind.» Sie bekomme darüber hinaus enorme Unterstützung von der Mitte Aargau und von der Co-Präsidentin der Mitte Wohlen, Stefanie Dietrich-Meyer. «Bis jetzt haben sie meine Flyer, Plakate, Kleber, Testimonials und Posts erstellt und sie gefallen mir sehr gut.»
Wenn Isler-Rüttimann zusammenzählt, dann kommt sie über die 10 000-Franken-Grenze. Sie gibt detailliert Auskunft: Die Druckkosten belaufen sich auf 2500 Franken, die Inseratekosten im «WA» betragen rund 6000 Franken, die Strassenaktion schlägt mit 350 Franken zu Buche, der Versand meiner Flyer in alle Haushaltungen kostet rund 1800 Franken, das Fotoshooting 200 Franken. Dazu kommt dann noch der Wahlapéro und die eine oder andere Ausgabe in der nächsten Woche. «Mein Fazit: So ein Wahlkampf ist nicht ganz günstig, auch wenn ich versuche, mich in einem vernünftigen Rahmen zu bewegen und auf viel Goodwill und Eigenleistung zählen darf.»
Parvex setzt auf Unterstützung
Er pflege generell transparent zu politisieren, sagt Olivier Parvex (Grünliberale). Deshalb könne er sein Wahlkampfbudget gut offenlegen. «Das Gesamtbudget für die Gemeinderatswahlen beträgt 6500 Franken.» Sein Budget teilt sich wie folgt auf: Werbematerial wie Plakate, Flyer, Wahlkampfbänkli 4500 Franken; Giveaways (Zündhölzer «Feuer und Flamme für Wohlen») 1400 Franken; Porto 500 Franken; Kleinmaterial 100 Franken. Nicht eingerechnet sei die gesamte gestalterische Arbeit seines Grafikers. «Diese wird von einem Freund kostenlos erledigt, was sehr grosszügig ist. Denn allein der Gestaltungsaufwand kostet bei einer Agentur mehrere hundert Franken.» Dazu kommen viele freiwillige Helfer, «die beim Plakatieren geholfen haben». Alle Social-Media-Aktivitäten und seine Website realisiert er selbst.
Parvex kann auf Beiträge von der Ortspartei und von der Bezirkspartei der GLP zählen. Bei einer Ausgangslage mit vielen Kandidatinnen und Kandidaten sei Wahlwerbung wichtig, «um auf die eigenen politischen Schwerpunkte aufmerksam zu machen», so Parvex.
Schmid will ein nachhaltiges Budget
Das Budget von Patrick Schmid (Grüne) beläuft sich auf einen mittleren vierstelligen Bereich. «Für eine grosse Gemeinde wie Wohlen ist das üblich. Ich bezahle alle Aufwände aus meinem Sack und habe keine Sponsoreninteressen, die ich vertreten muss», so Schmid. Die Ortspartei der Grünen steuert als Unterstützung einen kleinen Teil (rund 10 Prozent) zum Budget bei. Er habe in seinem Wahlkampf darauf geachtet, «dass wir das Budget möglichst nachhaltig einsetzen und möglichst wenig Abfall produzieren. Einerseits haben wir stark auf einen digitalen Auftritt gesetzt und weniger Plakate gedruckt und aufgestellt als andere Parteien», betont Schmid. «Andererseits haben wir unsere digitalen Auftritte so gestaltet, dass ich sie auch nach dem Wahlkampf für meine Tätigkeiten nutzen können.»
Perroud will Inhalte sichtbar machen
«Wahlkämpfe kosten Geld», sagt Arsène Perroud (SP). Der Wahlkampf des amtierenden Gemeindeammanns «beläuft sich auf 14 000 Franken». Das ist der Spitzenwert aller neun Kandidierenden. Perroud legt alles offen. Rund die Hälfte fliesst in Inserate, ein Viertel in Plakate (Wildplakatierung und APG) und ein Viertel in den Wahlflyer und die Website. «Ausgegeben wird der grösste Teil bei lokalen Unternehmen», erklärt er. Finanziert werde sein Wahlkampf zu einem Drittel durch Kleinspenden, «den Rest trage ich mit eigenen Beiträgen und mit Unterstützung der Partei. Zudem erhalte ich viel Unterstützung für diverse Arbeiten aus meinem Umfeld.»
Entscheidend sei für ihn, «dass die Inhalte sichtbar werden: Wohlen soll beim Schulraum Schritt halten, bei der Mobilität vorwärtskommen, die Wirtschaft stärken und Kultur wie Sport fördern.» Dabei könne er auf langjährige Erfahrung und einen Leistungsausweis in Gemeinde, Kanton und Region zurückgreifen, so Perroud, «ein Fundament, das hilft, wichtige Projekte mit Ausdauer und Verlässlichkeit weiterzubringen. Genau darum lohnt sich der Wahlkampf: damit klar wird, wofür ich stehe und welche Zukunft ich für Wohlen gestalten will.»
Pascolin setzt auf Ausbildung
Bei Laura Pascolin (SP) sieht es ziemlich anders aus im Vergleich zu Parteikollege Perroud. Also viel günstiger. «Für meinen Wahlkampf habe ich insgesamt 1700 Franken investiert», so Pascolin. 730 Franken für Plakate, 900 Franken für die Standorte der APG-Plakate und etwa 70 Franken für Social-Media-Werbung. «Die Plakate habe ich bei einem lokalen Drucker, der Kasimir Meyer AG, bestellt, um das Gewerbe vor Ort zu unterstützen», erklärt sie.
Die SP-Präsidentin und Einwohnerrätin verweist dagegen noch so gerne auf ihre Ausbildung. Dies sei ihr viel wichtiger. Rund 36 000 Franken hat sie in ihr MAS-Studium in Public Management gesteckt, «um das nötige Wissen mitzubringen, damit ich im Gemeinderat wirklich etwas bewegen kann. Ich habe bewusst keine Spendenaufrufe gemacht, weil ich unabhängig bleiben und Entscheidungen frei von finanziellen Interessen treffen möchte.» Eine Investition in die Ausbildung, damit ein Gemeinderatsjob gut und kompetent ausgeführt werden kann, ist eigentlich die nachhaltigste Variante eines Wahlkampfbudgets.
Mit allen Parteien besprechen
Es ginge wohl auch mit weniger Plakaten
Die Mitte und ihre Kandidatin Sonja Isler-Rüttimann stellten sich bei den Plakaten, die einen immer grösseren Platz einnehmen, die grundsätzliche Frage. Man habe diesen «Plakatwald» auch schon intern, «aber auch mit anderen Kandidierenden diskutiert», sagt Sonja Isler-Rüttimann. Bei der Wirkung «gehen die Meinungen auseinander – aber fast alle finden, es sind zu viele». Die Mitte-Kandidatin würde es gut finden, «wenn man sich im Dorf untereinander einigen könnte, weniger Plakate aufzuhängen».
Aber Sonja Isler-Rüttimann weiss natürlich auch, dass dies nicht so einfach ist und dass sich eben auch alle daran halten müssten. Sonja Isler-Rüttimann weiter: «Wir werden das ohnehin aufnehmen mit den anderen Parteipräsidien für die nächsten Wahlen. Es ist schon gut, wenn man merkt, dass Wahlen anstehen und wenn man auch sieht, wer sich zur Verfügung stellt. Aber diese Wirkung und Präsenz wäre wohl auch mit weniger Plakaten möglich.» --dm