Für faire Verhandlungen sorgen
21.02.2025 Region Unterfreiamt, VillmergenDie Villmerger Juristin Lisa Burkard kandidiert als Gerichtspräsidentin in Lenzburg
Es ist der nächste Schritt auf der Karriereleiter. Nach Jahren als Gerichtsschreiberin und Rechtsanwältin schielt Lisa Burkard nun auf ein Richteramt. «Davon habe ich ...
Die Villmerger Juristin Lisa Burkard kandidiert als Gerichtspräsidentin in Lenzburg
Es ist der nächste Schritt auf der Karriereleiter. Nach Jahren als Gerichtsschreiberin und Rechtsanwältin schielt Lisa Burkard nun auf ein Richteramt. «Davon habe ich schon lange geträumt», sagt die zweifache Mutter.
Chregi Hansen
Sie muss es einfach versuchen. «Es gibt nur selten eine solche Stelle in einem 60-Prozent-Pensum. Sie ist ideal für jemanden wie mich, der zwei kleinere Kinder hat», erklärt Lisa Burkard. Aus diesem Grund kandidiert sie als Gerichtspräsidentin für den Bezirk Lenzburg. Die Wahl dafür findet am 18. Mai statt. Es ist eine Neuwahl – wegen der Überlastung der Aargauer Gerichte wird hier eine zusätzliche Stelle geschaffen.
Für die Villmergerin wäre die Wahl ins Gerichtspräsidium der nächste logische Schritt. Die 36-Jährige hat einige Jahre als Gerichtsschreiberin gearbeitet, erst fast sieben Jahre Bremgarten, aktuell in Baden. Dazwischen war sie fast drei Jahre als Rechtsanwältin in einer Kanzlei tätig. Sie kennt also die verschiedenen Facetten der Rechtsprechung. «Ich habe in meiner Zeit als Gerichtsschreiberin gemerkt, dass ich Verhandlungen und das Ringen um das richtige Urteil mag, und schon früh davon geträumt, einmal Gerichtspräsidentin zu werden», erklärt sie ihre Motivation. Zwar schätzte sie auch ihre Aufgaben als Rechtsanwältin, doch dabei nehme man eine ganz andere Funktion ein. «Die Vertretung der Klienten vor Gericht, das hat mir ebenfalls gefallen. Die Verantwortung ist gross, die Fälle spannend und die Klientschaft dankbar für das Engagement, das man zeigt», schaut sie auf diese Zeit zurück.
Aber manchmal war es nicht so einfach, diese Tätigkeit mit derjenigen als Mutter unter einen Hut zu bringen. «Oft sind die Fristen sehr kurz angesetzt, manchmal bleiben nur wenige Stunden für eine Eingabe. Insbesondere, wenn es um U-Haft geht, ist meist Tempo gefragt. Das ist schwierig mit zwei kleinen Kindern zu Hause», sagt sie. Dies war mit ein Grund, wieder zurück ans Gericht zu wechseln. «Da ist die Arbeitsbelastung zwar auch gross, aber man kann sich die Zeit besser und selbstbestimmter einteilen.»
Alle Aspekte berücksichtigen
Zudem hat sie lieber die ganzheitliche Sicht auf die Dinge. Als Anwältin war sie Parteienvertreterin. Wobei es auch da eine objektive Sicht brauche. «Es nützt nichts, dem Klienten Illusionen zu machen. Ich muss ihm aufzeigen, was möglich ist. Muss ihn umfassend beraten und durch den juristischen Dschungel führen», sagt Burkard. Als Richterin habe sie aber die Verantwortung für das Ganze. Ziel sei eine faire Verhandlung und ein gerechtes Urteil. Als Gerichtspräsidentin habe sie Einfluss, wie ein Verfahren abläuft. «Gerade in meiner Zeit am Bezirksgericht Bremgarten konnte ich viel lernen diesbezüglich.» Es gehe darum, alle Beteiligten mit Respekt zu behandeln, allen zuzuhören, alle Aspekte zu berücksichtigen. Wenn das gelinge, dann stosse ein Urteil auch eher auf Akzeptanz.
Doppelspurigkeiten vermeiden
Urteile zu sprechen, das sei ein wesentlicher Aspekt der Richtertätigkeit. «Das sind oft auch schwierige Entscheidungen», weiss sie aus Erfahrung. Als Gerichtsschreiberin war sie bei der Beratung jeweils involviert. Als Richterin müsste sie das Urteil aber neu auch verantworten. Davor hat sie Respekt, aber keine Angst. «Als Gerichtspräsidentin habe ich das Verfahren in meiner Hand. Ich kann dafür sorgen, dass alles richtig abläuft und alle Aspekte berücksichtigt werden», macht sie deutlich. Als Parteilose sei sie zudem unabhängig, sich selbst bezeichnet sie als bodenständig. Sie will sich einsetzen für faire, aber auch effiziente Verfahren. «Unser Justizsystem ist am Anschlag. Es braucht Entlastung, beispielsweise durch mehr Ressourcen. Aber es braucht auch mehr Effizienz. Die Arbeitsabläufe müssen gestrafft, Doppelspurigkeiten vermieden werden», hat sie eine klare Meinung. Zudem müssten Verhandlungen zeitnah durchgeführt werden. Gerichtsverfahren seien für alle Beteiligten sehr belastend – je länger diese dauern, umso grösser sei auch die Belastung.
Das Interesse für die Juristerei wurde bei ihr an der Kantonsschule geweckt, genauer genommen während ihrem Austauschsemester in den USA. «Da haben wir an der Schule einen solchen Gerichtsfall durchgespielt», erzählt Burkard. Nach der Matur an der Kanti Wohlen wechselte sie an die HSG St. Gallen und studierte Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Letzteres, weil sie auch ein Zahlenmensch ist. «Ich fand die Kombination spannend. Und habe mir so alle Optionen offengehalten.» Letztlich aber zog es sie doch in die Justiz, auch wenn sie sogar noch einen Abschluss in Wirtschaftspädagogik gemacht hat. «Ich mag den Kontakt mit den Menschen», betont sie.
Dass sie als Villmergerin in einem fremden Bezirk zur Wahl antritt, empfindet sie nicht als Nachteil. Die Zeiten, in denen Gerichtspräsidenten im entsprechenden Bezirk wohnen mussten, sind vorbei. «Unter Umständen ist es gar besser, wenn man einen gewissen Abstand hat», sagt sie. Und ganz fremd ist ihr der Bezirk Lenzburg nicht. Burkard ist in Dintikon aufgewachsen und hat nach ihrem Studium einige Jahre dort gewohnt, bevor sich ihr Mann und sie eine Wohnung in Villmergen kauften. Nahe bei ihren Schwiegereltern, die sich gerne ab und zu um die Kinder kümmern.
Volleyball und Singen als Ausgleich
Zudem spielt sie Volleyball bei Los Unidos, die in Fahrwangen trainieren. Zu ihren Hobbys gehören zudem ihr Pferd und die Musik. Wichtig ist ihr auch die Familie. Zu Hause in Villmergen kann sie abschalten von juristischen Fragen. Zusammen mit ihrem Mann, der als Zimmermann arbeitet, geniesst sie die Zeit mit den Kindern. «Aber ich freue mich auch, dass ab Sommer beide im Kindergarten respektive in der Schule sind», schmunzelt sie.
Das schafft wieder mehr Kapazität für die berufliche Weiterentwicklung. «Ich würde aber auch gern irgendwann wieder in einem Chor mitmachen», gesteht sie. Vorerst aber gilt die Konzentration ihrer Kandidatur und bestenfalls dem Amt als Gerichtspräsidentin. Sie habe im Vorfeld mit einigen Kollegen und Kolleginnen im juristischen Umfeld gesprochen. «Sie haben mich ermuntert, es zu versuchen, und unterstützen meine Kandidatur», berichtet sie.
Sie ist bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen
Was ihre Chancen betrifft, wagt sie keine Prognose. Bisher ist nur eine weitere Kandidatur bekannt, aber man munkelt, dass sich allenfalls bis zu fünf Personen für das Richteramt bewerben. Es gehe jetzt darum, sich bekannt zu machen – via Social Media, Inseraten und Flyern. Und natürlich durch Mund-zu-Mund-Propaganda. Und wenn es nicht klappt? «Ich habe ganz bewusst keinen Plan B», gibt Lisa Burkard zu. «Meine jetzige Stelle am Bezirksgericht Baden ist eine Mutterschaftsvertretung und endet sowieso im April. Ich konzentriere mich jetzt einzig auf mein Ziel, Gerichtspräsidentin zu werden. Falls es doch nicht klappen sollte, werde ich dann alle weiteren Optionen prüfen.»
Vorerst ist sie gespannt, was nun alles auf sie zukommt. Die Flyer jedenfalls sind vorbereitet. Das Rüstzeug für eine Richterin bringt sie allemal mit. Und Lisa Burkard ist bereit, Verantwortung zu übernehmen. «Ich schaue zuversichtlich auf die Wahl», erklärt sie zum Schluss. Letztlich aber liegt das Verdikt nicht in ihrer Hand, sondern in jenen der Wähler und Wählerinnen. Diese zu überzeugen, das ist ihre nächste Aufgabe.

