Eine neue Mission beginnt
21.10.2025 Wohlen, WahlenGemeinderatswahlen: Markus Keller steigt als unabhängiger Kandidat ins Rennen ein
Im Hintergrund wurde diskutiert und spekuliert, dass das Kandidatenfeld doch grösser sein könnte. Und tatsächlich: Neben Olivier Parvex (Grünliberale) kandidiert ...
Gemeinderatswahlen: Markus Keller steigt als unabhängiger Kandidat ins Rennen ein
Im Hintergrund wurde diskutiert und spekuliert, dass das Kandidatenfeld doch grösser sein könnte. Und tatsächlich: Neben Olivier Parvex (Grünliberale) kandidiert auch Markus Keller. Er ist Mitglied der Mitte, steigt aber als Unabhängiger in den Wahlkampf. Keller war acht Jahre lang Gemeinderat in Villmergen.
Daniel Marti
Auf den letzten Drücker hat Markus Keller seine Kandidatur für den Gemeinderat bekannt gegeben. Ein Entscheid, der seit den Gesamterneuerungswahlen von Ende September in ihm immer mehr gereift ist. Und nun reichte er tatsächlich seine Kandidatur ein. Die Situation habe ihn einfach bewegt. Und so begann er zu überlegen, eben doch in die Politik zurückzukehren. Diese Gedanken habe er sich schon lange gemacht, gibt er zu. Nun wurde alles konkreter. «Es würde mich freuen, einen Beitrag für Wohlen leisten zu können», betont der 62-Jährige.
Von Villmergen aus nach Wohlen geschaut
Markus Keller kennt man in breiten Kreisen als ehemaligen Angestellten der ibw, von 2001 bis 2006. Im Jahr 2002 kam die Familie Keller aus dem thurgauischen Sulgen ins Freiamt. Der dreifache Familienvater machte sich auch als Gemeinderat von Villmergen einen Namen. Er habe als Villmerger Gemeinderat auch gerne nach Wohlen geschaut, gibt er zu. Dann folgte die Rückkehr nach Wohlen, die Kellers wohnen nun an der Steingasse. «Es war wie ein Nach-Hause-Kommen», gibt er zu. «Und nun ist die Zeit gekommen, um Verantwortung zu übernehmen.»
In Villmergen politisierte er für die damalige CVP. Nun ist Keller Mitglied der Mitte in Wohlen und Villmergen. Diese Mitgliedschaften dürfen jedoch nun keine Rolle spielen, relativiert er. Er trete bewusst als Unabhängiger zu den Gemeinderatswahlen an. «Nun beginnt eine neue Mission», erklärt er. Diese Mission hat für ihn einen klaren Mittelpunkt: «Der politische Prozess funktioniert in Wohlen nicht», sagt er. «Man geht in der Regel immer davon aus, dass die Leute miteinander reden», gerade das funktioniere aber in der Wohler Politik nicht.
«Es geht um Kompetenzen»
Diese Beobachtungen macht er schon seit Jahren. Das sei zu seiner Gemeinderatszeit in Villmergen anders gewesen. Seine Erfahrungen in diesem Bereich möchte er nur allzu gerne in Wohlen einbringen. Markus Keller war zwei Amtsperioden im Gemeinderat in Villmergen, von 2007 bis 2015. Darüber hinaus brachte er sich rund zwei Jahre lang beim Schulhausbau beratend ein. Macht also zehn Jahre Regierungserfahrung. Eine wertvolle Basis, wie er meint. Zusammen mit der Anstellung bei der ibw blickt er somit auf 25 Jahre Erfahrung in der Region zurück. Zudem ist er in der gesamten Region gut vernetzt. Im Beruf, in der Politik, in der Gesellschaft. Markus Keller ist also weit mehr als der aktuelle Ehrenkammerer der Kammergesellschaft, er amtet dort als «Markus de Versorger».
Er steigt jetzt bewusst in den Wahlkampf ein. Markus Keller hat sich beispielsweise mit Manfred Breitschmid von der SVP ausgetauscht. Der hat seine Kandidatur nicht bestätigt. Nun tritt Keller als Unabhängiger gegen Olivier Parvex an, der Grünliberale wird von SP, Grünen und Mitte unterstützt. Er habe nichts gegen Olivier Parvex, so Keller, «er ist ein feiner Mensch, aber nun ist halt Wahlkampf. Und es geht jetzt um Kompetenzen.» Davon, glaubt Keller, habe er einiges einzubringen. Er pflegt beispielsweise einen modernen Führungsstil, aktuell ist er Geschäftsführer der Firma «Die Werke Versorgung Wallisellen AG». Das Unternehmen ist praktisch ein Ebenbild der IB Wohlen AG. In dieser Funktion habe er gelernt, sich an verschiedene Situationen anzupassen, erklärt er.
Keller traut sich auch zu, die linke Seite und linke Stimme zu vertreten. «Die Werke Versorgung Wallisellen AG» sei beispielsweise führend betreffend erneuerbare Energien. Und Villmergen habe unter seiner Führung als eine der ersten Gemeinden im Kanton die Tagesstrukturen eingeführt. Beides – erneuerbare Energien und Tagesstrukturen – sind eher linke Anliegen, die er auch im Wohler Gemeinderat vertreten würde. Und er habe ein «grosses Herz für Menschen, denen es nicht gut geht».
«Es wurde viel Geld verlocht …»
Wo liegt denn seine politische Einordnung genau? «Ich bin unabhängig», wiederholt er. «Im Gemeinderat geht es nicht ums Parteibüchlein.» Er wolle genau hinschauen, analysieren und dann zielorientiert Lösungen finden. Mit dieser Art wolle er im Polit-Wohlen «den Dialog verflüssigen». Oder im Klartext: «In Wohlen wurde schon so viel Geld verlocht, nur weil die entscheidenden Personen nicht miteinander reden. Und weil ab und zu auch die Absprache mit dem Einwohnerrat fehlt.» Er bilde sich dabei nichts ein, aber die Wohler Politik sei halt oft «Provokation pur». Und das wolle er besser machen. Dies gilt auch für die allgemeine Kommunikation.
Markus Keller will gezielt zurück in die Politik. Vermisst habe er die Politik allerdings nicht, «denn ich habe in meinem Job fast täglich damit zu tun». Darum weiss er, worauf er sich einlässt. Bereits bei seiner Vorstellung als Ehrenkammerer hat er auf die Politik geschielt. «Wohlen braucht dringend Versöhnung», meinte er vor neun Monaten beim Hinweis auf die Polit-Kultur. Er sieht sich also auch als möglicher Vermittler in der Regierung – dank seiner Erfahrung in Politik und Beruf. «Und letztlich», sagt er noch, «möchte ich auch eine Portion Besonnenheit in den Wohler Polit-Betrieb bringen.»
Gelassen, erstaunt und kämpferisch
GLP-Kandidat Olivier Parvex zur neuen Ausgangslage
Er wurde von den Grünliberalen lanciert, er geniesst die Unterstützung von SP, Grüne und Mitte. Eine komfortable Ausgangslage für Olivier Parvex für die Ersatzwahl in den Gemeinderat vom 30. November. Die möglichen SP- und SVP-Personen, Laura Pascolin und Manfred Breitschmid, hatten zudem ihren Verzicht erklärt. Und nun sorgte Markus Keller als Unbabhängiger doch noch für eine Auswahl. Zumindest darf das als kleine Überraschung betrachtet werden.
Wie reagiert Parvex selber auf die veränderte Ausgangslage? «Grundsätzlich steht es jeder Wohlerin und jedem Wohler frei, für die Ersatzwahl bei den Gemeinderatswahlen zu kandidieren. Das ist gut so und ermöglicht eine Auswahl. Für mich persönlich ändert sich mit dieser Kandidatur darum nicht viel», erklärt er. Er sei bereits im Vorfeld davon ausgegangen, dass er einen Wahlkampf führen werde.
Vertreter des «inneren Rings»
«Erstaunt bin ich, dass nun ein Parteimitglied der Mitte zur Ersatzwahl antritt. Dies offenbar ohne Nomination seiner Partei», so Parvex weiter.
Für ihn gilt nach wie vor ein wesentlicher Punkt: Er trete auch als Kandidat des «inneren Rings» im Einwohnerrat an. «Nach dem ersten Wahlgang haben sich die Grünen, die Mitte und auch die FPD dafür ausgesprochen, dass alle relevanten Kräfte des Einwohnerrates im Gemeinderat vertreten sein sollen», blickt er zurück. «Laura Pascolin zum Beispiel hat darum das Gemeinwohl über ihre persönlichen Ambitionen gestellt, tritt nicht zur Ersatzwahl an und unterstützt meine Kandidatur.»
Er sei nach wie vor überzeugt, «dass es für eine zukunftsorientierte und gute Politik für Wohlen nötig ist, dass nicht eine oder zwei Parteien den Gemeinderat dominieren sollen. Zudem erachte ich es als wichtig, dass gerade in der aktuellen Situation, mit nur einem Bisherigen im Gemeinderat, ein Kandidat gewählt wird, der das politische System in Wohlen kennt und weiss, wie die Gemeinderatspolitik mit einem Einwohnerrat funktioniert.»
Olivier Parvex verspricht, dass er seinen Wahlkampf wiederum engagiert führen werde, «für Vielfalt und Zusammenhalt in Wohlen».
Mitte wird sich erst später äussern
Was sagt die Mitte zur Kandidatur von Markus Keller, der zwar unabhängig antritt, aber Mitglied der Mitte Wohlen ist? Die Parteileitung werde sich erst gegen Ende dieser Woche zu dieser Kandidatur von Keller äussern, erklärt das Co-Präsidium auf Anfrage. --dm

