Die eigenen Grenzen erfahren
29.07.2025 Villmergen, Natur, Region UnterfreiamtZurück zu den Wurzeln
Markus Lusser aus Villmergen ist ein Spezialist für Outdoor-Aktivitäten
Mit «How to survive» hat Markus Lusser eine Schule gegründet, die sich dem Leben und Überleben in der Natur widmet. ...
Zurück zu den Wurzeln
Markus Lusser aus Villmergen ist ein Spezialist für Outdoor-Aktivitäten
Mit «How to survive» hat Markus Lusser eine Schule gegründet, die sich dem Leben und Überleben in der Natur widmet.
Chregi Hansen
Mit dem leben, was die Natur einem zu bieten hat: Das findet der gebürtige Uezwiler Markus Lusser besonders spannend. Schon als Kind war er möglichst oft und lange draussen, im taktischen Survival-Training im Militärdienst hat er dann die ersten Fähigkeiten erlernt, die für das Leben draussen essenziell sind. Auf Reisen und im Kontakt zu indigenen Völkern hat er sein Wissen erweitert, zudem hat er diverse Kurse besucht. Heute gibt er sein Wissen anderen weiter und hat dazu eine Schule gegründet. «Für jede Situation gewappnet sein, Feuer machen, Nahrung finden, Trinkwasser aufbereiten, Unterschlupf bauen oder einfach Spass am Lagerfeuer haben. Wir sind da, wo du uns brauchst!»: Mit diesen Worten wirbt die «How to survive»-Schule auf ihrer Homepage. Und das Angebot stösst auf ein grosses Interesse. Längst ist Lusser nicht mehr der einzige Kursleiter – fast 40 Personen, jede ein Spezialist auf einem Gebiet, bieten unvergessliche Abenteuer. Vom einfachen Schnupperkurs bis zur Überlebenswoche. «In unserer digitalisierten Welt zieht es viele wieder zurück zu den Wurzeln, zu der Natur», sieht Lusser einen wesentlichen Grund für den Erfolg. Damit er das Bedürfnis weiter abdecken kann, strukturiert er seine Schule neu.
Markus Lusser aus Villmergen ermöglicht mit seiner Outdoor-Schule spezielle Erlebnisse
Wie macht man in der freien Natur ohne Zündhölzer Feuer? Welche Beeren kann man essen? Wie baut man im Wald einen Unterschlupf zum Übernachten? Survival-Kurse boomen. Die Gründe dafür sind vielfältig, wie Markus Lusser weiss.
Chregi Hansen
«Letztlich geht es doch immer um die Befriedigung der Grundbedürfnisse. Essen, Trinken, Schutz und Schlaf. Das hat sich in all den Jahrhunderten nicht verändert», sagt Markus Lusser. Und doch gibt es einen Unterschied. Heute müssen sich die meisten Menschen nicht mehr aktiv bemühen, um diese Bedürfnisse zu stillen. «Ganz ehrlich, wer weiss denn noch, wie sich Hunger oder Durst anfühlt?», so Lusser.
Der 33-Jährige Villmerger ist ein Naturmensch. Aufgewachsen in Uezwil, war Lusser schon als Kind ganz viel draussen unterwegs. Auch heute kann es vorkommen, dass er seinen Rucksack packt und ein Wochenende lang loszieht. Mal im Wald übernachtet. Wobei die Zeit dafür knapp geworden ist. Denn neben seinem Brotjob als Verkäufer in einem KMU und seiner Offizierslaufbahn im Militär (mit der kürzlichen Beförderung zum Major) führt er eine eigene Outdoor-Schule mit dem Namen «How to survive», für die er auch Kurse organisiert und leitet. Und die in den letzten Jahren enorm gewachsen ist.
Soll Leidenschaft bleiben
«Ich bin aktuell daran, die ganze Schule professioneller aufzustellen und breiter abzustützen», erklärt der Gründer. Kürzlich hat er die Firma Wildnistraining Schweiz GmbH gegründet mit Sitz in Waldhäusern. Ziel ist es, die verschiedenen Outdoorangebote regional unter einem Dach zu bündeln. Von Kursen über Lager, Team- und Firmenevents bis hin zu Waldspielgruppen und Einsätzen an den Schulen. Auch ein Shop mit passenden Angeboten soll integriert werden, damit die Leute das richtige Equipment erwerben und damit trainieren können. «Ich will das aber nicht hauptberuflich machen», stellt der Villmerger klar. «Für mich soll es weiter eine grosse Leidenschaft bleiben. Das wird schwierig, wenn man damit Geld verdienen muss.» Darum möchte er die administrative Leitung der How to Survive Outdoor School Schritt für Schritt der neuen Firma und einem langjährigen Kursleiter übergeben. «Es handelt sich um einen laufenden Prozess», so Lusser.
Dass seine Outdoor-Schule dereinst so gross wird, daran hat er bei der Gründung im Jahr 2014 nie gedacht. «Ich wollte einfach einzelne Kurse anbieten. Das Ganze ist immer mehr gewachsen, ohne dass es gross geplant war», berichtet er. Heute schreibt seine Schule eine Vielzahl an Kursen aus, von eintägigen Einführungsmodulen bis hin zur beliebten Survival-Woche. Und längst kann Markus Lusser die Kurse nicht mehr alle allein leiten. «Ich habe mir in all den Jahren ein grosses Netzwerk aufgebaut. Ich will, dass jeder und jede bei uns das beste Training erhalten. Dazu braucht es Menschen, die Experten sind auf ihrem Gebiet», erklärt er. Als einen solchen bezeichnet er sich nicht, er sieht sich als Allrounder. Aktuell verfügt die Schule über rund 40 Personen, die Events und Kurse anbieten. Es gibt Spezialisten fürs Feuermachen, für die Jagd mit dem Bogen oder für Pflanzenheilkunde und vieles mehr. Es ist gerade diese Vielfalt, welche die Schule so erfolgreich macht.
Die Natur wieder spüren
Die Kurse sind gefragt. Gerade mit Corona hat die Nachfrage nochmals zugenommen. Die Motivation der Teilnehmenden sei sehr unterschiedlich, weiss Lusser aus Erfahrung. Es gebe durchaus Menschen, die sich auf einen Katastrophenfall vorbereiten wollen. «Das ist aber eher die Ausnahme.» Andere wollen die Natur wieder spüren oder suchen einfach nach einem Abenteuer. Oder bereiten sich auf eine spezielle Reise abseits der normalen Pfade vor. «Für ganz viele ist es eine willkommene Abwechslung zu unserer digitalisierten und gestressten Welt. Sie wollen zurück zu den Basics, wollen wieder mit einfachsten Mitteln auskommen. Und wenn es nur für einen Tag oder eine Woche ist.» Der Mensch von heute sei sich gewohnt, dass er zu jeder Zeit alles haben kann. In der Natur auf sich allein gestellt zu sein, das sei eine besondere Erfahrung.
Den inneren Schweinehund überwinden
Markus Lusser ist sich das Leben in der Natur gewohnt. Einerseits durch das taktische Survival-Training im Militär. Andererseits durch seine vielen Reisen in die entlegensten Winkel der Welt. So konnte er sich beispielsweise in den USA mit den Native Americans austauschen, aber auch mit Ureinwohnern im Amazonasgebiet. Er hat von ihnen ganz viel gelernt. Diese Begegnungen haben ihn motiviert, sein Wissen und seine Erfahrung mit anderen zu teilen. Es gehe auch immer darum, die eigenen Grenzen wieder zu spüren. «Man kann im Prinzip schnell lernen, wie man mit alten Techniken Feuer machen kann. Aber versuch das mal im Winter bei Regen und Kälte. Erst da merkt man, was eigentlich dahintersteckt», erklärt er. Den inneren Schweinehund überwinden, das kann bereichernd sein. Und auch zu spüren, was der Körper braucht.
Mit Behörden, Förstern und Jägern im Kontakt
Gemeinsame Zeit mit anderen zu verbringen sei wertvoll. «In den Kursen kommen manchmal 15 fremde Personen zusammen, die im Lauf der Zeit zu einer Einheit werden», berichtet der Firmengründer. Immer wieder erlebt er auch, wie Teilnehmer von den Emotionen überwältigt werden und ihren Tränen freien Lauf lassen. Das unmittelbare Erleben der Natur, es kann viel auslösen im Menschen. Einfach mal durch den Wald gehen, ohne immer aufs Handy zu blicken. Die Ruhe geniessen und alle Geräusche aufnehmen. Sehen, wie sich der Baum im Lauf der Zeit verändert. All dies kann sehr bereichernd sein.
Die Schule wächst, und es kommen auch ständig weitere Anbieter dazu. Wobei man in der Schweiz eher mit- als gegeneinander arbeite. Anders als beispielsweise in Deutschland, wo es eine starke Konkurrenz gebe. «Wir konzentrieren uns auf die Deutschschweiz und haben unsere Basis im Freiamt und der näheren Umgebung», macht der Villmerger deutlich. Die steigende Zahl der Angebote kann aber auch zu Problemen führen – nicht alle Waldbesitzer haben Freude an solchen Veranstaltungen. Das kann Markus Lusser nachvollziehen. «Einfach im Wald ein Lager aufzubauen oder ein Tier zu jagen, das ist nun mal nicht erlaubt. Wir arbeiten eng mit den Behörden, den Förstern und auch den Jägern zusammen», erklärt er. Aber wie überall gebe es eben auch in der Outdoor-Szene schwarze Schafe, werden Beschädigungen oder Abfall vermehrt zum Problem. Lusser ist es darum wichtig, die Teilnehmer zu sensibilisieren, sie sollen Ehrfurcht lernen vor der Natur.
Das richtige Mindset
Den typischen Kursteilnehmer gebe es nicht, es kommen ganz unterschiedliche Menschen. Aus den verschiedensten Berufen. Jeden Alters. Mit mehr oder weniger Vorwissen. «Wichtig ist, dass ich sie dort abhole, wo sie stehen. Sie sollen eine gute Zeit haben und profitieren. Wenn es mir gelingt, sie zu begeistern, dann kann ich zufrieden sein», sagt Lusser. Er ist froh, kann er etwas Verantwortung abgeben. Allenfalls wieder mehr Kurse leiten. «Ich mag die Rolle als Ausbildner. Das ist auch im Militär so. Und ich bin nach wie vor gerne draussen», sagt er.
Auch nach so vielen Jahren ist er immer wieder fasziniert, mit wie wenig ein Mensch eigentlich auskommen kann. «Durch den ganzen Überfluss in unserem Leben geht das leider leicht vergessen.» Und er ist fasziniert, wie viel ein Mensch dank seinem Willen erreichen kann. «Es geht um das richtige Mindset, auch daran arbeiten wir in unseren Kursen», erklärt er. Insofern ist ein Survival-Training immer auch eine Charakterschule. «Man darf bloss nicht die Erwartung haben, dass es so läuft wie im Kino», sagt Markus Lusser am Schluss schmunzelnd.