Der Stolz überwiegt den Frust
29.12.2023 Region Unterfreiamt, FahrwangenMit der Ersatzwahl im Januar endet die Amtszeit des Fahrwanger Gemeindeammanns Patrick Fischer
Dass er als Sarmenstorfer in Fahrwangen Ammann werden konnte, erstaunt ihn noch heute. Dass er vorzeitig gehen muss, bedauert er. In seine Amtszeit fielen viele turbulente ...
Mit der Ersatzwahl im Januar endet die Amtszeit des Fahrwanger Gemeindeammanns Patrick Fischer
Dass er als Sarmenstorfer in Fahrwangen Ammann werden konnte, erstaunt ihn noch heute. Dass er vorzeitig gehen muss, bedauert er. In seine Amtszeit fielen viele turbulente Geschäfte. Trotzdem zieht Patrick Fischer eine positive Bilanz.
Chregi Hansen
Natürlich hätte er sich einen anderen Abgang gewünscht. 14 Jahre hat er sich als Gemeinderat engagiert, davon 12 als Ammann. Patrick Fischer wäre gerne noch das ein oder andere Jahr im Amt geblieben. Daraus machte er nie einen Hehl. «Aber ich will niemandem im Weg stehen», sagt er auch. Nachdem an einer Sitzung zwei seiner Amtskollegen ultimativ seinen Rücktritt gefordert hatten, musste er über die Bücher gehen. «Ich hätte es auf einen Machtkampf ankommen lassen können. Aber ich muss doch an das Dorf denken. Und ganz ehrlich: In den letzten Monaten hat das Amt auch keinen Spass mehr gemacht.» Dies im Unterschied zu den 13 Jahren davor.
Die Gründe für den Konflikt sind bekannt. Bei dem Umbau und der Sanierung des alten Bezschulhauses läuft vieles aus dem Ruder. Und Fischer musste als Präsident der Baukommission für Fehler geradestehen, für die er gar nichts konnte. Noch im August hiess es, der Bezug der Schulräume sei im Januar möglich. «Ich war damals schon skeptisch. Aber ich bin kein Experte, muss mich auf die Planer verlassen.» Drei Wochen später war klar, dass auch dieser zweite Termin nicht eingehalten werden kann. Wiederum musste Fischer die schlechte Nachricht dem Gemeinderat überbringen. Es war der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Mit dem Rücktritt will er seinen Beitrag leisten, damit das Projekt doch noch erfolgreich abgeschlossen werden kann. «Denn es liegt mir noch immer am Herzen.»
Trotz diesem nicht ganz freiwilligen Abgang schaut der 53-Jährige auf eine gute und aus seiner Sicht auch erfolgreiche Zeit zurück. Dass er 2010 als gebürtiger Sarmenstorfer in den Gemeinderat gewählt wurde, das erstaunt ihn heute noch. Schliesslich trennt die beiden Gemeinden nicht nur eine Bezirks-, sondern auch eine Konfessionsgrenze. Er war zusammen mit seiner damaligen Frau zwei Jahre zuvor von Bettwil nach Fahrwangen gezogen. «In der Zeitung las ich, dass zwei neue Gemeinderäte gesucht werden. Da ich politisch immer interessiert war, hat mich die Kandidatur gereizt», schaut er zurück. Und prompt wurde er gewählt.
Ins kalte Wasser geworfen
Die erste Amtszeit war alles andere als einfach. «Wir waren drei Neue im Gemeinderat. Und der Vizeammann war auch erst ein Jahr dabei. Es war ein kompletter Neuanfang. Aber mit einer guten Dynamik.» Schnell habe er aber gemerkt, dass das Amt viel Aufwand mit sich bringt. Als Selbstständiger konnte er sich die Zeit einigermassen einteilen. Auch die Vielfalt der Arbeit würden viele unterschätzen. «Ich muss ja nicht nur über mein Ressort Bescheid wissen, sondern auch über die Projekte der anderen», sagt er.
Zwei Jahre später trat die damalige Frau Gemeindeammann Marlène Campisch zurück. In einer Kampfwahl setzte sich der damals Parteilose gegen SVP-Vertreterin Julie Mesot durch. «Es war ein offenes Rennen», schaut er zurück. Doch die Behörde kam nicht zur Ruhe – nur kurze Zeit später erkrankte Mesot schwer und musste ihren Rücktritt erklären. Fischer musste für sie das Präsidium der Baukommission übernehmen – Fahrwangen war dabei, das alte Primarschulhaus zu sanieren. Für die Gemeinde eine grosse Herausforderung. «Die Kommission war riesig, die Sitzungen dauerten teilweise ewig. Aber wir haben es gemeistert, weil alle am gleichen Strick zogen», schaut der passionierte Volleyballspieler auf diese Zeit zurück. Und mit der Sanierung habe man ein Zeichen gesetzt, dass sich die Gemeinde um ihre Infrastruktur kümmern will, allen finanziellen Sorgen zum Trotz.
Immer wieder gefordert
Apropos Finanzen: Fahrwangen hat einen Steuerfuss von 118 Prozent, Meisterschwanden 60. Dabei sind die beiden Orte längst zusammengewachsen. Wie fühlt sich das an? «Das ist eben so, das ist zu akzeptieren», so der Ammann. «Wir haben halt keinen Hayek und keine privilegierten Wohnlagen. Aber Frust verspüre ich deswegen nicht», sagt Fischer. Das Verhältnis zu den Nachbarn sei trotzdem gut. «Und von der Lage her sind wir doch eher das Zentrum im oberen Seetal», schmunzelt er.
Ausruhen konnte er sich in den vergangenen 14 Jahren selten. Kaum war im Gemeinderat Ruhe eingekehrt, trat die langjährige Gemeindeschreiberin zurück. Auch hier war der noch amtierende Gemeindeammann stark gefordert. «Der Abgang hat gezeigt, wie wichtig eine funktionierende Verwaltung ist. Nur so ist es möglich, dass sich der Gemeinderat auf strategische Fragen konzentrieren kann», hat er erkannt. Daraus entstanden ist ein neues Verwaltungsleitbild. Heute sei man sehr gut aufgestellt auf der Verwaltung.
Die Region arbeitet zusammen, wenn auch nicht überall
Aber auch in Sachen Alterspolitik war er gefragt. Es galt, ein Legat für ein Altersheim so umzuwandeln, dass im Dorf Alterswohnungen gebaut werden konnten. «Solche Wohnformen werden immer wichtiger. Und die Kooperation mit der Spitex ist ein Idealfall.» Gerne hätte er bei diesem Projekt auch die Nachbargemeinden mit ins Boot geholt, aber das war nicht möglich. «Wir arbeiten in vielen Bereichen sehr gut zusammen. Etwa beim Forst oder in der Bildung. Aber bei gewissen Themen treten dann die Eigeninteressen hervor», hat Fischer festgestellt.
Ein Tiefpunkt war der Verlust der Bezirksschule. Vor allem die Art, wie der Kanton das Problem angegangen ist und kommuniziert hat, enttäuscht ihn. «Der Entscheid ist für mich heute noch nicht nachvollziehbar. Ich war bis zuletzt überzeugt, dass unsere Bez bestehen bleibt», sagt er. Doch in der Politik müsse man vorwärtsschauen. Darum habe Fahrwangen sich sofort daran gemacht, ein Oberstufenzentrum für das Obere Seetal zu bauen. Mit grossem Optimismus ging man ans Werk. Die Landung ist jetzt unsanft, die Termine werden nicht eingehalten. Und es drohen Mehrkosten von mehr als 3 Millionen Franken.
Auch private Tiefpunkte überwunden
Patrick Fischer hatte in seiner Amtszeit viele schwierige Phasen zu meistern. Letztlich ist sein Engagement auch mitschuldig, dass seine Ehe in die Brüche ging. «Es war nicht nur das Amt, aber das spielte sicher auch eine Rolle», ist ihm bewusst. Längst ist er aber wieder glücklich liiert. Und nachdem er das Geschehene verdaut hat, freut er sich auf mehr freie Zeit in Zukunft. Geplant habe er nichts, er lasse das auf sich zukommen. Er bleibt aber Präsident der Spitex und Mitglied im Bezirksschulrat, daneben möchte er seine Tätigkeit als freier Journalist ausbauen.
«Ich kann auf eine gute und erfolgreiche Zeit zurückschauen», sagt er am Schluss des Gesprächs. «Ich durfte spannende Personen kennenlernen, habe viel gelernt und konnte einen Beitrag für die Gemeinschaft leisten.» Das kann ihm niemand nehmen. Genauso wie den Stolz auf das Erreichte. «Wir haben viel geschafft in den vergangenen 14 Jahren. Sicher nicht alles. Aber das gehört auch dazu. Nicht alles funktioniert so, wie man es gerne hätte.»