Der Spass kommt nicht zu kurz
30.04.2024 Region Unterfreiamt, SarmenstorfDer Samariterverein Sarmenstorf kann seinen 120. Geburtstag feiern
Die Regionalübung vom Freitag wird zur Jubiläumsfeier. Der Verein kann auf eine lange und intensive Zeit zurückschauen. Und dass die Samariter auch heute noch gebraucht werden, erfahren die ...
Der Samariterverein Sarmenstorf kann seinen 120. Geburtstag feiern
Die Regionalübung vom Freitag wird zur Jubiläumsfeier. Der Verein kann auf eine lange und intensive Zeit zurückschauen. Und dass die Samariter auch heute noch gebraucht werden, erfahren die Mitglieder Jahr für Jahr von Neuem.
Chregi Hansen
Normalerweise kommen sie bei einem Notfall zum Einsatz. Und müssen dann schnell und vorausschauend handeln und wissen, was zu tun ist. Doch an den monatlichen Übungen kann es auch mal lustiger zu und her gehen. So wie diesmal beim letzten Treffen vor der grossen Regionalübung.
Auf dem Programm steht an diesem Abend das Thema Verbände. Und nachdem die Mitglieder die verschiedenen Techniken repetiert haben, startet Samariterlehrerin Muriel Willborn ein spezielles Rennen. In Zweiergruppen wird versucht, das Gegenüber so schnell wie möglich mit WC-Papier in eine Mumie zu verwandeln. Neben der Zeit wird auch darauf geachtet, dass möglichst wenig zu sehen ist von der Person. Sowohl beim Verbinden wie auch beim anschliessenden Betrachten der Resultate wird viel gelacht. «Es braucht diese Abwechslung, schliesslich soll das Mitmachen auch Spass machen. Wir alle opfern unsere Freizeit», erklärt Willborn.
Gemeinsam feiern
Lustig soll es auch am kommenden Freitag an der Regionalübung werden, zu der die Samariter aus Anlass des Jubiläums eingeladen haben. Auf die Samaritervereine aus anderen Gemeinden und die verschiedenen Delegationen aus Sarmenstorf warten einige sehr spezielle Aufgaben. Was die Jubilare sich alles ausgedacht haben, wird nicht verraten. «Dieser Event ist für unseren eher kleinen Verein eine grosse Aufgabe. Aber alle legen sich mächtig ins Zeug, damit die Gäste einen tollen Abend haben», sagt Präsidentin Eveline Zowalla.
17 Mitglieder zählt der Verein heute noch. Das war früher ganz anders. Im Archiv des Vereins befinden sich alle Protokolle der vergangenen 120 Jahre. Und dort ist ausgeführt, dass der Samariterverein kurz nach der Gründung 62 Aktiv- und 132 Passivmitglieder zählte. Die Gründung fand am 11. Dezember 1904 statt, und zur ersten Präsidentin wurde Lehrerin Ruepp gewählt – im Gegensatz zu allen anderen Personen wird ihr Vorname in den alten Protokollen nie erwähnt. Dafür sind feinsäuberlich alle Aktivitäten des Vereins aufgelistet. So wurden schon früh Vorträge abgehalten. Der erste vom 6. Januar 1905 trug den Titel «Die Ziele eines Samaritervereins», die nächsten widmeten sich den spezifischen Themen Lungenschwindsucht (Tuberkulose) und Blutarmut.
Samariter werden gerne um Rat gefragt
Nicht nur alte Protokolle findet man in den Schränken im Vereinsmagazin. Auch ganz viel Material lagert hier. Der Verein ist Ausleihstelle für Krankenmobilien, von Krücken über Rollatoren, Sitz-Keilkissen bis hin zu Schnabeltassen. «Die Ausleihen gehen aber zurück. Oft wird Patienten das Material vom Spital gleich mitgegeben», erklärt die Präsidentin. Das war früher anders, waren die Hilfsmittel sehr gefragt. So sehr, dass der Materialwart 1914 einen Antrag stellte, diese nur noch gegen eine Gebühr auszuleihen. Denn mit der Rückgabe hapere es leider in vielen Fällen. Und 1918 stand der erste Vereinsausflug auf dem Programm, die Reise führte auf den Hasenberg.
Überhaupt hatte das Gesellschaftliche stets einen wichtigen Platz im Verein. Dies hat Eveline Zowalla im Gespräch mit Ernst Widmer erfahren. Der heute 96-Jährige stand dem Verein während über 23 Jahren als Präsident vor. Als Vorbereitung auf das Jubiläum traf sich die jetzige Präsidentin mit dem Urgestein des Vereins. Dieser wusste viel zu berichten. So war der Zusammenhalt in früheren Jahren riesig. Nach der Übung ging es jedes Mal gemeinsam in die Beiz, wusste Widmer zu erzählen. «Bis vor Corona war dies bei uns auch der Fall. Seither hat es leider abgenommen. Aber eigentlich könnten wir gleich heute wieder damit anfangen», findet Muriel Willborn.
Auch waren die Mitglieder des Samaritervereins oft die erste Ansprechperson bei gesundheitlichen Problemen. Denn Ärzte gab es zu dieser Zeit nur wenige, und «Doktor Google» konnte man auch noch nicht befragen. Aber dass man um Ratschläge angegangen wird, das kommt auch heute noch oft vor, wie die Anwesenden bestätigen. Gerade bei Schnittwunden holen sich etliche bei ihnen bekannten Samaritern Hilfe. Mit Verbänden kennen sie sich schliesslich aus, wie die heutige Übung beweist. «Da wir das Gelernte regelmässig auffrischen, wissen wir eben, was zu tun ist», betont Willborn.
Hatten die Samariter früher ein grosses Ansehen im Dorf, werde man heute eher etwas belächelt, bedauert Präsidentin Zowalla. Dabei geht ohne den Verein nur wenig. Bei allen grösseren Anlässen im Dorf – vom Fussballturnier bis zur 850-Jahr-Feier – übernimmt der Verein den Sanitätsdienst. Die Anzahl der notwendigen Samariter vor Ort ergibt sich dabei aus der ungefähren Teilnehmerzahl und dem Gefährlichkeitsgrad der Veranstaltung. «Bisher gelingt es uns immer, die Schichten abzudecken», freut sich Zowalla. Das ist nicht selbstverständlich, finden doch fast alle Events dann statt, wenn auch die Mitglieder ihre Freizeit geniessen möchten. Aber der Einsatz für die Allgemeinheit gehört eben zu den Aufgaben des Vereins. Genau so wie das Anbieten von Kursen für die Bevölkerung. Dieses Jahr etwa ein «Nothilfekurs für Lernfahrer und Interessierte» oder auch «Notfälle bei Kleinkindern».
Immer dabei, wenn etwas los ist im Dorf
Inzwischen sind die mumifizierten Personen wieder vom WC-Papier befreit. Und kann der ernsthafte Teil der Übung weitergehen. Nach den Verbänden steht jetzt die Detailplanung der Regionalübung auf dem Programm. Auch da ist viel Spass garantiert. «Wir sind eine bunt gemischte Gruppe, aber wir haben es immer gut zusammen», erklärt Muriel Willborn. Dass das keine leeren Worte sind, beweist das Vorstandsfoto auf der Homepage, welches an der Fasnacht entstanden ist. Denn wenn sie nicht gerade Dienst haben, sind die Sarmenstorfer Samariter beim Feiern gern dabei. Und das haben sie sich schliesslich verdient.