Der Lebensnerv des Landes
17.10.2025 Region Unterfreiamt, Wirtschaft, Villmergen, TraditionenMehr als nur Lastwagen
Nils Planzer am Villmerger Wirtschaftsapéro
Der von der FDP Villmergen, der IG Industrie Allmend und dem HGV Villmergen und Umgebung organisierte Anlass lockt mit hochkarätigen Referenten. Diesmal war es Nils Planzer, ...
Mehr als nur Lastwagen
Nils Planzer am Villmerger Wirtschaftsapéro
Der von der FDP Villmergen, der IG Industrie Allmend und dem HGV Villmergen und Umgebung organisierte Anlass lockt mit hochkarätigen Referenten. Diesmal war es Nils Planzer, CEO des gleichnamigen Familienbetriebs. Er zeigte auf, dass die Planzer AG nicht mehr das Fuhrhalterunternehmen von einst ist und dass es heute um viel mehr geht als um den Transport von Waren per Lkw. --chh
Nils Planzer zu Gast am traditionellen Wirtschaftsapéro in Villmergen
Das Logistikunternehmen ist seit Jahren auch in Villmergen ein grosser Arbeitgeber. CEO und Verwaltungsratspräsident Nils Planzer hat darum quasi ein Heimspiel. Er berichtet von den Herausforderungen in der Branche. Den Veränderungen. Und warum er als Transporteur für das Nachtfahrverbot ist.
Chregi Hansen
Ob Planzer, Bertschi oder Galliker: Ganz viele Logistikfirmen sind Familienbetriebe und keine Grosskonzerne. Das sei kein Zufall, sagt Nils Planzer, der in 3. Generation den Betrieb leitet. «Es ist ein hartes Business mit ganz viel Verantwortung. Unsere Chauffeure fahren beispielsweise täglich an Hunderten von Schulen vorbei, da ist schnell etwas passiert», sagt er bei seinem Auftritt in Villmergen. Vor allem aber lasse sich nicht auf die Schnelle Geld verdienen. «Grosskonzerne denken kurzfristig, wir über Generationen», so der CEO und Verwaltungsratspräsident.
Als Beispiel nennt er den Einstieg seiner Firma in das Paketgeschäft vor 10 Jahren. «Als CEO einer börsenkotierten Firma hätte ich das wohl nie getan. Denn dieser Bereich ist aufwendig, kompliziert und die Marge ist viel tiefer als an anderen Orten. Und am Anfang war es nur defizitär», berichtet er. Er habe zu Beginn auch gehadert, gibt er zu. Inzwischen machen die Pakete 10 Prozent des Umsatzes aus, Tendenz steigend. «Die kommenden Generationen haben ein ganz anderes Konsumverhalten.» Der Stückgutverkehr hingegen wird zurückgehen. «Als ich vor bald 30 Jahren angefangen habe in der Firma, waren wir auf einem Durchschnittsgewicht von ungefähr 800 Kilo pro Sendung, heute sind es noch knapp 200 Kilo. Und ich bin überzeugt, dass es immer mehr in diese Richtung geht», so Planzer.
Nahe bei den Kunden
Darum habe sich die Firma in den vergangenen Jahren entwickelt. Von einem reinen Transporteur zu einem Logistik- und Lagerbetrieb. Heute verzichten die meisten Firmen darauf, ein eigenes Lager zu bauen und ihre Kunden selber zu beliefern, sondern lagern diese Aufgabe aus. Zum Beispiel an Planzer. «Wir sind Experten in diesem Bereich. Und wir sind nahe bei den Kunden. Von den Grossbetrieben über die KMUs bis zu den Privaten», betont der Referent. Heute beschäftigt Planzer rund 7000 Mitarbeitende, macht einen Umsatz von 1,2 Milliarden Franken pro Jahr und besitzt Standorte in der ganzen Schweiz. «Damit vermeiden wir unnötige Leerfahrten.»
Ohne Logistikbranche droht der Super-GAU
Ein Standort befindet sich in Villmergen, wo über 400 Mitarbeitende beschäftigt sind. «Villmergen ist ein wichtiges Puzzleteil für uns», betont Nils Planzer, der selber im Freiamt, in Widen, aufgewachsen ist. In Villmergen werden hauptsächlich Waren aus der Food- sowie der Pharma-Branche konfektioniert und kommissioniert. Weil diese gekühlt werden müssen, sind hier noch viele Lastwagen unterwegs. Ansonsten werde die Schiene immer wichtiger. «60 Prozent unserer Transporte finden mit der Bahn statt. Das ist weltweit einmalig. Unser Ziel ist es, dass nur noch für die letzte Meile ein Fahrzeug zum Einsatz kommt», so Planzer. Und das in Zukunft gerne autonom. Seine Firma hat bereits Versuchsprojekte mit selbst fahrenden Lieferwagen am Laufen. «Das wird kommen», ist er überzeugt.
Nils Planzer ist stolz auf seinen Betrieb. Und unterstreicht die Bedeutung seiner Branche. Die Logistik sei quasi der Lebensnerv jedes Staates. «Also wenn wir streiken würden, dann wäre es schwierig, dass wir in der Schweiz noch funktionieren können», macht er deutlich. Das habe auch die Coronazeit bewiesen. «Da wurde geklatscht, wenn unsere Chauffeure ankamen.» Inzwischen würden viele die vielen Lkws wieder als lästig empfinden. Als Ursache für die vielen Staus bezeichnen. Von den Staus sei aber auch sein Betrieb betroffen. Trotzdem ist er dagegen, das in der Schweiz geltende Nachtfahrverbot für Lastwagen zu lockern. Nachts stehen die Schienen zur Verfügung. Es mache mehr Sinn, diese zu nutzen. Damit trage man auch zu besseren Arbeitsbedingungen bei.
« Die Idee ist gut, aber schlicht nicht bezahlbar
«Wir brauchen in unserer Branche Leute, die anpacken können. Aber wir schauen als Familienbetrieb auch für unsere Leute», sagt er.
Ausstieg bei Cargo sous terrain
Die Herausforderungen für die Zukunft seien gross, macht er deutlich. Die zunehmenden Staustunden, die hohen Verkehrsabgaben in der Schweiz, der zunehmende Termindruck und die ständig steigenden Sicherheitsanforderungen machen immer wieder Anpassungen nötig. Und trotzdem schaut Nils Planzer optimistisch in die Zukunft. «Wir haben in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern gute Voraussetzungen», ist er überzeugt. Wichtig sei, nicht stehen zu bleiben und neue Geschäftsfelder zu entwickeln. So, wie es die Planzer AG immer wieder getan hat. Aber auch rechtzeitig auszusteigen, wenn etwas nicht funktioniert. So wie beispielsweise beim Projekt Cargo sous terrain. «Die Idee, den Gütertransport unter die Erde zu verlegen, ist eigentlich gut. Darum waren wir am Anfang auch dabei. Aber wir haben schnell gemerkt, dass dies unbezahlbar ist. Darum sind wir ausgestiegen», berichtet er.
Noch mehr Junge ausbilden
Für ihn sei das Projekt gestorben, auch wenn es noch keine offizielle Beerdigung gab. Dafür setzt er auf das autonome Fahren. «Seit ich das in den USA erlebt habe, bin ich Fan.» Dass der technische Fortschritt die Mitarbeiter ersetzt, glaubt er hingegen nicht. «Wir haben dann andere Aufgaben für sie», macht er deutlich. Die Zahlen geben ihm recht – obwohl in der Logistik immer mehr automatisiert wird, steigt die Zahl der Mitarbeitenden an. Und auch hier übernimmt Planzer Verantwortung. «In Villmergen haben wir aktuell 20 Lernende bei rund 400 Mitarbeitenden. Unser Ziel ist, dass es in Zukunft 10 Prozent der Belegschaft sind», so der CEO. Denn die Jungen sind in Zukunft dafür zuständig, dass der Lebensnerv der Schweiz weiter funktioniert.