Den Teufelskreis durchbrechen
07.03.2025 Region Bremgarten, Region Unterfreiamt, Region Oberfreiamt, Region WohlenNeues Kompetenzzentrum der Psychiatrischen Dienste Aargau (PDAG)
Das Kompetenzzentrum für Borderline-Persönlichkeitsstörungen bietet Patientinnen und Patienten bereits ab 17 Jahren eine umfassende Unterstützung. Gezielte Akutbehandlungen und ...
Neues Kompetenzzentrum der Psychiatrischen Dienste Aargau (PDAG)
Das Kompetenzzentrum für Borderline-Persönlichkeitsstörungen bietet Patientinnen und Patienten bereits ab 17 Jahren eine umfassende Unterstützung. Gezielte Akutbehandlungen und individuelle Förderung sollen langfristig ihre Therapiefähigkeit für ambulante und stationäre Psychotherapie stärken.
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) ist eine psychische Erkrankung, die schätzungsweise bis zu drei Prozent der Bevölkerung betrifft und durch starke emotionale Schwankungen, Impulsivität und instabile Beziehungen gekennzeichnet ist. Menschen mit BPS erleben eine quälende innere Anspannung und greifen oft zu selbstschädigendem Verhalten wie Selbstverletzungen oder riskanten Handlungen, um kurzfristig Erleichterung zu finden. Der Anteil an ambulanten respektive stationären psychiatrischen Patientinnen und Patienten, die unter BPS leiden, ist mit 10 beziehungsweise 20 Prozent besonders hoch.
«Die Borderline-Persönlichkeitsstörung zählt zu den in der Behandlung komplexesten Erkrankungen. Mit unserem Kompetenzzentrum möchten wir diesen Anforderungen gerecht werden und die Versorgung verbessern», betont PDAG-CEO Beat Schläfli. «Gleichzeitig ist die Erkrankung nicht nur für Patientinnen und Patienten sowie deren Familien eine enorme Belastung, sondern stellt auch die Behandlungsteams in Notaufnahmen von Psychiatrien und Akutspitälern vor eine grosse Herausforderung.»
Für nachhaltige Versorgung
«Um ihre starken Emotionen zu regulieren, vergiften sich die Betroffenen häufig mit Medikamenten oder fügen sich teils lebensbedrohliche Verletzungen zu, beispielsweise, indem sie Glasscherben schlucken», erläutert Marc Walter, Klinikleiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie (KPP). «Entsprechend suchen viele Personen mit BPS immer wieder den Notfall auf – manche sogar mehrmals die Woche.» Die Bewältigung dieser Krisensituationen erfordert spezialisierte therapeutische Ansätze. Massnahmen wie eine intensive Überwachung durch 1:1-Betreuung können in solchen Fällen sogenannte maladaptive Verhaltensmuster verstärken – also Gewohnheiten oder Reaktionsweisen, die kurzfristig Erleichterung bringen können, langfristig jedoch das eigene Wohlbefinden oder soziale Beziehungen beeinträchtigen.
Deshalb setzt das Kompetenzzentrum auf leitliniengerechte, moderne und individuell angepasste Ansätze.
Kurzfristig kommen Patientinnen und Patienten dadurch aus dem Teufelskreis der ständigen Krisen, langfristig ermöglicht ihnen dies die Inanspruchnahme einer störungsspezifischen Psychotherapie. «Unser Ziel ist es, den Betroffenen zu helfen, ihre Emotionen besser zu regulieren und Wege zu finden, destruktives Verhalten durch konstruktive Bewältigungsstrategien zu ersetzen», sagt Marc Walter. «Nach einer Phase der Krisenbehandlung sollte am besten immer eine störungsspezifische Psychotherapie angeschlossen werden.»
Neben der Borderline-Persönlichkeitsstörung behandelt das neue Kompetenzzentrum weitere psychische Erkrankungen, die mit ähnlichen akutpsychiatrischen Verhaltensmustern einhergehen, beispielsweise komplexe Posttraumatische Belastungsstörungen, aber auch dissoziative Identitätsstörungen sowie Autismus-Spektrum-Störungen.
Unterstützung auch für Angehörige und Fachpersonen
Um das familiäre Umfeld zu unterstützen, bietet das Kompetenzzentrum spezielle Beratungen und Workshops an. Zudem schulen PDAG-Ärztinnen und -Ärzte Fachpersonen in Spitälern und betreuten Wohneinrichtungen, um den Umgang mit BPS-Patientinnen und Patienten zu standardisieren und zu erleichtern, und geben ihnen konkrete Handlungsempfehlungen. «Mit der Einbindung aller Beteiligten in den Behandlungsprozess versuchen wir, die Lebensqualität der Betroffenen und ihres Umfelds deutlich zu verbessern», so Marc Walter. --pd