Demokratie zum Mitspielen
21.11.2025 Jugend, Muri, PolitikDie Murianer Bezirksschulklasse von Caroline Plattner hat im Bundeshaus über Jugend-Anliegen debattiert
«SpielPolitik!» bietet Oberstufenklassen die Möglichkeit, die nationale Politik und den Gesetzgebungsprozess im Parlament kennenzulernen. Den ...
Die Murianer Bezirksschulklasse von Caroline Plattner hat im Bundeshaus über Jugend-Anliegen debattiert
«SpielPolitik!» bietet Oberstufenklassen die Möglichkeit, die nationale Politik und den Gesetzgebungsprozess im Parlament kennenzulernen. Den Höhepunkt bilden zwei Projekttage in Bern. Diesmal durfte auch eine Klasse aus Muri im Nationalratssaal Platz nehmen.
Thomas Stöckli
Zum Schluss der Session wird es im Nationalratssaal hoch spannend. «Bessere psychologische Unterstützung für Jugendliche», das fordert die Klasse B3b der Bezirksschule Muri in ihrer Initiative. Konkret soll in der Bundesverfassung verankert werden, dass alle Jugendlichen das Recht auf angemessene psychologische Unterstützung durch Fachpersonen erhalten, und zwar kostenlos. Es ist an diesem Tag das einzige Anliegen, das vom «Bundesrat» mit einem direkten Gegenvorschlag gewürdigt wird, mit der Anpassung, dass die Angebote nicht kostenlos, aber niederschwellig, bedarfsgerecht und finanziell tragbar sein sollen. Bei den Jugendlichen kommt diese Variante allerdings nicht gut an. Sie wird mit 6 zu 60 Stimmen abgeschmettert. Der direkte Gegenvorschlag der Kommission schneidet besser ab. Hier wird die Finanzierung geregelt «in Zusammenarbeit zwischen Behörden, Versicherungen und privaten Akteuren.» Mit 60 zu 4 Stimmen wird dieser Gegenvorschlag gutgeheissen. Und dann der grosse Moment, die Abstimmung über die eigentliche Initiative. Trotz zahlreicher Abweichler im Murianer Block reicht es, hauchdünn: mit 33 Ja- zu 30 Nein-Stimmen. Als einzige Initiative der Session würde demnach jene der Murianerinnen und Murianer mit Zustimmungs-Empfehlung des Nationalrats vors Volk kommen.
Freude an Politik vermitteln
Die Debatte am Mittwochnachmittag im Nationalratssaal ist der würdige Höhepunkt im «SpielPolitik!». Im Rahmen des Planspiels mit zweitägigem Finale in Bern lernen die vier Schulklassen – je zwei aus der Deutsch- und der Westschweiz – die Spielregeln der Politik realitätsnah kennen, von der Anfangsidee bis zur Volksabstimmung. Als «Nationalratspräsident» leitet Samuel Bärtschi, Vorstandsmitglied des Vereins «Schulen nach Bern», die Debatte, die Rolle des Bundesrats spielt keine Geringere als die echte Nationalratspräsidentin, Maja Riniker. Die FDP-Frau aus Suhr ist schliesslich Co-Präsidentin des Vereins «Schulen nach Bern». Und als solche durfte sie mit Genugtuung feststellen, wie engagiert die Jugendlichen ihre Anliegen vortrugen und wie gepflegt die Debatte verlief. «Das Projekt ist so wichtig», findet sie. Und nicht nur sie: Die Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit (ch) hat den Verein «Schulen nach Bern» für das Projekt «SpielPolitik!» letzte Woche mit dem Föderalismuspreis ausgezeichnet, der mit 10 000 Franken dotiert ist. «Das Programm ‹SpielPolitik!› trägt in besonderem Masse dazu bei, Politik verständlich zu machen und demokratische Werte zu vermitteln», lobte die Neuenburger Staatsrätin Florence Nater, Präsidentin der Jury und der ch-Stiftung. «Unser Ziel ist, den Jugendlichen zu vermitteln, dass die Demokratie lebendig ist und sie selbst daran teilhaben können», sagt Nationalratspräsidentin Maja Riniker. «Wir wollen sie ermutigen, ihre Meinung zu äussern, ihr Interesse für politische Fragen wecken und ihnen die nötigen Werkzeuge an die Hand geben, um ihre Standpunkte zu vertreten.»
Ähnliche Ziele nennt auch Caroline Plattner, Klassenlehrerin der B3b aus Muri. So sollen ihre Schülerinnen und Schüler das System der Demokratie verstehen, um allenfalls auch selbst mal Verantwortung zu übernehmen. «Es muss ja nicht im Nationalrat sein», sagt sie, «aber damit unser System funktioniert, braucht es uns alle.» Verantwortung übernommen hat Philip Stalder aus Muri. Er meldete sich freiwillig als Präsident der «Schweizer Partei für den Schutz der Jugend» der Klasse B3b. «Das Projekt hat sehr viel Spass gemacht», sagt er, und der Zusatzaufwand als Parteipräsident sei überschaubar gewesen. Sehr spannend fand er den Rundgang durchs Bundeshaus am Mittwochmorgen, inklusive Sitzprobe im Ständerats- und im Nationalratssaal. Alex Herzberg, ebenfalls aus Muri, amtierte als Kommissionspräsident. Und die Boswilerin Gianna Tonolini wurde als Haupt-Stimmenzählerin ausgelost. «Ich war erst ziemlich überrumpelt», beschreibt sie. Die Aufgabe bewältigte sie nach einer kurzen Instruktion souverän: Die Zahlen der vier anderen Stimmenzählerinnen und -zähler addieren und dann dem «Nationalratspräsidenten» mitteilen. Für die zusätzliche Aufgabe wird sie mit einem exponierten Sitzplatz entschädigt. Wobei es ihr im ersten Moment etwas unwohl gewesen sei, so im Mittelpunkt.
Rolle mit Bravour gemeistert
Auszuzählen gab es dann einiges: Nebst der bereits beschriebenen Initiative aus Muri ging es um geschlechterspezifische Preisunterschiede bei Produkten des täglichen Bedarfs, acht Wochen Ferien für Lernende, wobei den Initiativen jeweils ein direkter Gegenvorschlag aus der Kommission gegenüberstand, sowie eine mit dem Ziel eines Bürgerdiensts für alle. Ein Ja resultierte auch zur Ferienverlängerung – allerdings mit der Einschränkung aus der Kommission, wonach die drei zusätzlichen Wochen optional und unbezahlt seien.
«Es war eine sehr spannende und lebhafte Debatte», hielt Samuel Bärtschi in seinem Schlusswort in der Rolle als Nationalratspräsident fest. Und direkt an die Jugendlichen gerichtet: «Wir hoffen, dass das Suchen nach Argumenten und Gegenargumenten sowie das Knüpfen von Kontakten euch Spass gemacht haben. Ihr habt eure Rolle jedenfalls mit Bravour gemeistert.»



