Das Ringen um den achten Sitz
13.09.2024 Muri, Grosser Rat, Wahlen, Region Wohlen, Region Bremgarten, Region Oberfreiamt, Region UnterfreiamtAusgangslage der Grossratswahlen im Bezirk Muri vom 20. Oktober
Es wird mindestens ein neues Gesicht geben, das den Bezirk Muri im Kantonsparlament in Aarau vertritt. Und das, obwohl die sieben Bisherigen geschlossen zur Wiederwahl antreten. Als Folge des ...
Ausgangslage der Grossratswahlen im Bezirk Muri vom 20. Oktober
Es wird mindestens ein neues Gesicht geben, das den Bezirk Muri im Kantonsparlament in Aarau vertritt. Und das, obwohl die sieben Bisherigen geschlossen zur Wiederwahl antreten. Als Folge des Bevölkerungswachstums erhält der Bezirk einen zusätzlichen Sitz. SVP und Mitte beanspruchen diesen für sich, die anderen Parteien hoffen auf eine Überraschung.
Annemarie Keusch
Es glich einem Erdrutschsieg. Damals vor vier Jahren. Die GLP mit ihrem Spitzenkandidaten Hans-Peter Budmiger war die grosse Gewinnerin des Tages. Im «Wave» in Muri wurde gefeiert. Erstmals wird der Bezirk Muri seit 2021 durch einen GLP-Politiker in Aarau vertreten. Fast 14 Prozent erreicht die Partei damals auf Anhieb. Anders sah die Gemütslage im «Löwen» in Boswil aus. Dort trafen sich die SVP-Mitglieder, auch um Wunden zu lecken. Nach dem Rücktritt der langjährigen Murianer Grossrätin Milly Stöckli konnte der dritte Sitz knapp nicht verteidigt werden. Vier Jahre sind seither ins Land gezogen. Und vor den nächsten Grossratswahlen ist die Ausgangslage anders als noch vor vier Jahren.
Rücktritte gibt es keine zu vermelden. Alle sieben Grossräte – Daniel Urech, Nicole Heggli (beide SVP), Flurin Burkard (SP), Stefan Huwyler (FDP), Franziska Stenico, Ralf Bucher (beide Die Mitte) und Hans-Peter Budmiger (GLP) – stellen sich für eine nächste Legislatur zur Wiederwahl. Und doch ist das Rennen offen. Jenes um den zusätzlichen Sitz, den der Bezirk Muri für die nächste Legislatur erhält.
Nächster Anlauf für Alain Bütler
Auf diesen schielen natürlich mehrere Parteien. Mit vor drei Jahren rund 33 Prozent Wähleranteil und doch nur zwei Sitzen tut dies allen voran die SVP. Präsidentin Nicole Heggli-Boder erklärt: «Unser Ziel ist ganz klar: Wir wollen den dritten Sitz, den wir letztes Mal verloren haben, wieder zurückholen. Dadurch, dass es im Bezirk neu acht Sitze gibt, erachten wir unsere Chancen als sehr intakt. Als wählerstärkste Partei ist es sicher auch naheliegend, dass wir drei Mandate anpeilen.» Daniel Urech (Sins, seit 2015) und Nicole Heggli (Buttwil, seit 2017) streben eine weitere Legislatur an.
Auf dem dritten Listenplatz kandidiert Alain Bütler (Kallern). Vor vier Jahren fehlten ihm auf Nicole Heggli nur 150 Stimmen. Jetzt dürfte das Rennen um den dritten Platz auf der SVP-Liste zwischen ihm und Vivienne Huber (Muri) entschieden werden. Beides junge Politiker, die ihre Ambitionen nicht verstecken und die aktiv Wahlkampf betreiben. Präsidentin Heggli aber betont: «Es sollen jedoch nicht die Bilder am Strassenrand uns zum Erfolg führen, sondern die Erkenntnisse der Wählerinnen und Wähler, dass wir ihre Sorgen ernst nehmen und bereit sind, in Aarau dafür einzustehen.»
Mitte – ohne zu polarisieren
Konkrete Ambitionen auf den zusätzlichen Sitz meldet auch die Mitte an. Für Präsidentin Franziska Stenico-Goldschmied ist klar, dass dafür der Wähleranteil gesteigert werden muss. Sie ist zuversichtlich. «Unsere Partei polarisiert nicht und hat keine Feindbilder. Wir bearbeiten keine Probleme, sondern sehen Aufgaben, die es mit konstruktiven Lösungen zu erledigen gilt. Gemeinsam engagieren wir uns für Freiheit, gleiche Rechte für alle, Solidarität und politische Stabilität im Kanton.» Ihre Partei stehe ein für die direkte Demokratie und eine nachhaltige Energie- und Umweltpolitik.
Ralf Bucher (Mühlau, seit 2013) und Stenico selber (Beinwil, seit 2019) treten als Bisherige an. Mit Daniel Käppeli (Merenschwand) und Jakob Sidler (Sins) folgen hinter ihnen zwei im Bezirk nicht Unbekannte. Wenn die Mitte einen dritten Sitz erkämpfen sollte, dürften sie die grössten Chancen haben, diesen zu besetzen.
SP lanciert den Dienstältesten und Junge
Mit je einem Bisherigen und dem primären Ziel, den Sitz zu verteidigen und Wähleranteile zu steigern, steigen FDP, SP und GLP ins Wahlrennen. Seit 2010 im Amt und damit der langjährigste Grossrat im Bezirk Muri ist Flurin Burkard, Waltenschwil, SP. Und auch er will seinen Sitz verteidigen. Präsidentin Marianne Kürsteiner nennt dies denn auch als Ziel. Im Wahlkampf wolle die Partei vor allem mit thematischen Schwerpunkten überzeugen. «Faire Krankenkassenprämien und eine starke Hausarztversorgung, Klimaschutz und Naturschutz und soziale Gerechtigkeit und Unterstützung von Familien», nennt sie die drei zentralen Themen. Sie ist überzeugt: «Besonders im ländlichen Raum müssen wir dafür sorgen, dass die Hausarztversorgung nicht weiter ausgedünnt wird.» Hinter Burkard dürften viele gespannt sein auf die Resultate der zwei ganz jungen Kandidaten Finn Neiger (2005) und Pavel Novak (2003). Schon vor einigen Monaten betonte Präsidentin Kürsteiner stolz: «Wir verzeichnen einen Zuwachs bei jungen Mitgliedern.»
FDP lässt Sensation nicht ausser Acht
Primär zur Verteidigung des bisherigen Sitzes, aber ohne eine mögliche Sensation ausser Acht zu lassen, steigt die FDP ins Rennen. «Wir sind überzeugt, dass wir mit unserer Liste mit acht kompetenten und motivierten Kandidatinnen und Kandidaten mit unterschiedlichen beruflichen und persönlichen Hintergründen die geeigneten Personen zur Wahl vorschlagen», betont Präsident Tobias Knecht, der hinter dem Bisherigen Stefan Huwyler (Muri, seit 2015) auf dem zweiten Listenplatz kandidiert.
Auch er stellt thematische Inhalte ins Zentrum. «Wir wollen die Sicherheit stärken. Wir kämpfen für Bildung und wir wollen uns ganz gezielt für den Mittelstand einsetzen», betont Knecht. Die acht Persönlichkeiten auf der Wahlliste würden sich für genau diese Ziele einsetzen. Für Knecht ist klar: «Wer FDP wählt, wählt Freiheit und Sicherheit, für ein starkes Freiamt und einen starken Aargau.»
GLP sieht Sitzverteidigung als Minimalziel
Und die grosse Gewinnerin der letzten Grossratswahlen? Präsident Samuel Peyer verkündet eine «sehr gute Verteidigung» des Sitzes von Hans-Peter Budmiger als Minimalziel. «Die Chancen auf einen zweiten Sitz sind klein, aber jedes zusätzliche Prozent hilft auch den anderen GLP-Bezirksparteien», betont er und spricht eine anvisierte Steigerung der Wähleranteile an. Die GLP biete im Bezirk Muri eine ausgewogene und spannende Liste. «Ich hätte persönlich Mühe, jemanden zu streichen, um jemand anderes doppelt zu wählen», betont Peyer.
Das Zugpferd ist der Bisherige Hans-Peter Budmiger (Muri, seit 2021). Mit 2290 Stimmen erzielte er vor vier Jahren das viertbeste Resultat aller Kandidaten – hinter Daniel Urech, Nicole Heggli, Ralf Bucher und Alain Bütler. Ob Marco Meier ein ähnlicher Coup gelingt? Der Sinser Vizeammann ist besonders im oberen Freiamt stark verankert und politisiert neu für die GLP. Präsident Peyer ist zuversichtlich: «Wir vertrauen auf die geleistete Arbeit.»
Grüne wollen Wähleranteil steigern
Seit 2013 und der Nicht-Wiederwahl von Martin Köchli ohne Sitz im Grossrat sind die Grünen. Präsidentin Lea Küng gibt sich kämpferisch. «Aus unserer Sicht fehlt eine grüne Stimme, die den Bezirk Muri vertritt.» Trotz schwieriger Ausgangslage fänden sie es wichtig, dass der Bezirk ausgewogen vertreten sei. Ziel sei es darum, die Wähleranteile zu halten und hoffentlich dazuzugewinnen. Die Grünen treten mit sieben Kandidierenden an, haben die Listenplätze also nicht ganz ausgeschöpft. Hinter Präsidentin Küng (Beinwil) treten mit Corsin Stöckli (Aristau) und Rita Müller (Bünzen) zwei amtierende Gemeinderäte an. Wie die Grünen ihre Ziele erreichen wollen? «Wir versuchen, unser Umfeld zu mobilisieren, sind an Podien im Bezirk und auf der Strasse präsent», betont Küng.
Statistiken
57 Kandidatinnen und Kandidaten stellen sich am 20. Oktober für den Bezirk Muri zur Wahl in den Grossen Rat. Der Frauenanteil liegt dabei bei knapp 39 Prozent – am höchsten ist er auf der Liste der Grünen (57 Prozent), am niedrigsten bei Mitte und FDP (je 25 Prozent). Die 41- bis 50-Jährigen sind mit total 15 Kandidierenden die am stärksten vertretene Altersschicht, 14 Kandidierende sind zwischen 51 und 60 Jahre alt. Drei Personen stellen sich zur Wahl, die 18- bis 20-jährig, sieben, die über 61-jährig sind.
Die kleinen Parteien
Neben den sechs grössten sind auch Kandidierende von vier weiteren Parteien im Bezirk Muri wählbar. Die EVP und die EDU stellen zwei Kandidatinnen und Kandidaten, die LOVB um Theres Schöni, die ebenfalls als Regierungsrätin kandidiert, deren vier. Zwei Namen sind zusätzlich auf der Mass-Voll-Liste zu finden.