«Bier wird noch lange getrunken»
12.12.2025 Region Unterfreiamt, Essen und TrinkenDer Bierkonsum in der Schweiz geht zurück – Was sagt die Erusbacher Brauerei dazu?
Die Braubranche steht vor grossen Herausforderungen, wie Zahlen des Verbands zeigen. Im vergangenen Braujahr ging der Ausstoss um 1,8 Prozent zurück. Auch die Villmerger ...
Der Bierkonsum in der Schweiz geht zurück – Was sagt die Erusbacher Brauerei dazu?
Die Braubranche steht vor grossen Herausforderungen, wie Zahlen des Verbands zeigen. Im vergangenen Braujahr ging der Ausstoss um 1,8 Prozent zurück. Auch die Villmerger Brauerei ist davon betroffen. Trotzdem blickt Mitbesitzer Otto Sorg positiv in die Zukunft.
Chregi Hansen
Die Brauerei Erusbacher & Paul AG in Villmergen konnte im Sommer ihr 25-Jahr-Jubiläum feiern. Und Otto Sorg ist überzeugt, dass seine Firma auch noch das 50-Jahr-Jubiläum erleben wird – den sinkenden Zahlen beim Verbrauch zum Trotz. «Bier wird wohl getrunken, solange es die Menschheit noch gibt. Daher sind wir sicher, dass unser Bier auch in 25 Jahren noch Abnehmer findet», sagt er.
Tatsächlich geht der Bierkonsum in der Schweiz aber zurück, im vergangenen Jahr um insgesamt 1,8 Prozent. 472 Millionen Liter wurden in den vergangenen 12 Monaten getrunken, inklusive der alkoholfreien Biere. Deren Anteil nimmt zu und beträgt neu 7,5 Prozent (Vorjahr: 7 Prozent). Die Zunahme der in der Schweiz gebrauten alkoholfreien Biere beträgt gar 13,7 Prozent. Auch die Villmerger Brauerei hat inzwischen eine alkoholfreie Variante auf dem Markt: «Erusbacher Bräu – das ohni». Und es kommt gut an auf dem Markt. Zusammen mit dem Erusbacher Bräu Urtyp, bier paul 01 und dem Aargauer Bier gehört das alkoholfreie zu den meistverkauften Bieren aus Villmergen.
Bier wurde schon vor 13 000 Jahren getrunken
Otto Sorg ist sicher, dass sich dieser Trend zum alkoholfreien Bier noch eine Zeit lang fortsetzen wird. Aber ob dies auf Dauer sein wird, dahinter setzt er ein Fragezeichen. «Unsere Zeit und ihre Trends sind sehr kurzlebig geworden. Vor zehn Jahren dachte man, dass der Fleischkonsum heute stark eingeschränkt wäre. Alle sprachen nur noch von vegetarisch und vegan oder zumindest Fleischverzicht. Und was ist passiert? Der Fleischkonsum bleibt konstant», macht er einen Vergleich. Und er ist darum sicher, dass Bier auch in Zukunft weiterhin gefragt bleibt.
Schliesslich gilt Bier als ältestes Kulturgetränk der Welt, Funde deuten auf ein Alter von zirka 13 000 Jahren hin und es wurde sowohl im «Codex Hammurabi» (einer der ältesten bekannten Gesetzsammlungen der Welt) wie auch im Gilgamesch-Epos (gilt als ältester literarischer Text der Menschheit) erwähnt. Im «Codex Hammurabi» ist explizit nur von Bierbrauerinnen die Rede – «wie sich die Zeiten ändern», schmunzelt Sorg. Und im Gilgamesch-Epos symbolisiert Bier den Übergang von der Wildnis zur Kultur, was dem Braumeister natürlich auch gefällt.
Zufrieden mit dem Ergebnis
Doch zurück zur Gegenwart. Auch die Erusbacher Brauerei spürt den sinkenden Verbrauch. «Wir hatten ebenfalls einen leicht rückläufigen Ausstoss. Wir sind aber grundsätzlich zufrieden mit dem vergangenen Jahr. Wir konnten einige Neukunden gewinnen und durften auch sehr interessante Feste wie das Nordwestschweizerische Schwingfest beliefern», erklärt der Mitbegründer und Mitbesitzer. Es war das erste Schwingfest, welches Erusbacher beliefern konnte. Und die Rückmeldungen waren durchwegs positiv. «Wir haben super Feedbacks erhalten. Das Aargauer Bier in den 50-cl-Flaschen ist total gut angekommen. Viele Leute haben mich noch Wochen später auf das Schwingfest angesprochen», freut sich Sorg.
Die Brauerei wird darum alles versuchen, auch in Zukunft solche Veranstaltungen beliefern zu können. Zudem findet nächstes Jahr die Fussball-WM statt, auch da erhoffen sich die Villmerger positive Zahlen. «Während Fussballevents wird immer mehr Bier getrunken. Auch wir werden sicher etwas mehr verkaufen können», sagt Sorg. Für das Unternehmen sei aber ein schöner Sommer mit vielen Grillabenden und gelungenen Festen wichtiger. Denn das Wetter hat einen nicht unwesentlichen Einfluss auf den Bierkonsum.
Vermehrt den Weg in den Detailhandel suchen
Was die Zahlen des Verbandes auch zeigen: Die Nachfrage nach Craft-Bieren flacht merklich ab. Stattdessen gewinnen traditionelle Bierstile wie Lagerbiere, Helles, Schweizer Spezial hell und vermehrt Pilsner wieder an Bedeutung und erleben ein Comeback. Auch da ist die Brauerei Erusbacher & Paul AG gut aufgestellt. Zwar habe man sich die Sortenvielfalt auf die Fahne geschrieben und braue gerne neue Bierstile. «Trotzdem sind wir seit unserer Gründung eine traditionelle Brauerei. Unsere meistverkauften Biere sind genau solche traditionelle Sorten», hebt der Braumeister hervor.
In der Marktanalyse des Verbands wird auch darauf hingewiesen, dass die Gastronomie als wichtiger Bier-Absatzkanal unter grossem Druck steht. Vor allem ländliche und getränkelastige Restaurants kämpfen mit schwindenden Gästezahlen und somit um das Überleben. Diesen Rückgang stellt auch die Erusbacher Brauerei fest. Nicht im eigenen Wirtshaus, welches von der Krise nicht betroffen ist, «da läuft es gut», freut sich Sorg. Aber das Villmerger Unternehmen hat bisher einen grossen Teil seiner Biere in die Gastronomie verkauft. Auf deren Schwäche hat man reagiert. So wurden neue Gebinde, beispielsweise ein 4er-Kartonträger für den Detailhandel auf den Markt gebracht. «Im Retail sehen wir eine grosse Chance mit viel Potenzial für uns», so Sorg.
In den Städten gibt es noch das Feierabendbier
Das Bier aus Villmergen hat in den vergangenen Jahren in grösseren Städten (beispielsweise Zürich oder Winterthur) zunehmend an Bekanntheit gewonnen. Spürt die Brauerei einen Unterschied zwischen Stadt und Land? «Da gibt es schon leichte Unterschiede», macht der Inhaber deutlich. So ist das traditionelle Feierabendbier in den Städten noch viel häufiger, auf dem Land ist es inzwischen fast verschwunden. Und in urbanen Gebieten sind Kleinbrauereien besser akzeptiert als auf dem Land. «Aber langsam weichen sich die Unterschiede auf.» Und das Freiamt sei auch fast städtisch.
Insgesamt zieht der Villmerger ein positives Fazit. Dazu gehört natürlich auch das Jubiläum. Das hat der Brauerei zwar viel Arbeit beschert, aber auch viele schöne Momente sowie viel Spass und Zufriedenheit. Der Höhepunkt im Geschäftsjahr war aber ganz klar das Jubiläumsfest. Das wurde vor allem von den Mitarbeitenden getragen. «Wir Firmengründer konnten die zwei Tage im September einfach geniessen und mit den Besuchern unsere Brauerei feiern. Dafür möchte ich mich bei unserem tollen Team bedanken», sagt Otto Sorg.

