Aus Liebe zum Nähen
11.10.2024 Aristau, Region OberfreiamtNatacha Küng aus Aristau lancierte vor rund einem Jahr ihr Start-up «Fadäfreud»
Sie näht leidenschaftlich gerne. Daraus hat Natacha Küng eine Geschäftsidee entwickelt. Anfangs nähte sie auf Kundenwunsch Kinderkleider, mittlerweile ...
Natacha Küng aus Aristau lancierte vor rund einem Jahr ihr Start-up «Fadäfreud»
Sie näht leidenschaftlich gerne. Daraus hat Natacha Küng eine Geschäftsidee entwickelt. Anfangs nähte sie auf Kundenwunsch Kinderkleider, mittlerweile vermietet sie diese. «Fadäfreud» heisst ihr Projekt. «Nachhaltig, funktional und schön», beschreibt sie die Kinderkleider, die sie alle von Hand näht.
Annemarie Keusch
«Ich liebe Füchse», sagt Natacha Küng und hält einen kleinen Pullover in die Höhe. Das sei ihr Lieblingsstoff. Natürlich mit Füchsen darauf. Jö-Effekt garantiert – bei allen Kleidungsstücken, die sie zeigt. Die kleinen Hosen mit den Kordeln, auf denen der Schriftzug «Happy» erstrahlt. Der Body mit Walfischen als Sujet. Es sind nur wenige Stücke von Küngs Sortiment. Aber sie geben Einblick, dass ihr Liebe zum Detail wichtig ist. «Ganz wichtig», betont sie. Pflegeetiketten gibt es beispielsweise keine. «Die jucken und stören doch nur.» Stattdessen sind Grösse und weitere Informationen per Plotter aufgedruckt.
Nähen, das ist seit Langem eine grosse Leidenschaft von Natacha Küng. Als sie 2018 die Nähmaschine ihrer Grossmutter übernehmen konnte, intensivierte sie ihr Hobby, machte eine erste Geschäftsidee daraus. Küng fing an, auf Bestellung Kleider zu nähen – vorwiegend für Kleinkinder. «Schnell verlor ich aber die Freude daran, weil ich nicht mehr so kreativ sein konnte, wie ich das gerne wäre», sagt sie, die aktuell als Pflegefachfrau auf dem Kindernotfall im Stadtspital Triemli arbeitet. Immer wieder liebäugelte sie damit, Kleider zu nähen und diese zu vermieten. «Es brauchte Mut, bis ich diese Pläne in die Tat umsetzte», sagt sie, die sich selber als zurückhaltend bezeichnet.
Viel länger als ein halbes Jahr genäht
Gewagt hat sie es 2022. Geplant war, dass sie innerhalb eines halben Jahres alle Kleider für Kleinkinder der Grösse 56 bis 92 näht und dann mit der Vermietung startet. Rund 20 Kleidungsstücke sind es pro Grösse. «Basic-Kleidungsstücke. Hosen, Bodys, Pullover, Strampler, Shirts, Nachthemden.» Gedauert hat es einiges länger. Sodass sie mit ihrem Projekt erst vor einem Jahr startete. «Das störte mich gar nicht, denn das Nähen machte wieder grossen Spass. Ich konnte wieder kreativ sein», sagt sie. Nicht selten passiere es, dass sie ein Stück Stoff in den Händen halte und vor dem inneren Auge sehe, was daraus entsteht. «Wenn es dann nachher auch wirklich so ist, macht mich das unglaublich glücklich.»
Wieso aber kam sie auf die Idee des Vermietens? «Weil es einfach Sinn macht», sagt sie. Sie habe viele Rückmeldungen erhalten, dass ihre Kleidungsstücke gut ankommen, aber zu teuer seien dafür, dass sie Kleinkinder nur ganz kurze Zeit passen. «Das leuchtete mir ein, aber unter Preis verkaufen wollte ich meine Produkte auch nicht. Zudem macht es ökologisch einfach ganz viel Sinn, solche Kleider zu mieten und nicht zu kaufen.» Kleinkinder wachsen schnell, zudem verlangen unterschiedliche Jahreszeiten andere Kleider. Natacha Küng ist mit ihrer Idee nicht die Erste, ein anderes Startup wagte sich mit ähnlicher Idee gar schon zu «Höhle der Löwen Schweiz». «Was bei mir anders ist: Jedes einzelne Stück ist selbst genäht, 95 Prozent von mir, der Rest von einer Freundin, die strickt.»
Unterschiedliche Reaktionen in der Stadt und auf dem Land
Hinzu komme die Funktionalität. Vor dem Wechsel in den Pflegeberuf hat die 27-Jährige in einer Krippe gearbeitet. «Ich weiss, was praktisch ist», sagt sie. Ein Beispiel? «Wickellisten bei Latzhosen.» Bequem, bunt, praktisch – so beschreibt sie ihre Kinderkleidung. Und wer ein Paket à 5, 10 oder 15 Kleidungsstücken bestellt, erhält solche, die farblich zueinander passen. «Auch das ist ein Detail, worauf ich viel Wert lege.» Wer will, kann aber auch einzelne Kleidungsstücke mieten. Bei beiden Varianten besteht die Möglichkeit, sie immer einzutauschen gegen grössere Kleider.
Vor knapp einem Jahr startete Natacha Küng dieses Projekt. Aktuell seien drei Pakete im Umlauf. «Ja, das ist nicht viel, aber ich bin zufrieden, weil ich erst daran bin, richtig Werbung zu machen.» Auch weil es sie Mut kostet, von ihrem Projekt zu erzählen, obwohl sie hundert Prozent dahintersteht. «Gerade in der Stadt sind viele begeistert», sagt sie. Dort, wo die Welt hektischer ist. Auf dem Land seien die Reaktionen zurückhaltender. «Hier ist es anders, viele haben Freunde und Verwandte ganz nah, tragen deren Kinderkleider nach und das ist auch gut so», findet sie. Denn der ökologische Aspekt ist ihr mit der wichtigste. «Die Kleiderindustrie ist einer der grössten Umweltsünder weltweit.»
Natacha Küng hat grosse Pläne mit «Fadäfreud». Sie spricht davon, ihr Pensum als Pflegefachfrau zu kürzen, um sich noch mehr ihrer Herzensangelegenheit zu widmen. «Aber ich brauche den Kontakt zu den Menschen. Nur an der Nähmaschine zu sitzen, das würde mich nicht erfüllen.» Zwei- bis dreimal wöchentlich nähe sie. Für «Fadäfreud» kommen viele weitere Aufgaben dazu – Werbung, soziale Medien, Verpackungen, Beratungen. «Die Vielfalt machts aus», sagt sie. Und die Kreativität, die sie auf immer neue Ideen kommen lässt. Etwa jene, mehr Stoffwindel-taugliche Kleider zu nähen. «Davon gibt es nicht viele und Eltern, die für ihre Babys Stoffwindeln verwenden, werden immer mehr.» Gleiches gelte für Abhaltekleider. Auch Schlafsäcke aus Wolle sind ein Thema.
Mit Gallseife vorbehandelt
Dass gerade Kleinkinder Kleider schnell verschmutzen, ist nicht neu. Dass es auch Flecken geben kann, die nicht mehr ausgehen, ebenfalls. Wie macht das Natacha Küng, wenn ein Kleiderpaket retourkommt? «Ich schaue mir alles genau an, wasche alles gründlich.» Dass sie dies mit nachhaltigem Waschmittel tut, ist für sie ganz selbstverständlich. Überhaupt sind die Stoffe allesamt von biologischer Qualität und von Schweizer Lieferanten. Zurück zu den Flecken. Sie habe viele Kleidungsstücke mit Gallseife vorbehandelt, sodass nach dem Waschen kaum Flecken übrig bleiben. «Und wenn doch, oder wenn es Löcher von ganz normaler Abnutzung gibt, dann gehört das dazu und ich wälze diese Kosten nicht auf Kundinnen und Kunden ab», betont Natacha Küng, die übrigens auch einen Grossteil ihrer Kleidung selber näht.
Auch wenn «Fadäfreud» noch klein ist, es ist Natacha Küngs Herzensangelegenheit. Entsprechend gehört das Projekt bereits fix zum Alltag. «Es gibt täglich etwas zu tun und im Kopf ist ‹Fadäfreud› sowieso immer», sagt sie. Etwa auf dem Arbeitsweg, den sie von Aristau nach Zürich mit dem E-Bike zurücklegt. «Da fallen mir immer die besten Ideen ein.» Aktuell sei sie beispielsweise daran, Kleidungsstücke nicht nur zur Miete, sondern auch zum Verkauf anzubieten. Die Ideen gehen ihr nie aus. Ob für mögliche Stoffsujets oder für eine Erweiterung ihrer «Fadäfreud».
Mehr Infos: www.fadäfreud.ch

