Alle verhalten optimistisch
13.09.2024 Bremgarten, Grosser Rat, WahlenGrossratswahlen vom 20. Oktober: Die Ausgangslage im Bezirk Bremgarten
Die SVP ist der Favorit. SP, FDP, Mitte, Grüne und Grünliberale kämpfen um die Besitzstandswahrung. Die Grossratswahlen im Bezirk Bremgarten sind im Vorfeld von Kontinuität ...
Grossratswahlen vom 20. Oktober: Die Ausgangslage im Bezirk Bremgarten
Die SVP ist der Favorit. SP, FDP, Mitte, Grüne und Grünliberale kämpfen um die Besitzstandswahrung. Die Grossratswahlen im Bezirk Bremgarten sind im Vorfeld von Kontinuität geprägt. 14 Bisherige kandidieren erneut. Zwei Bisherige treten nicht mehr an: Roland Büchi aus Wohlen (SVP) und Gabriel Lüthy aus Widen (FDP) beenden ihre Grossratskarriere.
Daniel Marti
Funktioniert der Bonus für die Bisherigen und diese schaffen die Wiederwahl, dann gibt es im Bezirk Bremgarten am 20. Oktober lediglich zwei neue Grossratsmitglieder zu feiern. Denn von den 16 Grossrätinnen und Grossräten treten 14 zur Wiederwahl an. Diese (gewagte) Prognose trifft am ehesten ein, wenn es zu keinen Sitzverschiebungen kommen wird.
Die momentane Sitzverteilung zeigt folgendes Bild: SVP 6 Sitze, SP 2, FDP 2, Mitte 3, Grüne 1, Grünliberale 2. Gut möglich, dass es kaum Verschiebungen gibt. Am ehesten scheint ein Sitzgewinn der SVP möglich zu sein. Die Volkspartei ist bei den letzten drei Grossratswahlen immer bei sechs Sitzen gelandet. Neben der SVP geben sich die Parteien betreffend möglichen Sitzgewinn eher verhalten. Einzig die Grünliberalen träumen ein wenig von der Steigerung von zwei auf drei Sitze. Und die FDP erhofft sich die gleiche Steigerung.
Vor vier Jahren verloren SP und FDP je einen Sitz (von zwei auf drei). Mitte und Grünliberale gewannen je ein Mandat. Die Mitte schnappte diesen Sitz der FDP hauchdünn weg.
SVP sieht Sitzgewinn in Griffnähe
Zur wählerstärksten Partei. Bei der SVP gibt man sich verhalten optimistisch. «Als Wahlziel hat die Wahlleitung den Gewinn von drei Prozent Wähleranteilen und den Erhalt der sechs Sitze vorgegeben», sagt Wahlkampfleiter Mario Gratwohl auf Anfrage. «Wenn alles rund läuft, liegt der Gewinn des siebten Sitzes durchaus in Griffnähe.»
Bei den Themen setzt die Volkspartei auf Altbewährtes. Sie wolle die Bevölkerung zum Thema «importierte Kriminalität stoppen» sensibilisieren. «Die Gewalt und die Vermögensdelikte durch Migranten steigen auch im Aargau enorm, viele fühlen sich im eigenen Land nicht mehr sicher. Das muss geändert werden», betont Gratwohl.
Die Ziele will die Partei mit einer starken Liste erreichen. Fünf von sechs Bisherigen treten wieder an: Christoph Hagenbuch (Oberlunkhofen), Roland Vogt (Wohlen), Walter Stierli (Fischbach-Göslikon), Mario Gratwohl (Niederwil) und René Bodmer (Unterlunkhofen) belegen in dieser Reihenfolge die ersten fünf Listenplätze. Mit den besten Aussichten gehen auf den folgenden Plätzen Daniela Kramer (Tägerig), Claudio Müller (Hermetschwil-Staffeln) und Daniel Burch (Jonen) ins Wahlrennen.
Auf eine erneute Kandidatur verzichtet Roland Büchi, der Bisherige aus Wohlen kandidiert nicht mehr für eine Wiederwahl.
Zwei spezielle Fakten sind bei der SVP anzusiedeln: Christoph Hagenbuch war vor vier Jahren mit 6255 Stimmen der bestgewählte Grossrat im Bezirk Bremgarten, vor dem Wohler Roland Vogt (6202) und Walter Stierli (5831). Wird der Fischbach-Gösliker Stierli erneut gewählt, wäre er der dienstälteste Grossrat in Aarau. Seit 2001 ist er im Kantonsparlament vertreten.
SP will soziale Stimme im Freiamt stärken
Als Gegenpol zur Volkspartei sieht sich die SP, die zwei Sitze zu verteidigen hat. «Die SP Bezirk Bremgarten möchte die soziale Stimme im Freiamt stärken und mit unseren Themen wie der Gesundheitsversorgung in der Region, dem Klimaschutz, der Bildung und dem Service public präsent sein», sagt Bezirksparteipräsident Sandro Covo. «Und wir wollen einen Grossen Rat, der sich für die Stärkung der Kaufkraft der Menschen einsetzt.»
Die Sozialdemokraten setzen dabei laut Covo auf den klassischen Wahlkampf mit Plakaten und Standaktionen. «Zusätzlich zählen wir auf das Engagement unserer Mitglieder, um ihr persönliches Umfeld zu mobilisieren.»
Die Liste wird angeführt von den beiden Spitzenkräften Arsène Perroud, Gemeindeammann von Wohlen, und Stefan Dietrich, der Bremgarter ist Co-Präsident der SP Aargau. Hinter diesen beiden Bisherigen folgt an dritter Position Laura Pascolin, sie ist eine Art Hoffnungsträgerin der Sozialdemokraten, Pascolin ist Einwohnerrätin und Präsidentin der SP Wohlen, gefolgt auf Position vier von Simone Allenspach, Wohler Einwohnerrätin, die in Anglikon wohnt.
FDP: Ein Bisheriger und vielfältige Liste
Bei der FDP gibt man sich leicht optimistisch. «Die FDP hat das Ziel, ihren Wähleranteil zu steigern und damit den dritten Sitz zurückzugewinnen», betont Parteipräsidentin Susan Diethelm. Sie verweist auf «eine ausgewogene Liste mit hervorragenden und sehr engagierten Kandidatinnen und Kandidaten». Das wichtigste Wahlkampftool sind laut Diethelm die Standaktionen im ganzen Bezirk, «um direkt mit den Bürgerinnen und Bürgern in Kontakt zu treten und auch ihre Anliegen erfahren zu können».
Den Sprung von zwei auf drei Sitze wollen die Freisinnigen mit top motivierten Personen schaffen. «Die Kandidierenden setzen sich für einen starken und sicheren Aargau und dessen Einwohnerinnen und Einwohner ein», betont Susan Diethelm.
Die Freisinnigen treten nur mit einem Bisherigen an. Gabriel Lüthy aus Widen, er ist seit 1. Dezember 2015 im Kantonsparlament, verzichtet auf die Wiederwahl. Den Listenplatz eins nimmt Silvan Hilfiker (Jonen) ein. Und auf Listenplatz zwei wagt Lucia Ambühl-Riedo ein Comeback. Die Sarmenstorferin war im Jahr 2020 Grossrätin und strebt nun ihre Rückkehr nach Aarau an.
Die FDP-Liste strotzt vor allem vor Vielfalt. Auf Position drei will Wohlens Finanzministerin Denise Strasser einen Anlauf nach Aarau nehmen. Dahinter folgt Urs Schlatter aus Hilfikon, dann Spitaldirektor Peter Werder aus Hermetschwil. Bemerkenswert sind die Plätze 6 und 14. Sarmenstorfs Gemeindeammann Mäni Baur kann im Wahlkampf auf starke Männer zählen. Wer kann schon von sich behaupten, auf den Wahlplakaten mit Eidgenossen zu posieren. Baur hat die Döbeli-Schwinger an seiner Seite. Auf Listenplatz 14 strahlt die Ex-Miss-Schweiz Jenny Gerber aus Oberwil-Lieli.
Mitte will den dritten Sitz unbedingt verteidigen
Zur Mitte, die vor einem spannenden Wahlkampf steht. «Mit drei Sitzen ist die Mitte in unserem Bezirk die zweitstärkste Partei. Mit Unterstützung der Wählerschaft soll es dabei bleiben», sagt Harry Lütolf voller Selbstbewusstsein. Lütolf ist amtierender Grossrat, Vizepräsident Mitte Bezirk Bremgarten und Wohler Einwohnerrat – also ein Polit-Profi. Und er hat ein «Verkaufsargument» bereit: «Wir haben eine starke Liste zusammengestellt. Mit Persönlichkeiten, die über einen langjährigen, in der Region sichtbaren und wirkungsvollen Leistungsausweis verfügen. In unterschiedlichen öffentlichen und privaten Gremien leisten unsere Kandidierenden täglich ihren Beitrag am Dienst für unsere Gesellschaft.» Keine andere Partei vereinigt auf ihrer Liste «so viel Erfahrung und Gestaltungskraft» wie die Mitte.
Trotzdem: Vor vier Jahren holte sie den dritten Sitz hauchdünn. Wenn es der Mitte nicht gelingen sollte, diesen dritten Sitz zu verteidigen, würde es zu einer Abwahl kommen. Denn alle drei Bisherigen der Mitte – Rita Brem-Ingold, Karin Koch Wick, Harry Lütolf – treten wieder an. Wie geht man damit um? Lütolf spricht in Absprache mit Karin Koch Wick und Rita Brem-Ingold. «Wir drei sind gerne im Grossen Rat. Als eingespieltes Team könnten wir in den nächsten vier Jahren noch mehr erreichen. Letztlich entscheidet natürlich die Wählerschaft über den Einsitz im Kantonsparlament.» Dies könnte auch bedeuten, «dass wir Bisherigen von anderen starken Persönlichkeiten auf unserer Liste überholt werden», so Lütolf. «Wir können damit umgehen. Denn jede und jeder auf unserer Liste hat es verdient, in den Grossen Rat gewählt zu werden.»
Die Listenspitze zieren die drei Bisherigen. Karin Koch Wick, die Bremgarterin ist Co-Präsidentin der Mitte Aargau, ist auf Listenplatz eins, gefolgt von Harry Lütolf (Wohlen) und Rita Brem-Ingold (Oberwil-Lieli). Dies entspricht auch dem Resultat vor vier Jahren, als Koch Wick am meisten Stimmen erhielt (3859), vor Lütolf (3773) und Brem-Ingold (2682).
Auf den nächsten Listenplätzen folgen hoffnungsvolle Kräfte. Der Reihe nach: Michael Eichholzer (Oberlunkhofen), Marlen Schmid (Hägglingen), Stefanie Dietrich (Wohlen), Jacqueline Wick (Bremgarten) und Sonja Isler-Rüttimann (Wohlen).
Grünliberale liebäugeln mit Glück mit drittem Sitz
Recht optimistisch geben sich die Grünliberalen. Dominik Peter, ehemaliger Grossrat und Präsident der Bezirks-GLP, gibt als primäres Wahlziel an, die zwei bisherigen Sitze zu verteidigen. «Mit etwas rechnerischem Glück reicht es vielleicht für einen dritten Sitz.» Erst vor vier Jahren steigerte sich die GLP von einem auf zwei Sitze – auf Kosten der SP. «Wir setzen darauf, dass wir mittlerweile nicht nur als junge, dynamische Partei wahrgenommen werden, sondern ein verlässlicher Partner in wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und Umweltfragen sind.» Die politische Arbeit der letzten Jahre sei «die glaubwürdigste Art der Werbung. Auch wenn unser Stil weniger reisserisch ist, versuchen wir kompetent und ehrlich uns den Aufgaben des Staates zu stellen.»
Die Grünliberalen steigen mit ihren beiden Spitzenkräften, mit den beiden Bisherigen, in den Wahlkampf: Lukas Huber (Berikon) und Annetta Schuppisser (Bremgarten). Auf Listenplatz drei folgt mit Julia Frischknecht eine junge und hoffnungsvolle Kraft. Sie ist amtierende Vizepräsidentin des Einwohnerrats Wohlen. Auf Platz vier ist der Sarmenstorfer Ramon Winterberg zu beachten.
Die Grünen hadern
Während die Grünliberalen in guter Stimmung sind, trifft das bei den Grünen eher weniger zu. «Nicht nur in Bremgarten sind wir Grünen aufgrund der politischen Lage unter Druck», seufzt Markus Dietschi, Co-Präsident Grüne Bezirk Bremgarten, «in ganz Westeuropa sind Kräfte im Aufwind, die Mitverantwortung ablehnen, nötige finanzielle Mittel blockieren und Sündenböcke, Ausländer, Grüne und andere verantwortlich machen. C’est la vie.» Die Wahlziele der Grünen sind deshalb einfach zu formulieren. Man wolle «primär das Mandat von Hannes Tobler verteidigen und sekundär den Anteil der Wählenden steigern».
Bei aller Zurückhaltung geben sich die Grünen trotzdem kämpferisch. Dietschi: «Die Massnahmendefizite beim Klimaschutz, bei der Energieversorgung, beim überbordenden Verkehr, aber auch bei der Bildung zeigen, dass mehr grüne Köpfe in Aarau zwingend nötig sind. Deshalb streben wir sekundär ein zweites grünes Mandat an.» Dies zu erreichen, sei schwierig wegen der politischen Lage mit Kriegen in und um Europa. «Wir versuchen deshalb, Passivwählende zu mobilisieren. Dazu gehen wir auf die Strasse und sprechen die Menschen persönlich an.» Geworben wird vermehrt bei den ÖV-Nutzenden, in Bahn und Bus.
Der Spitzenkandidat der Grünen ist der Bisherige Hannes Tobler aus Unterlunkhofen. Ab Listenplatz zwei folgen Aline Rey (Oberwil-Lieli), Thomas Schüepp (Unterlunkhofen) und der Wohler Einwohnerrat Patrick Schmid. Die Grünen präsentieren wie die grossen Parteien eine volle Liste mit 16 Kandidierenden.