Zentrumslos und doch vielfältig
27.02.2024 WohlenInnenansicht von Wohlen
Die Auswertung der Online-Umfrage zum Räumlichen Entwicklungsleitbild Wohlen ist erstellt. 271 Personen haben an der Umfrage des Büros Kontextplan AG teilgenommen – und somit eine Innenansicht von Wohlen abgegeben. Die ...
Innenansicht von Wohlen
Die Auswertung der Online-Umfrage zum Räumlichen Entwicklungsleitbild Wohlen ist erstellt. 271 Personen haben an der Umfrage des Büros Kontextplan AG teilgenommen – und somit eine Innenansicht von Wohlen abgegeben. Die Lebensqualität wird als gut beurteilt. Das Ortszentrum sehen 88 Prozent der Befragten als unattraktiv. Die Villa Isler und das Schlössli sind die Lieblingsorte. --dm
Räumliches Entwicklungsleitbild: Auswertung der Umfrage, an der sich 271 Personen beteiligten
Die Lebensqualität ist gut, das Zentrum ist jedoch unattraktiv und historisch geprägte Orte sind Lieblingsorte. Dies ist die Erkenntnis einer Umfrage in der grössten Freiämter Gemeinde. Die Umfrage zählt zum Projekt «Räumliches Entwicklungsleitbild Wohlen» und ist auch eine Innenansicht der Menschen, die in Wohlen wohnen.
Daniel Marti
Die Umfrage soll ein Stimmungsbild vermitteln. Sie soll die Qualitäten, Potenziale und Eigenheiten von Wohlen aufzeigen – und sie soll die fachliche Analyse ergänzen. Insgesamt haben sich an der Umfrage 271 Personen beteiligt (siehe Kasten). Zu den wichtigsten Erkenntnissen: Die Wohlerinnen und Wohler bezeichnen die Lebensqualität in ihrem Wohnort als gut. Vor allem die Einkaufsmöglichkeiten und die verkehrliche Erschliessung werden positiv gewertet. Wohlen ist «multikulti» und «das Zusammenleben funktioniert gut», heisst es in der Auswertung. Es fehle allerdings an Freiräumen und Treffpunktmöglichkeiten.
75 Prozent der Befragten betrachten die Lebensqualität positiv, und am häufigsten wurde diese mit der Note 5 beurteilt. Weil auch ein paar ungenügende Noten verteilt wurden, liegt der Durchschnitt aller Bewertungen bei 4,2. Siedlungsqualität sei auch Lebensqualität, wird in der Analyse gefolgert.
Attraktives Ortszentrum? Totale Fehlanzeige
Und die negative Beurteilung des Zentrums kommt auch nicht überraschend. Das Regionalzentrum Wohlen wird zwar von etlichen Befragten als «Zentrumsgemeinde» bezeichnet, gleichzeitig wird Wohlen als «zentrumslos» beschrieben. 88 Prozent sind der Meinung, dass Wohlen kein attraktives Ortszentrum hat. Darum kommt diese Problematik auch bei der Charakterbeschreibung zum Tragen. «Mit welchem Begriff würden Sie Wohlen beschreiben?», wurde gefragt. Es wurden total 658 Begriffe genannt. Mit 24 Nennungen belegt «multikulti» den Spitzenplatz, gefolgt von «Verkehrsüberlastung» (21), «zentrumslos« (20), «zentral» (19), «vielfältig» (18), «Zentrumsgemeinde» (17), «praktisch» (16) und «Heimat» (12).
Und noch ein negativer Punkt. Welches sind die «Unorte», die der Bevölkerung am wenigsten gefallen? Bahnhof, Bahnhofplatz und diverse Orte an der Zentralstrasse und der Bahnhofstrasse.
Die Favoriten: Bünz, Wald, Cholmoos, Isler-Villa
Zurück zum Positiven. Es gibt sie, die Lieblingsorte. Rund die Hälfte davon befinden sich ausserhalb des Siedlungsgebietes. Dies sind diverse Orte im Wald und entlang der Bünz. Aber auch der Waldweiher «Cholmoos» geniesst einen hohen Stellenwert wie auch der Vita-Parcours und der Aussichtspunkt Alpenzeiger. Die Natur gilt als Ausgleichsort. Und dort geht man auch gerne spazieren. Auch im Siedlungsgebiet gibt es klare Favoriten: Isler-Areal, Strohmuseum, Sternenplatz und die Sportanlagen.
Eine weitere Folgerung des Büros Kontextplan AG, das die Umfrage durchführte, ist bemerkenswert: «Geschichte prägt und wird gezeigt.» Denn mehrere geschichtlich geprägte Orte gehören zu den Lieblingsorten der Befragten und sind gleichzeitig gerne besuchte Kulturstätten. Viele der historischen Gebäude gefallen auch baulich. Vor allem die Isler-Villa mit dem Strohmuseum sei beliebt und sie würde auch gerne einem Gast bei einem Besuch gezeigt werden. Bei dieser Hitliste folgen das Schlössli und die Liegenschaft Bärengässli 9 mit dem Restaurant Marco Polo auf den weiteren Podestplätzen, noch vor der katholischen Kirche, Kirchenplatz und «Sternen».
Ein Kino wird sehr vermisst
Auch der Grossteil der kulturellen Angebote befinden sich im Zentrum: Erwähnt wurden vor allem Sternensaal, Isler-Villa, Chappelehof, Isler-Areal, Casino und Schlössli. Am meisten fehlt jedoch ein Kino in Wohlen. Die Umbauarbeiten beim ehemaligen Kino Rex sind bekanntlich stillgelegt. 162 Personen (oder 60 Prozent) erwähnten das fehlende Kino. Rund die Hälfte der Befragten wünscht sich allgemein mehr «selbst bespielbare Orte oder Räume». Konzert und Theater stehen auf der Wunschliste.
Eher überraschende Erkenntnisse gibt es bei der Mobilität. Knapp zwei Drittel der Befragten sind innerhalb der Gemeinde am häufigsten zu Fuss unterwegs oder mit dem Velo. Und 31 Prozent legen die meisten Wege, wenn sie in Wohlen unterwegs sind, mit dem Auto zurück. Das wäre dann der viel zitierte hausgemachte Verkehr.
Einkäufe werden in Wohlen gemacht
Die Befragten konnten auch problematische Situationen beschreiben. Es wurden total 563 solcher Beschreibungen gesammelt. Diese wurden verkehrsmittelübergreifend im Zentrum verortet. Am meisten problematische Situationen entstehen für Velofahrer (191), gefolgt von den Kategorien Auto/Motorrad (181) und Fussgänger (146). «Bei den Verkehrsmitteln Velo und Auto sind deutliche Überschneidungen erkennbar, insbesondere im Kirchenrain», heisst es in der Auswertung.
Die Erreichbarkeit von Angebotsund Versorgungsorten in unter fünf Minuten und zu Fuss ist nur für wenige Befragte wichtig. Vor allem die ÖV-Haltestellen sollen für mehr als die Hälfte der Befragten (59 Prozent) weniger als fünf Minuten zu Fuss entfernt sein. 227 Befragte haben im Schnitt zwei oder drei Orte, wo sie ihre Alltagsbesorgungen machen. Die grosse Mehrheit erledigt die Einkäufe in Wohlen – und zwar im Zentrum, das als «unattraktives Zentrum» eine Aufwertung erfahren sollte.
20 von 24 Quartieren dabei
Insgesamt haben sich an der Umfrage 271 Personen beteiligt. Diese Personen verteilen sich auf 20 von 24 Quartieren, einzig die Quartiere Ferro/Industrie, Rigacker, Seewadel und Wilermoos haben sich an der Umfrage nicht beteiligt. Am meisten haben sich die Quartiere Rebberg und Zentrum (je 14 Prozent) beteiligt, gefolgt von Junkholz, Oberdorf, Aesch, Anglikon, Farn und Halde.
Die Altersgruppe der 35- bis 44-Jährigen war bei der Umfrage am häufigsten vertreten (17 Prozent), gefolgt von den 45- bis 54-Jährigen und der Altersgruppe der 26bis 34-Jährigen. Fast die Hälfte der Befragten ist Vollzeit beschäftigt (45 Prozent).
Weil die grosse Mehrheit der Befragten seit mehr als zehn Jahren in Wohlen wohnt (183 oder 62 Prozent), darf sehr wohl von einer Innenansicht gesprochen werden. Diese Personen wohnen wegen dem Wohneigentum (62 Prozent) und/oder wegen dem sozialen Umfeld (54 Prozent) in Wohlen. Rund ein Drittel der Befragten gab an, dass sie wegen der Angebotsvielfalt (Versorgung, Freizeit) in der grössten Freiämter Gemeinde wohnen. --dm