«Wo so mängs Fäschtli stiigt»
28.06.2024 WohlenFeierhütte voller Geschichten
Erinnerungen an die besondere Fröschenteich-Waldhütte, die am 6. Juli ihr Jubiläum feiert
Traugott Gretler war vor 60 Jahren dabei, als die legendäre Hütte gebaut wurde. Seine Geschichten ...
Feierhütte voller Geschichten
Erinnerungen an die besondere Fröschenteich-Waldhütte, die am 6. Juli ihr Jubiläum feiert
Traugott Gretler war vor 60 Jahren dabei, als die legendäre Hütte gebaut wurde. Seine Geschichten sind fesselnd.
Stefan Sprenger
Es ist ein magischer Ort, wo schon viele Menschen angeschwipst waren. Die Waldhütte Fröschenteich ist nicht nur eine Waldhütte, sondern es ist ein ganz besonderer Bau im Wohler Wald. Es ist die einzige Waldhütte der Welt mit eigenem Bahnhof. In jener Hütte sassen während den Festivals schon Weltstars. Doch wer die richtig tollen Geschichten hören will, der muss mit Traugott Gretler reden. Er ist 86 Jahre alt, hat drei Söhne, war früher Schreiner. Er sei schon «siner Läbtig» ein «Oberdörfler». Und deshalb war er 1964 dabei, als die Waldhütte gebaut wurde. 350 Meter Telefonstangen wurden gekauft – und damit die Hütte errichtet. Als man den Keller einbaut, stösst man auf altes Mauerwerk, das von einem Archäologen untersucht wird. Es handelt sich wohl um einen mittelalterlichen Hof. Schon der Bau beinhaltet viele spannende Geschichten. Aber so richtig fesselnd wird es, wenn Traugott Gretler loslegt und von wilden Abenden erzählt, von brennenden Klavieren und von einem Töfflibuben, der einst die Hütte anzündete. Da staunt sogar Erik Amsler, Präsident des Vereins Waldhütte Fröschenteich. «Diese Geschichten sind ein Teil dieser legendären Hütte», sagt Amsler und freut sich auf das bevorstehende Waldfest und Jubiläum am 6. Juli. Dann kommen wieder Hunderte Menschen und tun bei dieser Hütte das, was man hier am besten kann: feiern und eine gute Zeit erleben.
Die besondere Geschichte der Waldhütte Fröschenteich wird 60 Jahre alt und feiert am 6. Juli – Traugott Gretler erinnert sich
Was wurde hier schon gespielt, musiziert und gefeiert. Dieser Ort hat einen ganz besonderen Charme. Und am 6. Juli wird darauf angestossen. Und wer Glück hat, kriegt einen Vers von Traugott Gretler zu hören.
Stefan Sprenger
45 Personen haben sich in die Waldhütte gepresst. Eigentlich wäre sie mit 20 Menschen schon voll. Doch es ist ein besonderer Abend im Winter 1978. Denn ein bärtiger Mann kommt und dichtet seine philosophischen Verse. Traugott Gretler hat sich als Samichlaus verkleidet und spricht am Höck des Vereins Waldhütte Fröschenteich. Es war nur ein Jahr nach einem verheerenden Brand 1977: «De Samichlaus chunt i sim Bricht, ietz uf en ganz e bösi Gschicht. Im Christmonet vom letschte Johr, wär euchi Hötte doch bem Hoor, abebrönnt bis ufe Grund. Do het doch so e miese Hund, Benzin in Aabou inegleert, und eu e Höttebrand beschert.» Der besagte Brand ist schon viele Jahre her. Ein 14-Jähriger fuhr mit seinem Töffli zur Waldhütte Fröschenteich und zündete sie mithilfe von Benzin an.
«Hier waren schon viele Menschen angeheitert»
Die Spuren davon waren beim Küchenumbau im Frühling 2024 noch ersichtlich. «Hinter der Küchenkombination war alles schwarz», sagt Erik Amsler, Präsident des Vereins der Waldhütte. Er hat gemeinsam mit dem ganzen Verein dafür gesorgt, dass man mithilfe von Sponsoren diesen notwendigen Umbau auch finanziell schafft. «Als wir Menschen suchten, die etwas dazu beitragen, klappte das bestens. Es hat mir gezeigt, wie wichtig dieser Ort ist und wie sehr die Menschen ihn schätzen», sagt Amsler. Und deshalb gibt man sich auch grösste Mühe, diese besondere Hütte und den idyllischen Platz in Schuss zu halten. Fünfmal im Jahr treffen sich die rund 20 Vereinsmitglieder zum Holzen, damit die Mieter der Waldhütte auch Holz haben. Und einmal im Monat gibt es einen Höck, damit der Spirit der «Oberdörfler» und der Leute der Oberen Halde weiterhin besteht.
1963 war Spatenstich. 1964 Einweihung der Waldhütte. Doch schon Jahrhunderte früher haben Menschen anscheinend entdeckt, dass an diesem Ort im Wald eine ganz wundervolle Schwingung herrscht. Bei der Erstellung des Kellers entdeckte man Mauerwerk eines mittelalterlichen Hofes. Den Überlieferungen zufolge reicht die Geschichte der Waldhütte in die 1930er-Jahre zurück. Damals spielten die Kinder der Oberen Halde in dieser Gegend. Als diese Kinder dann mehr und mehr erwachsen wurden, traf man sich weiterhin dort. Man veranstaltete Wettkämpfe mit der Steinschleuder, spielte Fussball und feierte das Leben in feuchtfröhlichem Beisammensein. «Hier waren schon viele Menschen angeheitert», sagt Traugott Gretler lachend. Doch von den kuriosen Rauschgeschichten soll er erst später erzählen dürfen.
Das brennende Klavier
Gretler ist einer der wenigen Menschen, die damals beim Bau mitgeholfen haben und noch davon erzählen können. «Toll» sei sie gewesen, «diese Zeit». Gretler erzählt vom «Znüni-Meyer» und vom «Schlosser-Gusti», die beide auch angepackt haben. Und vom «Gofi», der nicht mithalf, weil er wegen einer Liebesgeschichte in Südafrika war. Gretler erzählt von den alten Telefonstangen, die für die Aussenwände verwendet wurden, und davon, unter welchen erzählenswerten Umständen die Hütte zu ihrem eigenen Wasseranschluss gekommen ist. Man kann nicht alle Geschichten an dieser Stelle erzählen, es würde den Rahmen sprengen.
Aber die Einweihungsfeier ist definitiv eine Geschichte, die man erzählen muss. Vom Heuboden der Sterneschüür holte man damals ein Klavier. Max Bollier spielte dann vor zahlreichen Beizen im Dorf das Stück «Machen wirs den Schwalben nach» – und es gab überall mindestens ein Bier. Das Ende dieser rauschvollen Geschichte ist dann bei der Waldhütte beim Fröschenteich. Dort wurde das Klavier verbrannt und den Mythen zufolge soll er noch gespielt haben, bis ihm die Flammen durch die Fingerspalten sprühten. Übrigens wurde später nochmals ein Klavier verbrannt, deshalb hängen heute auch zwei Klavier-Pedalen in der Waldhütte.
Der frühere Schreiner Traugott Gretler – der als Ehrenkammerer 1996 «Traugi de Holzwurm» genannt wurde – konnte mit seinen Fähigkeiten natürlich bestens mithelfen beim Bau. Und mit ihm Dutzende weitere Männer, die dann abends jeweils in gemütlicher Runde lachten und das Leben genossen. In den vergangenen 60 Jahren haben wohl viele Menschen, Vereine oder Weltstars (während den Festivals) hier eine gute Zeit erlebt.
Wie immer: Cooler Sound und heisse Hühner
Und so wird es auch am Samstag, 6. Juli, sein. Dann ist wieder Waldfest, 60-Jahr-Jubiläum. Wie immer: «Cooler Sound und heisse Hühner», denn es gibt Live-Sound von Win-Music und natürlich wieder knusprige Güggeli. Und auch die Freunde des Fussballs kommen an der Euro-Bar auf ihre Kosten und können die Halbfinals geniessen. Und – wie schon seit 1968 – wird die BD-Bahn im Halbstundentakt bei der Haltestelle Fulenbach anhalten. Das einzige Waldfest der Welt mit eigener Haltestelle.
Apropos: Als 1977 die Hütte in Flammen stand, nahm die Geschichte ein halbwegs glückliches Ende, denn die Hütte brannte nicht vollends nieder, sondern könnte gelöscht werden. Und dies dank eines Zugchauffeurs. Dazu der Vers von Samichlaus Gretler, den er 1978 vorgetragen hat und noch heute (!) auswendig weiss: «E Trämler vo de BDB, het be Ziit sFüür de gseh, und het ohni langi Gschichte, chönne de Füürwehr brichte. So sitzid ehr, düend druf eis schütte, höt emmerno i euer Hötte. Drum müend di Dicke und di Schlanke, am Trämler und am Herrgott danke, dass er für eu so guet tuet walte und eu di Hötte het erhalte.»
Diese Hütte, dieser idyllische Ort beim Fröschenteich, es ist etwas ganz Besonderes. Das weiss Vereinspräsident Erik Amsler, das weiss auch der 86-jährige Erbauer Traugott Gretler. An diesem Ort wurden schon viele Feste gefeiert, gelacht, getrunken. Sie beide sprechen einen Dank aus an alle, die mitgeholfen haben, dass diese Waldhütte gebaut und belebt wurde. «Ein magischer Fleck», sagt Erik Amsler. Samichlaus Traugott Gretler drückt sich mit einem philosophischen Vers aus, der über 40 Jahre alt ist und Bezug nimmt auf die Brandnacht 1976. Damals beendete er seine Ansprache mit den Worten: «Wo Lieder und wo Frohsinn siegt, wo so mängs schön Fäschtli stiigt, wer öpis so kaputt wot mache, dem fehlts im Chopf, sesch ned zum Lache.»
Waldfest am 6. Juli. Weitere Informationen zur Geschichte und zum Verein unter: www.froeschenteich.ch.