«Wir sind eben Freiämter»
09.06.2023 Benzenschwil, Region OberfreiamtAm 23. Juni beginnt das Aargauer Kantonalschützenfest – das Festzentrum entsteht in Benzenschwil
8000 Schützinnen und Schützen, total 10 000 Festbesucher. Das Aargauer Kantonalschützenfest im Bezirk Muri ist ein Grossanlass. Ein weiterer in einer ...
Am 23. Juni beginnt das Aargauer Kantonalschützenfest – das Festzentrum entsteht in Benzenschwil
8000 Schützinnen und Schützen, total 10 000 Festbesucher. Das Aargauer Kantonalschützenfest im Bezirk Muri ist ein Grossanlass. Ein weiterer in einer festerprobten Region. Der Aufbau des Festzentrums schreitet planmässig voran. «Das Freiamt ist mehr als eine Region, fast schon eine Familie», sagt OK-Co-Präsidentin Milly Stöckli.
Annemarie Keusch
Wie in einem Ameisenhaufen geht es beim Schützenhaus in Benzenschwil nicht zu und her. «Das Areal ist klein, grosse Mengen an Menschen helfen nicht», sagt Stefan Furrer, der im OK für das Aargauer Kantonalschützenfest für die Logistik verantwortlich ist. Es geht vorwärts. Das Bäumchen am grossen Festzelt, als Zeichen für die Aufrichte, ist montiert. «Wir sind im Fahrplan», sagt OK-Präsident Beat Brun. Und obwohl es beim Aufbau nicht die grossen Massen an Helfern braucht, ist Furrer froh um die Unterstützung des Zivilschutzes. «Ohne diesen wäre es nicht möglich.» Während dreier Wochen für den Aufbau und einer für den Abbau stehen täglich mindestens 20 Personen im Einsatz. Am Schluss werden es 5000 Mannstunden sein, während deren das Festzentrum aufgestellt wurde. Das Zentrum, von dem die Organisatoren anfangs träumten, ist also dabei, Realität zu werden.
Wenn es in zwei Wochen losgeht, wird das Bild beim Festzentrum in Benzenschwil eher jenem eines Ameisenhaufens ähneln. Dann, wenn die Schützinnen und Schützen aus der ganzen Schweiz ins Freiamt kommen. 8000 haben sich mittlerweile angemeldet. «Wir rechneten anfangs mit 6000 und mussten nach der Pandemie gar befürchten, dass es noch weniger sind. Entsprechend glücklich sind wir», sagt OK-Präsident Brun. Allesamt lassen sie im Festzentrum ihre Sportgeräte kontrollieren, bevor sie ins Schützenhaus nebenan oder in eines der zehn Schützenhäuser im Bezirk gehen, um ihre Programme zu absolvieren. «Alle Schützenhäuser sind nahe am Festzentrum, ein weiterer grosser Vorteil unseres Kantonalschützenfestes», sagt Brun. Nach dem Schiessen kommen wieder alle für die Abrechnung nach Benzenschwil.
Weiterhin helfende Hände gesucht
Aber nicht nur die Schützen sollen das Festzentrum beleben. «Wir wollen der gesamten Bevölkerung etwas bieten», sagt Beat Brun. Fast täglich sorgt ein Abendprogramm für Unterhaltung. Der Biergarten und das grosse Festzelt stehen allen offen, etwa für einen Blick in den Gabentempel mit Preisen im Wert von total rund 100 000 Franken. Hinzu kommen die Target-Show und Laser-Gun. Eigentlich eine Mischung aus Rennen und Schiessen – ähnlich dem Biathlon. «Ursprünglich wollten wir die erste «Target-Spring»-Schweizer-Meisterschaft hier durchführen, aber das ging nicht», erklärt Peter Klausner, OK-Vizepräsident. Statt zu rennen, treten nun die Teilnehmenden in die Pedalen und probieren dann, die Scheiben zu treffen. «Für Nicht-Schützen, aber auch für Schützen eine spannende Erfahrung», verspricht Josef Gugerli vom OK.
Auch Helferinnen und Helfer wird es während des Festes im Festzentrum ganz viele brauchen. «Alleine rund 70 für den Schiessbetrieb», sagt Peter Klausner. Hinzu kommt die Festwirtschaft. «Hier fehlen uns noch einige Leute. Es wäre schön, wenn wir in den nächsten Tagen und Wochen diese Schichten noch füllen könnten», sagt Beat Brun. Wie es auf den zehn Aussenständen diesbezüglich aussieht, weiss das OK nicht. «Die Vereine stellen dies jeweils selber auf die Beine.»
Erstmals seit 1888
Das Festzentrum. Ein Ort, wo alle sich treffen, getreu dem Motto «zäme träffe». Diese Vision bestand von Anfang an, als der Bezirksschützenverband Muri sich für die Durchführung
des Aargauer Kantonalschützenfestes bewarb – notabene das erst dritte im Bezirk Muri und erste seit 1888. «Es ist der Ort, wo wir alle empfangen, wo alle Disziplinen geschossen werden, wo alles zusammenkommt», sagt OK-Präsident Brun. Dass die dafür nötigen provisorischen Bauten hohe Kosten verursachen, das habe zwar das Budget strapaziert. «Dank grosszügigen Sponsoren, die mehrheitlich aus der Region sind, können wir das stemmen», sagt er.
Mittlerweile ist ein Grossteil dieser provisorischen Bauten erstellt. Das Festzelt steht, die 560 Stühle sind aufgestellt. Auch die provisorischen Schiessstände für Gewehr Kleinkaliber auf die 50-Meter-Distanz und Pistolen auf 25- und 50-Meter-Distanz stehen. 80 Tonnen Betonelemente wurden alleine für die temporären Schiessanlagen verbaut, 50 Tonnen Holz für Böden und Verstrebungen. 86Wegweiser werden gestellt, damit die Schützinnen und Schützen aus der ganzen Schweiz den Weg zum Festzentrum und zu ihren Schiessständen finden. «Es läuft alles, wir helfen einander. Wir sind eben Freiämter», sagt Furrer.
Einfach und unkompliziert
Als OK-Co-Präsidentin hilft dabei auch Milly Stöckli mit. «Ich bin zwar keine Schützin, sehe das Schiessen aber als wichtigen traditionellen Sport in unserer Gesellschaft», sagt sie. Als langjährige Grossrätin und bekannte Persönlichkeit in der Region fungiert sie als Türöffnerin. Dass die Freiämter ein «eigenes Völklein» sind, das gibt sie zu. «Ihr Wesen ist einfach, unkompliziert und zielführend, wie das Motto des Kantonalschützenfestes, ‹zäme träffe›», sagt sie. Einfach, weil die Freiämter nicht lange studieren, sondern planen, organisieren und anpacken. «Die richtigen Leute an der richtigen Stelle einsetzen, möglichst ohne grosse Bürokratie», sagt sie. Die Wege seien kurz, die Kontakte gut, die regionale Verwurzelung gross. «Das macht es unkompliziert», sagt Stöckli. Alle wissen, wo mit anpacken, wo seine oder ihre Stärken liegen. «Hier können wir uns vertrauen. Das Freiamt ist mehr als eine Region, fast schon eine Familie.» Und das über Grenzen, etwa politischer Natur, hinweg. Stöckli weiss dafür ein kleines Beispiel. Jedes Jahr treffen sich die Grossräte des Freiamts zu einem gemeinsamen Essen, von SP bis SVP. «In anderen Regionen wäre das undenkbar.»
Das Freiamt ist eine Familie, die schon so manches gestemmt hat. Das kantonale Turnfest 2017, das kantonale Schwingfest 2022. «Wir sind festerprobt. Anlässe mit über 10 000 Besuchern, das können wir stemmen.» Zudem sei die Region eine Reise wert – die Reuss, der Lindenberg, das Kloster. Natur und Kultur. 8000Schützinnen und Schützen kommen, um sich das anzuschauen und natürlich um möglichst hohe Resultate zu erzielen. Stöckli ist sich sicher: «Sie werden es nicht bereuen.»