«Wir sind Diener der Demokratie»
31.12.2024 WohlenImmer fair – wie ein Richter
Einwohnerratspräsident Marc Läuffer blickt zurück und auf ein spannendes Jahr 2025
Sein erstes Jahr als Einwohnerratspräsident war ereignisreich. Und Marc Läuffer zieht eine positive ...
Immer fair – wie ein Richter
Einwohnerratspräsident Marc Läuffer blickt zurück und auf ein spannendes Jahr 2025
Sein erstes Jahr als Einwohnerratspräsident war ereignisreich. Und Marc Läuffer zieht eine positive Bilanz.
Daniel Marti
Es gab diverse heisse Diskussionen in Wohlen: Zentralstrasse, Schulraum, Steuerfuss, Budget. Einwohnerratspräsident Marc Läuffer behielt dabei immer einen kühlen Kopf. Der SVP-Politiker führte souverän durch sein erstes Präsidiumsjahr. Er tat das fair und ausgewogen. Er sei von allen Parteien und für alle Parteien gewählt worden, sagt er. Trotzdem spricht er im Interview auch Wohlens Probleme an. Er warnt vor der finanziellen Schieflage der Gemeinde und versucht, sich konstruktiv bei der Schulraumfrage einzubringen. «In Schönheit zu sterben», das könne nicht das Ziel von Wohlen sein. Im kommenden Jahr wird Läuffer vor einer speziellen Konstellation stehen: Er ist Einwohnerratspräsident und Richter. Ob das funktioniert? «Ich kann die beiden Jobs gut voneinander trennen.» Natürlich setze er sich «lieber für die Opfer als für die Täter ein».
Festrede am Dreikönigsapéro
Als neuer Richter werde er sich in aller Ruhe ein Bild im Gerichtssaal machen. Als Gemeinderat werde er ab 2026 nicht zur Verfügung stehen, betont Läuffer. Das zweite Jahr als Einwohnerratspräsident wird den Abschluss seiner Politlaufbahn darstellen. Wer zudem den Einwohnerratspräsidenten Läuffer persönlich kennenlernen möchte, hat anlässlich des Dreikönigsapéros Gelegenheit dazu. Dieser Anlass wird durch die SVP Wohlen organisiert und findet am 6. Januar, 19.30 Uhr, im Schlössli statt. Marc Läuffer wird die Festrede halten. «Die Bevölkerung ist herzlich eingeladen.»
Interview mit Marc Läuffer, Einwohnerratspräsident: Eine Bilanz in der Mitte seiner Amtszeit
Die erste Hälfte seiner Amtszeit bezeichnet er als spannend. Ereignisreich war sie ebenfalls. Denn es wurde um wesentliche Entscheidungen gerungen: Zentralstrasse, Schulraum, Budget. Zudem repräsentierte Einwohnerratspräsident Marc Läuffer «sein» Wohlen gerne. «Jeder Anlass ist ein Highlight für sich», sagt er.
Daniel Marti
Das erste Jahr als Einwohnerratspräsident ist vorbei. Wie haben Sie es erlebt?
Marc Läuffer: Es war ein spannendes Jahr. Es zeigte mir, wie vielfältig die Wohler Politik ist. Gleichzeitig ist das vielfältige Spektrum auch herausfordernd.
Was ist Ihnen denn gelungen, was weniger?
Ich habe ja zu Beginn des Amtsjahres gesagt, was ich am Ende meiner Amtszeit am liebsten über mich hören möchte: authentisch, fair, speditiv, lösungsorientiert. Ich glaube, das ist mir bisher ganz gut gelungen. Zur Fairness: Es hat sich bisher noch nie jemand beklagt, dass er unfair behandelt wurde. Ich wollte die Redezeit beschränken und wollte keine persönlichen Angriffe im Rat. Auch das wurde gut umgesetzt. Alle Parteien haben die Gelegenheit, sich zu äussern. Betreffend Fairplay möchte ich auch nie den Vorwurf hören, dass allenfalls die eigene Partei besser wegkommt.
Und speditiv war Ihre Amtsführung ebenfalls?
Wir sind sicherlich zügig durch die Traktanden gekommen. Aber wir hatten auch schwierige Diskussionen im Einwohnerrat. Ich nenne nur die Aufwertung der Zentralstrasse und die Zyklus-1-Schulhäuser. Ich habe dafür Verständnis, dass der Gemeinderat bei solchen Themen oft viele Argumente aufführen und seine Geschäfte vorantreiben möchte. Ab und zu gilt es hier ein Auge zuzudrücken.
Und lösungsorientiert?
Ich denke schon, dass die Möglichkeit, im Rat Kompromisse auszuarbeiten, gegeben ist. Oft führen nur Kompromisse zu nachhaltigen Lösungen. Das ist jedenfalls viel besser als populistisches Handeln.
Welches war das Highlight im ersten Amtsjahr?
Da waren mehrere Highlights. Grundsätzlich möchte ich mit meiner Präsenz nahe an der Bevölkerung sein, das gibt auch eine Verbundenheit mit dem Stimmvolk. Jeder Anlass ist deshalb jeweils ein Highlight für sich. Ich versuche zudem, jeden Anlass zu besuchen. Denn für jeden Politiker und jede Politikerin sollte klar sein: Das Stimmvolk ist unser Chef.
Gab es eigentlich auch Enttäuschungen?
Es verliert ja niemand gerne. Ab und zu entscheidet auch der Einwohnerrat anders, als man selber denkt. Dafür gibt es das Recht für den Unterlegenen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Sprich, auch das Referendum zu ergreifen. Wenn zuletzt jedoch das Volk einen Entscheid fällt, dann gilt es diesen zu akzeptieren. Und den Entscheid gilt es umzusetzen und nicht irgendwelche Retourkutschen zu produzieren wie zuletzt beim Schulraum.
Sie sind der höchste Wohler. Spüren Sie diesen Respekt?
Wir gewählten Politiker sind alle Diener der Demokratie. Wir sind auch gewählt, um unsere politische Arbeit zu machen. Gewiss verspüre ich Freude, wenn ich zum Einwohnerratspräsidenten gewählt werde. Auch wenn dieses Amt etwas Besonderes darstellt, möchte ich selber nicht im Mittelpunkt stehen, obwohl ich derzeit der wichtigste Vertreter des Parlaments bin.
2024 war das Jahr der SVP. Es gab Siege bei den Referenden praktisch gegen alle und Erfolg bei den Grossratswahlen. Dürfen Sie das auskosten?
Da habe ich zwei Herzen in meiner Brust. Meine Partei spürt den Puls des Volkes. Deshalb freut es mich, wenn alle SVP-Exponenten am gleichen Strick ziehen und Erfolge feiern können. Sonst bin ich allen Parteien verpflichtet und versuche eine neutrale Haltung einzunehmen. Ich wurde ja als Präsident für alle Parteien gewählt.
Ein sich wiederholendes Thema: Der Einwohnerrat politisiert am Volk vorbei. Ist das tatsächlich so und warum?
Das trifft teilweise zu. Die Konstellationen führen manchmal dazu, dass zwei Blöcke gebildet werden. Die SVP gegen den grossen Rest. So wird es jedenfalls im Volk wahrgenommen. Wir alle im Einwohnerrat haben Detailkenntnisse, die zu Entscheidungen führen. Es ist aber auch so, dass der innere Ring mit SP, Grünen und Grünliberalen zusammen mit der Mitte die Mehrheit hat. Aber letztlich hat das Volk immer recht, auch wenn die im Rat siegreichen Parteien beim Volksentscheid unterliegen. Darum kommt halt manchmal das Gefühl auf, dass der Einwohnerrat am Volk vorbeipolitisiert.
Gleiches sagt man vom Gemeinderat …
Dazu möchte ich nichts sagen. Bitte nächste Frage.
Der Einwohnerratspräsident könnte ja Brückenbauer sein im Einwohnerrat und für den Gemeinderat.
Das bin ich auch. Es gibt immer bilaterale Gespräche vor jeder Einwohnerratssitzung. Wenn meine Meinung da gefragt ist, gebe ich gerne klare Antworten, um Lösungen zu kreieren. Dann bin ich gerne der diplomatische Unterstützer. Dann bin ich, wenn ich das so sagen darf, der Dirigent oder der Koordinator. Als Dirigent möchte man natürlich gerne eine Sinfonie und keine Misstöne hören.
Man sagt momentan, dass vor allem die SVP den Puls des Volkes spürt. Warum eigentlich?
Da müssen Sie den Parteipräsidenten fragen.
Aber Sie haben ja auch eine Meinung dazu.
Wir haben weltpolitisch eine unsichere Zukunft. Die hohe Zuwanderung, das Sicherheitsgefühl, die Jobs sind nicht sicher, viele suchen einen Arzt, die Krankenkassenprämien steigen. Die Unsicherheit ist also bei jedem Einzelnen gestiegen. Die SVP besinnt sich auf traditionelle Themen und Werte, die vielleicht nicht immer populär waren. Aber gegenwärtig führt das dazu, dass die Menschen die SVP wählen. Der beste Beweis war die Abstimmung über die Zyklus-1-Schulhäuser.
Wie meinen Sie das?
Es gibt in Wohlen viele Secondos, die auf uns zugekommen sind. Viele dieser Secondos sind auch in Wohlen aufgewachsen. Diese setzen auch auf ein ausgeprägtes Sicherheitsgefühl oder auch auf intakte Finanzen. Diese Secondos signalisierten uns, dass im System von Wohlen gerade in der Schulhausdiskussion doch etwas falsch läuft. Das finde ich echt spannend.
Eines der grössten Probleme der Gemeinde Wohlen ist schon der Schulraum. Wie wird das gelöst?
Warum muss man das Rad neu erfinden? Warum müssen wir immer die gleichen Fehler begehen, die andere schon gemacht haben? Es gibt genügend Beispiele, wie Wohlen zu günstigerem Schulraum kommen kann. Beispiele gibt es in Zürich, in Reinach, in Rümlang. Die Lösungsansätze werden wir am runden Tisch präsentieren. In der Schulraumdiskussion darf es keine Tabus geben. In Schönheit zu sterben, das kann nicht das Ziel von Wohlen sein.
Die Schulden der Gemeinde werden bald bei 150 Millionen sein. Ein Problem? Und wie werden sie zurückbezahlt?
Man muss das aus unternehmerischer Sicht anschauen. Wenn man über den Verhältnissen lebt, muss man doch bereit sein, sich Gedanken zu machen, wie man beispielsweise die hohen Schulden wieder zurückzahlen kann. Wenn ich den aktuellen Finanzplan anschaue, steht nirgends etwas drin über die Schuldenrückzahlung. Obwohl im Budget der Gemeinde Wohlen rund 80 Prozent der Ausgaben fremdbestimmt sind, braucht es Massnahmen. Es fehlt der Fokus, wie man die Finanzen in den Griff bekommt. Nur die Steuern zu erhöhen, das kann nicht das einzige Mittel sein. Die finanzielle Schieflage macht mir jedenfalls grosse Sorgen.
Sind also weitere Einnahmen das Problem?
Dafür haben wir eine Einnahmenkommission. Die wird hoffentlich bald über Massnahmen berichten.
Zu etwas Erfreulichem: Wie erleben Sie Ihre Vizepräsidentin?
Erfrischend. Julia Frischknecht ist eine Stütze für mich. Sie ist stets hilfreich, vor allem auch bei der Stimmabgabe. Wir mussten noch nie eine Abstimmung wiederholen. Politisch sind wir nicht immer auf der gleichen Linie, trotzdem ist sie eine gute Unterstützung. Wir geniessen ein grosses Vertrauen untereinander. Gleiches gilt für das Ratsbüro. Ich bin happy darüber, wie es ist.
Vizepräsidentin Julia Frischknecht wird in einem Jahr Ihre Nachfolge antreten.
Da habe ich gar keine Bedenken. Sie kann und wird dieses Amt sehr gut ausführen. Sie wird den Rat auch gut repräsentieren.
Sie haben sich ans Bezirksgericht wählen lassen. Wo liegt der Reiz für diese Herausforderung?
Das hat wieder mit Fairplay zu tun. Es gibt mir Gelegenheit, tiefe Einblicke ins System der Justiz zu gewinnen. Jede Geschichte hat zwei Seiten, das zu betrachten, reizt mich. Das ist spannend, dafür möchte ich mich einsetzen.
Ein Jahr lang werden Sie beides ausüben: Richter und Einwohnerratspräsident. Ist die Doppelbelastung allenfalls ein Problem?
Das ist kein Problem. Ich mache das, was mir Spass macht. Nötigenfalls werde ich mir die Kapazitäten schaffen. Und sonst gibt es halt ein Jahr lang keine Ferien.
Anderes Thema. Drei Gemeinderäte haben ihren Rücktritt auf Ende 2025 angekündigt. Etwas gar viel …
Ich bedaure es, dass gleich drei Mitglieder, davon zwei langjährige, zurücktreten werden. Unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung darf man ihnen attestieren, dass sie eine grosse Arbeit meistern und leisten. Insbesondere Thomas Burkard ist mit seinem riesigen Ressort sehr gefordert. Ich bedaure zudem den grossen Verlust an Know-how. Die beiden Bisherigen im Gemeinderat könnten dadurch einer grösseren Belastung ausgesetzt werden. Solche Neuwahlen mit drei Abgängen sind selbstverständlich auch eine Chance.
Ist etwa die Belastung für Gemeinderäte zu gross geworden? Und wäre man nicht gescheiter bei sieben Gemeinderatsmitgliedern geblieben?
Das darf man sich sehr wohl fragen, ob sieben allenfalls doch besser wären. Bei der Reform wurde auch argumentiert, dass die Verwaltung ab 2018 effizienter wird. Es kann nun jeder selber beurteilen, ob die Effizienz besser geworden ist, ob die Ziele erreicht wurden und ob denn alles ausgeschöpft wurde. Deshalb darf man auch das System mit fünf Gemeinderäten hinterfragen. Eine höhere Anzahl Gemeinderäte kann wieder zum Thema werden.
Wäre das Amt als Gemeinderat allenfalls etwas für Sie?
Das ist klar: Als Gemeinderat stehe ich nicht zur Verfügung. Ab 2026 konzentriere ich mich aufs Richteramt. Ich werde auch nicht als Einwohnerrat weitermachen.
Was sind die Gründe für diese wesentliche Entscheidung?
Der zeitliche Aufwand für ein Gemeinderatsmandat ist mir zu hoch. Es genügt mir, Beruf und Richteramt unter einen Hut zu bringen. Zudem bin ich kein Ämtlisammler.
Dann ist Ihre Politkarriere in einem Jahr definitiv zu Ende?
Ich werde der SVP treu bleiben. Als sogenannter höchster Wohler, auch wenn das vielleicht nur ein Prestige-Job ist, kann ich meine Politlaufbahn gut beenden.
Wie lauten die Ziele für 2025?
Ich helfe mit bei der Findungskommission für die Wahlen 2025. Und ich werde bemüht sein, dass die SVP gute und geeignete Kandidierende gewinnen kann. Den Einwohnerrat möchte ich weiterhin speditiv und lösungsorientiert führen. Und es kann nicht sein, dass bei jeder Einwohnerratssitzung ein Rücktritt verkündet werden muss. Wenn man kandidiert und gewählt wird, dann gilt das für vier Jahre.
Die Ziele privat und persönlich?
Gesund zu bleiben. Und wenn das so eintrifft, Freude daran zu haben.
Zuletzt noch ein grosser Wunsch fürs Jahr 2025. Welcher soll in Erfüllung gehen?
Ich habe das Privileg, dass ich wunschlos glücklich bin. Das wünsche ich auch allen anderen Menschen. Es soll jedem gut gehen. Und wenn ich in der Politik dazu beitragen kann, dass Wohlen lebenswert ist, dann tue ich das sehr gerne.