«Wir gehen nirgendwo hin»
27.09.2024 WohlenWohlen, Shoppingdorf ?
Querschnitt der Ladensituation im Dorf
hat kein richtiges Zentrum, aber dennoch viele Läden. Am geballtesten ist die Laden-Dichte von der alten Post über die Zentralstrasse bis zum Bahnhof. Die Voten der dortigen ...
Wohlen, Shoppingdorf ?
Querschnitt der Ladensituation im Dorf
hat kein richtiges Zentrum, aber dennoch viele Läden. Am geballtesten ist die Laden-Dichte von der alten Post über die Zentralstrasse bis zum Bahnhof. Die Voten der dortigen Geschäfts-Verantwortlichen – vom grossen Manor bis zum kleinen Bio-Reformhaus – sind nicht so schlecht, wie viele vielleicht annehmen würden.
Zudem gibt es Neuigkeiten zum geplanten Neubau an der Bahnhofstrasse in Wohlen, wo aktuell fast jedes Gebäude leer steht und kaum mehr ein Laden beheimatet ist. Demnächst wird laut Bauherrschaft das Baugesuch eingereicht. --spr
Wie geht es den Ladenbetreibern im Zentrum: Eine Umfrage von der alten Post über die Zentralstrasse bis zum Bahnhof
Shoppingdorf Wohlen oder tote Hose? Immer mehr Läden sterben wegen der Digitalisierung aus, doch viele trotzen diesem Trend auch. Diese Zeitung hat bei kleinen und grossen Betrieben nachgefragt – und einen positiven Grundtenor festgestellt.
Stefan Sprenger
Dieser Satz fällt gleich mehrfach von den Ladenbetreibern: «Wenn der Manor dicht macht, dann wird Wohlen auf einen Schlag viel weniger Leute anziehen.» Also startet die Fragerunde auch bei Manor, dem Riesen in Wohlen. Seit über 60 Jahren bietet man an der Zentralstrasse 13 (und im Nebenhaus) eine grosse Palette an Non-Food-Artikeln an. Das Haupt-Gebäude ist von aussen kein Augenschmaus. Innen wird es bald einer Feinrenovation unterzogen, wie «Store Managerin» Jasmin Albrecht sagt. «Im nächsten Jahr wird es kleine Renovationsarbeiten geben, um eine schönere Atmosphäre zu schaffen», erklärt sie.
Die 56-Jährige aus Dottikon führt seit einem Jahr den Standort in Wohlen mit rund 30 Mitarbeitern. Die nächsten Manor-Filialen sind in Aarau, Baden oder Zürich. «Deswegen ist der Manor in Wohlen auch einzigartig. Wir decken das ganze Freiamt ab und Bereiche des Reusstals, also ein riesiges Einzugsgebiet», so Albrecht. In Wohlen gibt es beispielsweise keine Papeterie mehr, kein Sportartikel-Geschäft, keinen Spielzeug-Laden. «Und das spüren wir. Beispielsweise bei den Spielwaren haben wir kaum Konkurrenz in Wohlen. Auch unsere Papaterie-Abteilung läuft sehr gut. Da sind wir praktisch konkurrenzlos», erklärt sie. Dabei sei Konkurrenz wichtig, denn die belebt das Geschäft.
Und wie steht es nun um die Zukunft aus des Manor in Wohlen? Albrecht sagt klar: «Wir gehen nirgendwo hin. Der Manor bleibt die nächsten 10 Jahre in Wohlen.» Das sind gute Nachrichten.
«Man wird nicht reich»
Positive News hat auch Sven Gwerder, Besitzer des Hundesalons «Besser – für alle Felle» am Postplatz. 2022 wurde dort der «Monolith» eingeweiht. Oben Wohnungen, unten Gewerberaum. Ein Caritas-Geschäft, ein Coiffeurladen, ein Immobilien-Makler und Gwerder mit seinem tierischen Dienstleistungsbetrieb sind dort unter anderem zu Hause. Gwerder sagt: «Es läuft gut. Wir sind happy. Das Gebäude ist schön, es ist zentral, es hat Parkplätze. Wir haben eine treue Kundschaft und immer wieder neue Leute, die mit ihren Hunden zu uns kommen.»
Gwerder kennt sich aus im Wohler Zentrum. Von 1999 bis 2017 führte er den «BlindAlley» in Wohlen, wo er Skate- und Snowboardartikel verkaufte. Zur Entwicklung des Zentrums sagt der 47-Jährige: «Auch wenn einige Läden verschwunden sind, so ist das Angebot immer noch gross. Querbeet. Ich glaube, man findet in Wohlen alles, was man braucht. Ich glaube auch, dass das Angebot nicht schlechter ist als früher. Viele Ladenbetreiber machen es mit viel Leidenschaft und Herzblut – und so kann man dann überleben, allerdings wird man damit nicht reich.» Und da spricht er auch aus Erfahrung.
Eine Kritik hat Gwerder. Und zwar geht es um die verpasste Chance, die Zentralstrasse aufzuwerten. Das Wohler Stimmvolk hat im Juni dagegen entschieden. «Schade. Es hätte Wohlen gutgetan. Wenn man nie etwas ändert, kann man auch nicht besser – oder schöner – werden. Man spricht schon Jahrzehnte davon, hier etwas zu tun. Auch wenn ich die schwierige Situation der Gemeinde nachvollziehen kann, wäre es toll gewesen.»
Im Sommer 2025 zieht eine Versicherung bei der Post ein
Vom «Monolith» geht es Richtung Zentrum – mit einem kurzen Zwischenstopp bei der alten Post. Im nächsten Sommer wird hier die Überbauung «Postplatz» fertig und bezugsbereit sein. Das Gebäude wird sechs Stockwerke hoch und umfasst 26 Mietwohnungen. Besonderes Detail: Schon jetzt sind fast alle Wohnungen vermietet. Die Gewerbefläche im Erdgeschoss beträgt rund 300 Quadratmeter. Und auch diese Fläche ist schon vermietet. Allerdings wird es die Wohler Ladenvielfalt nicht sonderlich bereichern. Eine Versicherung wird hier auf der gesamten Fläche einziehen.
Eine Ecke weiter steht ein Wohler Ladenoriginal. Seit 1956 ist der Citymode Waeber hier zu Hause. Conny und Roger Waeber führen hier ein Kleidergeschäft für Männer und Frauen. Roger Waeber sagt, dass die Aufwertung der Zentralstrasse «eine gute Sache» gewesen wäre. «Es ist Tag für Tag eine Herausforderung. Aber dank unserer treuen Kundschaft und auch neuen Leuten, die zu uns finden, geht es uns gut.» Er spürt natürlich, dass immer mehr online eingekauft wird, sagt aber: «Viele Leute, die zu uns kommen, mögen es auch, wenn sie die Waren sehen und anfassen können und dazu beraten werden.»
Citymode Waeber ist zufrieden mit dem Standort – auch wenn gleich nebenan ein grosser Mitbewerber zu Hause ist: der C&A. Überraschenderweise sagt Waeber: «Kleine und grosse Läden beleben das Geschäft. Je mehr Läden, desto mehr Kunden. Und wir sind froh, ist der C&A gleich neben uns. Ich glaube, von Konkurrenz profitieren alle.»
«Es fehlen WC-Anlagen»
Beim grossen Kleidergeschäft C&A ist man jedenfalls zufrieden. Es gebe in Wohlen «vielfältige Angebote. Sei dies Freizeitbeschäftigungen oder Läden», wie Vesna Mitrovic von C&A sagt. Das Unternehmen ist seit 2018 in Wohlen. Mitrovic sagt, es sei hier «sehr zufriedenstellend. Unser C&A-Store liegt an der Haupt-Einkaufsmeile und somit profitieren wir von guter Besucherfrequenz.» Auf die Frage, was sich im Dorfkern verbessern lassen würde, antwortet sie: «Die Zentralstrasse weist eine hohe Verkehrsbelastung auf und es fehlen öffentliche WC-Anlagen im Zentrum».
Das hohe Verkehrsaufkommen wünscht sich hingegen Erika Nezic. Sie ist die Ladenbesitzerin des Bio- und Reformhauses «Eden» an der Bahnhofstrasse. Hier herrscht seit einiger Zeit Einbahnverkehr. «Und das merkt man», erklärt Nezic. Es laufe weniger. Allgemein ist es ziemlich leer an der Bahnhofstrasse, zwischen dem Neubau der Migros-Bank, respektive dem «Eden», und dem Gebäude, in dem früher das Café Bahnhöfli beheimatet war (und danach die Remax-Immobilien). Fast alle Läden dort sind verschwunden,
Baugesuch für Projekt an Bahnhofstrasse folgt
Grund ist ein geplanter Neubau. So verliess beispielsweise Coiffeur-Ikone Werner Saxer nach über einem halben Jahrhundert seinen Standort an der Bahnhofstrasse und zügelte mit Weitsicht bereits frühzeitig. Das war 2019. Schon 2017 brannte es in einem Mehrfamilienhaus. Nezic und ihr Bio-Reformhaus müssen allerdings nicht ausziehen, denn ihr Lokal gehört einem anderen Vermieter und bleibt bestehen. Sie sagt: «An manchen Tagen läuft es sehr gut. An manchen Tagen schlecht.» Sie wünscht sich, dass das Projekt an der Bahnhofstrasse vorangeht und auch wieder andere Läden einziehen. Davon werde auch sie profitieren.
Doch wie weit ist diese Planung an der Bahnhofstrasse fortgeschritten? Die Xaver Meyer AG in Villmergen plant dort ein neues Wohn- und Geschäftshaus. Nach Angaben der verantwortlichen Person wird demnächst das Baugesuch eingereicht. Genauere Angaben zum weiteren Ablauf könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht machen.
Etwas fiel auf
Bahnhof Wohlen. Auch hier wird gebaut. Ende der Fragerunde im Wohler Zentrum. Auf dem Weg vom Postplatz über die Zentralstrasse bis hierher fiel etwas auf: Es gibt Segmente und Sparten, die gleich mehrfach vertreten sind. Banken, Barber-Shops, Versicherungen, Handy-Shops, Beauty-Studios und Restaurants. Die kleinen Läden mit spezifischem und besonderem Angebot – allen voran im Bereich der Non-Food-Artikel – sind eine Rarität geworden. Ein Problem? Sven Gwerder findet: «Die Quantität macht es nicht aus. Die Qualität der Läden muss stimmen. Und in Wohlen ist diese hoch, wie ich finde.» Das Wohler Zentrum ist also nach wie vor eine beliebte Shoppingmeile und hat einiges zu bieten – auch wenn es in den letzten Jahren etwas an Ladenvielfalt verloren hat. Die Ladenbesitzer haben jedenfalls alle positive Zukunftshoffnungen.