«Wie ein kleines Wunder»
12.08.2025 WohlenDer Publikumsliebling
Emil gastiert im Open-Air-Kino Wohlen
Kaum zu glauben: 92 Jahre und sieben Monate alt ist er. Humorvoll, liebenswert und originell war Emil Steinberger schon immer. Das war er auch bei seinem Besuch in Wohlen. Vor der Vorführung ...
Der Publikumsliebling
Emil gastiert im Open-Air-Kino Wohlen
Kaum zu glauben: 92 Jahre und sieben Monate alt ist er. Humorvoll, liebenswert und originell war Emil Steinberger schon immer. Das war er auch bei seinem Besuch in Wohlen. Vor der Vorführung seines Filmes «Typisch Emil» war er für «sein» Publikum da. Über 400 Emil-Fans wollte die Kabarettisten-Legende hautnah miterleben. Und Emil, begleitet von seiner Partnerin Niccel, ist tatsächlich ein Star zum Anfassen. Ein Star ohne Starallüren. Seit bald 70 Jahren ist er ein Publikumsliebling. Und aus 400 Stunden Filmmaterial sind zwei spannende Stunden auf der Leinwand entstanden. --dm
Open-Air-Kino: Emil Steinberger besuchte mit Partnerin Niccel Steinberger die Vorführung seines Films «Typisch Emil»
Er ist eine Persönlichkeit, riesig beliebt, ein Phänomen. Emil Steinberger war der Stargast bei der Präsentation seines Films «Typisch Emil». Und er machte mit seiner Präsenz viele Menschen glücklich.
Daniel Marti
Extra früh ist er angereist. Und trotzdem reichte die Zeit kaum. Mehr als eineinhalb Stunden lang erfüllte Emil Steinberger Autogrammwünsche und liess sich noch so gerne ablichten. Alles mit einem Lächeln oder mit einer persönlichen Widmung. Zur Seite stand ihm seine Partnerin Niccel. Nichts brachte die beiden aus der Ruhe. Fans, Verehrerinnen und Verehrer des Schweizer Kabarettisten haben seine Anwesenheit sichtlich genossen. Und umgekehrt. «Die zwei sind die reinste Harmonie», freute sich Open-Air-Chef Pitsch Bachmann. «Die beiden sind ein Sonnenschein.» Und das erst noch unter dem Sternenhimmel.
«Liebe Irma» als Videobotschaft
Etwas mehr als 92-jährig ist Emil Steinberger – und beliebt wie in seinen jungen Jahren. Der Rummel um seine Person macht ihm anscheinend gar nichts aus. «Da am Tisch zu sitzen, nahe bei den Menschen, das ist ein Vergnügen. Wir geniessen das», sagt er. Dabei machte er mit einer kurzen Begegnung und mit ein paar wenigen Worten praktisch alle glücklich. Hier ein Bild, dort eine besondere Widmung. Dann ein Grossauftrag: Bitte gleich drei Autogramme auf einmal.
Und dann noch ein besonderer Wunsch: Seine Partnerin hatte ein Ticket für den Film, nun könne sie wegen gesundheitlichen Problemen nicht vorbeikommen, wie wäre es mit einer Video-Grussbotschaft, bitte. «Natürlich», antwortete Emil. «Liebe Irma, ich habe gehört, dass es dir nicht so gut geht. Ich wünsche dir alles Gute und viel Gesundheit», lautete seine Videobotschaft. Und wieder hatte er jemanden glücklich gemacht – wie ganz viele Menschen während seiner einzigartigen Karriere.
Niccel – wie ein Modelabel
Der Film «Typisch Emil» ist eine Hommage an die Schweizer Kabarettisten-Legende. «Ein Leben für den Humor: Die bewegende Geschichte», heisst es weiter im Filmbeschrieb. Davon haben sich über 400 Besucherinnen und Besucher im Open-Air-Kino in Wohlen überzeugen lassen. Und der zwei Stunden dauernde Streifen zeigt ganz vieles auf: Erfolgswelle, aber auch tiefgründige Gedanken, die Kämpfe mit seiner Kindheit, den Druck des Ruhms, die eher geringe Akzeptanz seiner Mutter für sein Tun. Und vieles wird mitgeprägt von seiner grossen Liebe. Von Niccel Steinberger. Ja, dieser Name sei schon speziell, sagte Emil Steinberger vor dem Publikum. «Das ist ein Frauennamen wie ein Modelabel», erklärte er lächelnd und nahm seine Liebste in die Arme.
Das Filmprojekt war schon lange präsent. «Zehnmal haben wir es versucht, zehnmal sind wir gescheitert», sagte er, «bis wir die zwei richtigen Männer getroffen haben». Drei Wochen später habe die Arbeit begonnen. «Rund 80 digitalisierte Filme schauten wir an», erklärte Niccel Steinberger. «Über 400 Stunden Material. Da mussten wir entscheiden, was alles in den Film muss oder darf. Und Emil musste lernen, zu verzichten. Das war für Emil ganz schwierig. Er hatte schlaflose Nächte, wenn er irgendetwas aufgeben musste.» Er habe seine Liebste einfach machen lassen, meinte Emil dazu. Ein Leben auf der Bühne, ein Leben vor oder hinter der Kamera. Alles konnte der Kabarettist, Schauspieler und Regisseur nicht in den Dokumentarfilm verpacken.
Über Mut, Liebe und den Drang zur Weiterentwicklung
Hilfreich waren die Filme aus der Zeit in New York. Emil Steinberger verbrachte von 1993 bis 1999 einige Jahre in New York, nachdem ihm der Rummel in der Schweiz zu viel wurde. Dort ist auch die grosse Liebe zu Niccel gewachsen. «Diese Filmszenen sind kostbar für uns», meinte sie.
Einfach haben es sich die Steinbergers und die zwei Filmemacher nicht gemacht. «Vier Leute, vier Meinungen, das ist eine Herausforderung», gibt Emil zu. Die Filmarbeiten haben dann drei Jahren lang gedauert. Die Sichtung des Materials bis weit zurück in die Siebziger war ein Chrampf, aber auch ein bereicherndes Vergnügen für die beiden. Ziel sei es gewesen, stets die richtige Wahl zu treffen. Das ist gelungen. Eindrücklich.
Der treffende Kurzbeschrieb: «Der Film porträtiert Emil als Künstler, der sich immer wieder neu erfunden hat, und erzählt zudem die Geschichte einer grossen, romantischen Liebe …» Es ist ein bewegendes Werk «über Mut, Liebe und den ständigen Drang zur Weiterentwicklung» entstanden.
Einfach ein Phänomen
Bei rund 120 Filmvorstellungen mit Publikum haben die beiden inzwischen vorbeigeschaut. Stets von ganz viel Spass und Freude begleitet. «Wir haben mit dem Film nur gute Erfahrungen gemacht», betonte Emil im Open-Air-Kino in Wohlen. «Der Film ist wie ein kleines Wunder.» Und Niccel nickte anerkennend.
Über 92 Jahre Emil. Er ist einfach ein Phänomen. Im Film, bei der Filmvorstellung und beim Umgang mit seinen Mitmenschen und Fans.
Und im Dokumentarfilm wird ganz vieles angesprochen, das vielleicht weniger bekannt ist. Beispielsweise seine Kündigung der Stelle bei der Post im Alter von 22 Jahren. Für ihn war dies wie eine Befreiung, für seine Mutter eine unverständliche Entscheidung, für die sie praktisch nie Akzeptanz gefunden hat. Eine sichere Stelle bis in die Pensionierung gibt man doch nicht auf … Für Emil war es der Beginn seiner einzigartigen Karriere mit etlichen Highlights. Sogar über die Landesgrenzen hinaus, auch in Deutschland wurde der Luzerner zum gefeierten Star. Oder im Jahr 1977 stand er für eine Saison in der Manege des Zirkus Knie. Es wurde eine Rekordsaison mit rund 1,4 Millionen Besucherinnen und Besuchern. Auch prägend war die Zeit in New York, die bald einmal so stressig wurde, wie wenn er zu Hause in Luzern wäre.
«Man hat immer eine Zukunft»
Im Alter von 80 Jahren spielte er (endlich) nochmals die alten Stücke aus seiner glänzenden Karriere. Mit 90 feierte er nicht etwa den Geburtstag, sondern besuchte einen Kurs zur Ölmalerei. Emil war immer gut für Überraschungen, für Heiterkeit, aber auch für weise Gedanken. «Man hat immer eine Zukunft», sagt der 92-Jährige im Film, «und wir haben noch einiges im Köcher – so lange wir lachen und jeden Tag geniessen können.» Wunderschön formuliert.
Und der vielfältige Streifen «Typisch Emil» sei sehr wichtig, «weil wir Emil als Kulturgut erhalten können», sagt Niccel Steinberger, seine grosse Liebe und Partnerin in allem, was Emil anpackt.