Wie Detektive auf der Schatz-Suche
28.03.2024 Wohlen«Wiedersehen macht Freude»: Kunstausstellung vom Freitag bis Sonntag, 5. bis 7. April, im Chappelehof
Die Gemeinde Wohlen erfreut sich eigentlich einer grossen Kunstsammlung. Nun wird diese endlich an einer Ausstellung sichtbar gemacht. Auch 16 Kunstschaffende ...
«Wiedersehen macht Freude»: Kunstausstellung vom Freitag bis Sonntag, 5. bis 7. April, im Chappelehof
Die Gemeinde Wohlen erfreut sich eigentlich einer grossen Kunstsammlung. Nun wird diese endlich an einer Ausstellung sichtbar gemacht. Auch 16 Kunstschaffende sind bei diesem speziellen Anlass der Kunstkommission dabei.
Daniel Marti
Die Sammlung ist beeindruckend. Sie zählt genau 358 Kunstwerke und gehört der Gemeinde Wohlen. Wie wertvoll sie ist, kann heute kaum beziffert werden. Sehenswert ist die Sammlung aber allemal. Nur – und hier ist der Haken – schlummerten alle diese Kunstwerke in der Vergangenheit im Dunkeln eines Depots in der Kanti und nun im Untergeschoss des Gemeindehauses. Praktisch weggesperrt. Das neue Co-Präsidium der Kunstkommission störte sich daran schon lange. Verena Schütz und Robert Keller haben jedoch alles daran gesetzt, diese über 350 Werke für die Öffentlichkeit sichtbar zu machen – ganz zur Freude von Kulturminister und Gemeinderat Roland Vogt. «Es ist uns ein Anliegen, dass die Veranstaltungen der Kunstkommission einen grossen Kreis der Öffentlichkeit ansprechen», sagt Vogt. «Und es ist uns wichtig, die Werke der Gemeinde nun präsentieren zu können.»
Schätze aus dem Dornröschenschlaf erwecken
Die Kunstausstellung «Wiedersehen macht Freude» ist das Resultat der Bemühungen der neuen Spitze der Kunstkommission. Vom Freitag bis Sonntag, 5. bis 7. April, kann die Ausstellung im Chappelehof besucht werden (siehe Kasten). Es sei an der Zeit, «diese Schätze aus ihrem Dornröschenschlaf zu erwecken und der Öffentlichkeit zu präsentieren», heisst es in der Einladung. Genau das entspricht auch der Haltung von Verena Schütz, Robert Keller und Roland Vogt. Die Bedeutung ist jedenfalls riesig. «Wir zeigen eine Art Zeitgeschichte», so Verena Schütz.
Eine Zeitgeschichte, die zwar von der Gemeinde Wohlen in Form der Kunstwerke erworben worden ist. Aber lange im Verborgenen vor sich hin schlummerte. Früher war es Tradition, dass ausstellenden Künstlerinnen und Künstlern ein Werk abgekauft wurde. In der Vergangenheit fanden diese Ausstellungen im Foyer des Gemeindehauses statt – da gehört es zum freundlichen Miteinander, dass die Gemeinde ein Werk kaufte. Der erste Kauf geht wohl bis in die Achtzigerjahre zurück. Genauer kann das die Kunstkommission nicht eruieren.
Detektivarbeit führte zu 59 Kunstschaffenden
Vor allem Robert Keller nahm sich einer umfassenden Detektivarbeit an. Bei der Spurensuche ging es nicht «nur» um die 358 Kunstwerke. Sondern vor allem um die Künstlerinnen und Künstler. 172 Kunstschaffende sind für die Werke verantwortlich. «Längst sind nicht alle Künstlerinnen und Künstler erreichbar oder auffindbar oder sie leben gar nicht mehr», sagt Verena Schütz. 113 der 172 Kunstschaffenden blieben im Verborgenen. Trotz Detektivarbeit. 59 konnten identifiziert werden und 16 davon sind nun an der Ausstellung «Wiedersehen macht Freude» persönlich dabei. Sie werden sich mit ihren Werken im Chappelehof präsentieren.
Rund die Hälfte aller Kunstwerke aus der Sammlung der Gemeinde werden im Chappelehof zu bestaunen sein. 86 Stück hängen im Gemeindehaus, fast 90 Werke sind auf weitere Standorte verteilt wie Sitzungszimmer oder Zivilstandsamt.
25 Werke mit Wohler Motiven
Alle Werke zusammenzutragen, professionell im Gemeindehaus zu lagern und dann noch dem richtigen Kunstschaffenden zuzuordnen – das war eine riesige Arbeit. Diese Sammlung samt Kunstschaffenden nun an einer Ausstellung zu präsentieren, war der grosse Wunsch von Verena Schütz und Robert Keller. «Damit liegen wir im Trend, viele Museen zeigen zurzeit ihre Sammlungen», so Schütz. «Und wir werden im Chappelehof eine unglaubliche Vielfalt präsentieren. Das ist einfach schön», strahlt sie. 25 Werke zeigen übrigens nur Wohler Motive. «Die werden einen prominenten Platz bekommen.»
Und an einem runden Tisch wird dann Robert Keller Gespräche mit verschiedenen Kunstschaffenden führen. Auch das ist ein neuer Stil einer Ausstellung. Das Künstler-Kafi, geführt von Käthi und Bruno Widmer, und der Kindermaltisch sind zwei weitere Experimente. Monika Knecht bemüht sich um die Lounge für die Kinder. Damit die Eltern in aller Ruhe die Ausstellung geniessen können.
Die Kunstkommission erhofft sich durch diese Neuheiten eine Art Dreieck-Beziehung mit Publikum, Kunstschaffenden und deren Werken. Die angesprochene Zeitreise weist also eine grosse Anzahl positive Begleiterscheinungen auf. Dazu zählen auch viele Geschichten rund um die Recherchearbeiten. Das Aufspüren der Bilder und vor allem der Künstlerinnen und Künstler sei hochinteressant gewesen, so Robert Keller. «Manchmal brauchte es sogar eine Fügung des Schicksals.» Oder dann waren es diverse Beziehungen, die zum Ziel führten. Ein Werk von Matthias Blülle hing beispielsweise im Regionalen Zivilstandsamt. Oder ein Werk von Fritz Huser ziert die Gemeindekanzlei. Und die Gemeindeschreiber-Stellvertreterin habe es fast nicht hergeben wollen. Für die Ausstellung kann sie es nun doch entbehren. Huser, mittlerweile ein bekannter Künstler aus Lenzburg, wird selbstverständlich bei «Wiedersehen macht Freude» dabei sein. Wie auch Susi Kramer. Vor 25 Jahren war sie im Gemeindehaus zu Gast – danach führten ihre Wege nach Paris oder Singapur. Heute gilt sie als Aargauer Kunst-Queen. Robert Keller könnte noch manche weitere Geschichte erzählen.
Die Werke bedeuten auch Identifikation
Oder eine Stippvisite im Gemeindehaus lässt das Co-Präsidium der Kunstkommission schwärmen. Werke der bekannten Wohler Grössen Giani Castiglioni, Walter Burkart (beide verstorben) oder Beat Rosenberg bereichern das Wohler Gemeindehaus. Rosenberg, mittlerweile in Portugal zu Hause, hat übrigens für «Wiedersehen macht Freude» schweren Herzens abgesagt. Aber er werde irgendwann nach Wohlen kommen und zusammen mit der Kunstkommission etwas Spannendes organisieren, hat er laut Verena Schütz versprochen. Schöne Aussichten.
Verena Schütz und Robert Keller stehen jetzt mit ihrem Team vor dem Endspurt, damit in knapp einer Woche im Chappelehof alles bereit sein wird. Und wie wertvoll ist für sie beide diese (neu entdeckte) Sammlung? «Sie bedeutet Identifikation», sagt sie, «es gibt auch eine Art geistige Wertschätzung. Zudem wurde bei den Ausstellungen mit dem Kauf eines Werkes das künstlerische Schaffen unterstützt.» Und Robert Keller glaubt, dass alle Werke eine Bedeutung haben, «darum wollen wir keine einzelnen Bilder hervorheben. Wir betrachten die Sammlung als Ganzes.» Und für Monika Knecht, Mitglied der Projektgruppe, haben die Werke auch einen immateriellen Wert, «auch das sollten wir auf uns wirken lassen».
Programm und Kunstschaffende
Freitag, 5. April, 19.30 Uhr. Die Kunstwerke begrüssen. Vernissage mit Musik und Apéro. Laudatio: Frau Dr. Kathrin Frauenfelder, Zürich. Kunsthistorikerin, Kuratorin und Buchautorin.
Samstag, 6. April, 11 bis 19 Uhr. Verborgenes entdecken. Kunstausstellung, Kunstcafé, Maltisch für Kinder, Begegnung (ab 14 Uhr) mit Künstlerinnen und Künstlern, welche die Werke geschaffen haben: Matthias Blülle, Daniel Bütler, Mimma Kuhn Russo, Leo Kürzi, Daniel Küttel, Reto Lanzendörfer, Walter Lerch, Luca Montanarini, Lara Russi, Paul Wyss. – Runder Tisch (ab 17 Uhr): Matthias Blülle, Mimma Kuhn Russo, Walter Lerch, Lara Russi.
Sonntag, 7. April, 10 bis 17 Uhr. Unbekanntes erkunden. Kunstausstellung, Kunstcafé, Maltisch für Kinder, Begegnung (ab 13 Uhr) mit Künstlerinnen und Künstlern: Helene Basler-Märchy, Silvia Hintermann, Fritz Huser, Susi Kramer, Mimma Kuhn Russo, Reto Lanzendörfer, Alena Synkova. – Runder Tisch (ab 11 Uhr): Helene Basler-Märchy, Fritz Huser, Susi Kramer.