Wertvolles Zeichen der Solidarität
24.01.2025 Region UnterfreiamtLebenswerk zerstört
Unterstützung für Milchzentrale Nesselnbach
Nach dem Brand vor zwei Wochen erfährt die Familie Gehrig grosse Solidarität.
Wenige Minuten haben gereicht, und alles war weg. Die ...
Lebenswerk zerstört
Unterstützung für Milchzentrale Nesselnbach
Nach dem Brand vor zwei Wochen erfährt die Familie Gehrig grosse Solidarität.
Wenige Minuten haben gereicht, und alles war weg. Die Liegenschaft im Dorfteil Nesselnbach war für die Familie Gehrig Wohn- und Arbeitsort zugleich. Vor 31 Jahren hat Silvia Gehrig die Milchsammelstelle übernommen und zu einem Laden samt Partyservice entwickelt. Es war ihr Lebenswerk. Nach dem Brand soll alles wieder aufgebaut werden. Dazu wurde jetzt eine Spendenaktion lanciert. --chh
Spendenaufruf nach Brand in der Milchzentrale in Nesselnbach
Am 12. Januar zerstörte ein Brand die Wohn- und Geschäftsräume der Familie Gehrig in Nesselnbach. Die Nachbarn haben das Drama hautnah miterlebt. Nun haben sie eine Spendenaktion gestartet. Die Betroffenen sind berührt.
Chregi Hansen
Bei der Begrüssung gibt sich Silvia Gehrig noch gefasst. Doch je länger das Gespräch dauert, desto häufiger kullert eine Träne übers Gesicht. Der Anblick der ausgebrannten Liegenschaft ist für sie fast nicht auszuhalten. Und dennoch schnappt sie sich nach dem Gespräch die Schutzmaske und betritt die ehemalige Wohnung, um weiter aufzuräumen.
Mit dem Brand vor knapp zwei Wochen hat die Familie Gehrig fast alles verloren. Die Liegenschaft im Ortsteil Nesselnbach war Verkaufslokal und Produktionsstätte. Im Obergeschoss befand sich die Wohnung, in der Silvia und Reto Gehrig mit den Söhnen Roman und Jonas leben. Letztes Jahr konnte die Familie noch das 30-Jahr-Jubiläum ihres Geschäfts feiern. Jetzt wurde ihr Lebenswerk innert weniger Minuten zerstört. «Wir waren im Haus, als das Feuer ausbrach. Zum Glück ist es tagsüber passiert. Wir haben noch versucht zu retten, was zu retten war», erzählt Silvia Gehrig. Hinter ihr liegen viele schlaflose Nächte. «Aber wir müssen nach vorne schauen», sagt sie.
Aufgeben kommt nicht infrage
Nach vorne schauen, das bedeutet: Die Familie Gehrig will die Liegenschaft sanieren, den Laden wieder öffnen. Schliesslich möchte Sohn Roman, der jetzt schon im Geschäft tätig ist, dieses später übernehmen. Bis wann die Wiedereröffnung möglich ist, das lässt sich nicht sagen. «Wir machen Schritt für Schritt», sagt Schwiegertochter Eliane Seiler, welche Silvia Gehrig in diesen Zeiten mit Rat und Tat beisteht. So wie die ganze Familie. Die ist in diesen schweren Zeiten noch näher zusammengerückt als schon zuvor. Und auch die vielen Freunde und die Nachbarn sind an ihrer Seite.
Idee kam den Nachbarn
Diese haben jetzt sogar eine Spendenaktion lanciert, um Geld zu sammeln für die Wiedereröffnung. «In dieser schwierigen Zeit hoffen wir, über diesen Weg Spenden für den Wiederaufbau der Chäsi/Milchi zu erhalten – von treuen Kunden, Freunden, aber auch von all jenen, welche die Bedeutung lokaler Angebote schätzen und unterstützen möchten», heisst es auf dem Flyer, der in diesen Tagen verteilt wurde. «Die Nachbarn haben sogar noch versucht, beim Löschen zu helfen. Aber erfolglos. Jetzt diese Unterstützung zu erhalten, das ist einfach so wertvoll», sagt Eliane Seiler. Natürlich sei der Grossteil der Schäden durch die Versicherung gedeckt. Aber es gebe eben immer Sachen, die nicht übernommen werden. Da kommt jede Spende zur richtigen Zeit. «Wir finden sicher eine gute Gelegenheit, um das Geld einzusetzen. Und wenn es nur für ein Fest für die Wiedereröffnung ist», so Seiler.
Die Solidarität im ganzen Umfeld ist gross. Die Gemeinde hat den Gehrigs eine Wohnung in Niederwil angeboten. Sie ist aber erst bei den Kindern und mittlerweile bei Freunden in Nesselnbach untergekommen. Näher an ihrem Daheim. Ammann Norbert Ender war noch am Tag des Brandes vor Ort und hat sich nach dem Befinden erkundigt. Auch andere haben Unterstützung in Aussicht gestellt. Die Milchzentrale ist ein wichtiger Treffpunkt für die Gemeinde. Hier konnten Besorgungen erledigt werden. Hier traf man andere Dorfbewohner, mit denen man sich austauschen kann. Und der Catering-Service der Familie Gehrig mit seinen Grill- und Käsespezialitäten und den Räucherwaren ist weitherum bekannt. Doch auch dieser bleibt vorerst auf Eis gelegt. Vom ganzen notwendigen Equipment ist nur noch der Anhänger übrig geblieben. Und eine Tiefkühltruhe, die in einem Nebengebäude stand. Alles andere ist zerstört. Inklusive des Auftragsbuchs für das Catering.
Und das alles muss jetzt entsorgt werden. «Das ist bereits die fünfte Mulde, die wir füllen», erklärt Silvia Gehrig. Das Räumen hat die Familie gleich selbst übernommen. Es gibt zwar spezialisierte Firmen, aber die haben derzeit keine freien Termine. Und lange warten will man nicht. «Wir haben ja sonst nichts zu tun», sagt Silvia Gehrig mit traurigem Blick. Dabei hätte das Catering jetzt Hochsaison, mit vielen GVs und Veranstaltungen. Zu den regelmässigen Kunden gehören aber auch Firmen, welche die Milchzentrale beliefern dürfen. Auch darum geben jetzt alle Gas. Es gehe darum, möglichst viele dieser Kunden behalten zu können. Und das Lebenswerk der Mutter zu retten. Aber ewig können die Kunden auch nicht warten. Darum wird fleissig aufgeräumt. Und hoffentlich bald saniert.
Die Spendenaktion der Nachbarn und Freunde berührt Silvia Gehrig und Eliane Seiler. «Das ist ein wunderbares und erstaunliches Zeichen von Solidarität», sagt die Schwiegertochter. Das motiviert die Familie, möglichst schnell wieder in die Normalität zurückzukehren. Laut Statiker ist das Haus nicht einsturzgefährdet, kann also wieder saniert werden. Ziel der Familie ist es nun, das Geschäft in einem kleinen Rahmen wieder zu eröffnen und dann den Betrieb nach und nach auszubauen. Wann dies der Fall ist, kann Silvia Gehrig nicht sagen. «Aber ich kann versichern, dass es die Milchzentrale wieder geben wird.»
Spenden sind auf zwei Arten möglich. Entweder als Überweisung an IBAN CH82 8080 8003 4116 9591 7; Empfänger: Silvia Gehrig, Milchzentrale, 5524 Nesselnbach. Oder per Twint an Nummer 079 560 79 53. Das Geld wird in einer Sammelzahlung an die Milchzentrale weitergeleitet.