Wertvolle Einblicke
30.05.2025 Region UnterfreiamtAbendstunde in der Oberen Mühle zum Thema «Die Armut im Alter»
Die Abendstunde widmet sich ein weiteres Mal einem spannenden Thema. Die Referenten Felix Wettstein, Nationalrat, Marco Schlapbach, Leiter Sozialdienst Villmergen, und Roland Guntern, Pro ...
Abendstunde in der Oberen Mühle zum Thema «Die Armut im Alter»
Die Abendstunde widmet sich ein weiteres Mal einem spannenden Thema. Die Referenten Felix Wettstein, Nationalrat, Marco Schlapbach, Leiter Sozialdienst Villmergen, und Roland Guntern, Pro Senectute, sprechen aus ihrer Sicht zum Thema «Die Armut im Alter» und wie man ihr entgegenwirken kann.
Monica Rast
«Die Armut hat viele Gesichter», meint Walter Cassina, Geschäftsleiter Obere Mühle. «Altersarmut ist oft unsichtbar und genau deshalb sprechen wir heute darüber.» Armut im Alter ist ein Thema, über das nicht gerne gesprochen wird. Viele Menschen denken, dass Altersarmut vor allem die Menschen betrifft, die in ihrem Leben nicht vorgesorgt haben. Die Realität sieht aber anders aus. Steigende Lebensmittelkosten, tiefere Renten, fehlende Zusatzleistungen und unerwartete Schicksalsschläge können dazu führen, dass ein sorgenfreies Leben im Alter für viele nicht mehr möglich ist. Besonders betroffen sind Frauen, Alleinstehende und Menschen, die in einem schlecht bezahlten Beruf gearbeitet haben. An diesem Abend will man aber nicht nur über Zahlen sprechen. «Sondern über Menschen und darüber, welchen Weg es gibt, der Altersarmut entgegenzuwirken», kündigt Cassina an.
Fast 300 000 Personen in der Schweiz sind betroffen
Gewünscht hätte sich der Geschäftsführer einen politischen Referenten aus dem Aargau. Leider liess sich kein Vertreter finden. Umso mehr freut es ihn, mit Nationalrat Felix Wettstein eine engagierte politische Stimme aus dem Kanton Solothurn begrüssen zu können. «Altersarmut kennt keine Kantonsgrenze», ist sich Cassina sicher.
Nach den neusten Studien sind fast 300 000 Personen über 65 Jahre von der Altersarmut betroffen. Für das Wohnen, Essen und Leben müssen gut 2000 Franken genügen. Neuste Zahlen der Pro Senectute zeigen nun, dass jährlich immer mehr Menschen von Altersarmut betroffen sind. In einem Kurzfilm erzählt ein 87-Jähriger, dass ihm nach Abzug von Miete und Krankenkasse noch 600 Franken zum Leben bleiben. So wie ihm geht es vielen Pensionierten in der Schweiz. Laut Pro Senectute ist jeder Siebte von Altersarmut betroffen. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. Risikofaktoren sind ein tiefes Bildungsniveau und ein Migrationshintergrund. Frauen sind häufiger betroffen als Männer und auf dem Land ist die Altersarmut grösser als in der Stadt.
Altersarmut nimmt laufend zu
Die Altersarmut steigt von Jahr zu Jahr, trotz des guten Vorsorgesystems. Die Organisation Pro Senectute sieht auf drei Ebenen Handlungsbedarf. Einerseits bei der Reform der 2. Säule im Tieflohnsektor und im Bereich der Teilzeitbeschäftigung. Dann im Bereich der Sensibilisierung einzelner Personen und dass es keine Stigmatisierung gibt, damit sich Betroffene frühzeitig Hilfe holen. Felix Wettstein sieht den Reformbedarf in der 1. und 2. Säule. «Wer einen geringeren Lohn hat, kann keine 2. Säule aufbauen. Auch Erwerbslücken sind ein Risiko.»
Risikofaktoren für Altersarmut sind laut Marco Schlapbach, Leiter Sozialdienst der Gemeinde Villmergen, auch Scheidungen, Tod eines Partners, Selbstständigerwerbende mit wenig Ein-kommen und keiner Pensionskasse, Krankheit, Unfall, Invalidität, tiefer Bildungsstand und fehlende private Vorsorge.
Den Weg nicht alleine gehen
Der Gemeindesozialdienst bietet dabei persönliche Hilfe und Beratung an, erstellt Sozialberichte und hilft bei Sozialversicherungsfragen. «Rund zehn Prozent reichen die 1. und 2. Säule nicht und sie beziehen eine Ergänzungsleistung», erklärt Schlapbach. Und Roland Guntern von der Pro Senectute Aargau ergänzt: «Viele beziehen keine Ergänzungsleistungen, obwohl sie die Anforderungen erfüllen und ein Anrecht darauf haben.» Dies sei auch auf das Einreichen der benötigten Unterlagen zurückzuführen. «Wenn mehr als 10 Prozent dadurch Leistungen nicht beanspruchen, braucht es eine Lösung.» Doch hier würden sowohl die Pro Senectute wie auch der Sozialdienst helfen. Wichtig dabei sei, und da sind sich die drei Referenten einig, dass man sich rechtzeitig Hilfe sucht oder holt. «Ergänzungsleistungen sind keine Sozialhilfe. Auf die Leistungen hat man Anspruch», betont Guntern.
Die Referenten haben einen sehr detaillierten Einblick geben können und die Teilnehmenden haben wertvolle Perspektiven erhalten. Dabei sind die Gemeindezweigstelle SVA und die Pro Senectute eine grosse Hilfe. «Es gibt Lösungen», erklärt Walter Cassina, «ihr müsst den Weg nicht alleine gehen.»