Werd vom Verkehr entlasten
19.09.2023 Rottenschwil, KelleramtAm Runden Tisch in Rottenschwil war Tempo 30 das grosse Thema – aber auch der Verkehr grundsätzlich
Wenn auf den «Schleichwegen» weniger schnell gefahren werden darf, gewinnen die Hauptachsen an Attraktivität. Diesen Effekt will sich Rottenschwil ...
Am Runden Tisch in Rottenschwil war Tempo 30 das grosse Thema – aber auch der Verkehr grundsätzlich
Wenn auf den «Schleichwegen» weniger schnell gefahren werden darf, gewinnen die Hauptachsen an Attraktivität. Diesen Effekt will sich Rottenschwil zunutze machen – auch im Interesse des Weilers Werd.
Rund war er nicht, der Tisch, an dem die Rottenschwiler kürzlich einmal mehr den Austausch zu einem Brennpunkt im Dorfleben gepflegt haben. Und die Gemeinde hatte auch mehr als einen Tisch bereitgestellt. «Etwas kleiner hätte gereicht», stellte Gemeindeammann Daniel Moor angesichts der 25 Anwesenden fest. Von diesen diskutierten allerdings viele rege mit.
Schulweg in beide Richtungen
Die Einführung von Tempo 30 auf den Quartierstrassen und in Werd war als Hauptthema angekündigt. Und die geplante Temporeduktion scheint aufgrund der Wortmeldungen breit abgestützt zu sein. Das gilt besonders für die Werdstrasse. Sie wird von Kindern aus dem Weiler als Schulweg nach Rottenschwil genutzt – und früher fuhr die Dorfjugend hier auch mit dem Velo in die Oberstufe nach Jonen. Die Verkehrssituation lässt das heute kaum noch zu. Das wollen die Rottenschwiler – und vor allem die Werder – sich nicht mehr länger bieten lassen. Sogar von Fahrverbot mit Ausnahme von Zubringerdienst und für Anstösser war von einzelnen Votanten die Rede. Oder von einem Rückbau von Asphaltstrassen zu Schotterwegen.
Da erscheint der Ansatz des Gemeinderats mit der Temporeduktion deutlich weniger konfrontativ. Grundsätzlich braucht es kein Gutachten mehr, um Tempo 30 einzuführen. Die Vorteile in punkto Verkehrssicherheit und Lärmschutz sind kaum umstritten. Eine konzeptionelle Grundlage für Massnahmen hält Verkehrsplaner Daniel Luchsinger trotzdem für zweckmässig. So gehe es etwa darum, die besonders kritischen Stellen zu erfassen. Eine Situationsanalyse inklusive Geschwindigkeitsmessung ermöglicht es zudem, den Erfolg der Massnahmen messen zu können. Das Massnahmenkonzept für Rottenschwil fliesst mit 14 500 Franken ins Budget für 2024 ein, jenes für Werd allein mit weiteren 7500 Franken.
Bauliche Massnahmen in Werd?
Tempo 30 dürfte sich auf den Quartierstrassen von Rottenschwil – fast alles Sackgassen – unkompliziert umsetzen lassen, hielt Luchsinger fest. Bauliche Massnahmen seien wahrscheinlich nicht nötig, die Realisierungskosten entsprechend überschaubar. In seiner Grobkostenschätzung geht Luchsinger von 10 000 Franken für die Markierung, 30 000 Franken für die Signalisation sowie weiteren 10 000 Franken für die Projektleitung und Reserven aus, also insgesamt rund 50 000 Franken.
Komplizierter wird die Situation im Weiler Werd. Hier seien die Realisierungskosten noch nicht abschätzbar, weil sich aufgrund der engen, unübersichtlichen Verhältnisse bauliche Massnahmen aufdrängen könnten. Wobei die Gemeinde frei sei, ob sie diese dann auch umsetzen wolle, hielt der Planer fest, «Aufgrund des Konzepts geben wir lediglich eine Empfehlung ab.» Mehrere Votanten empfahlen, es bei der Temporeduktion zu belassen und auf bauliche Massnahmen zu verzichten – zumindest vorerst.
Auch ausserorts langsamer
«Was gesagt werden musste, ist gesagt», schloss Daniel Moor nach 73-minütiger Diskussion ab. Das Ziel ist klar: Der Durchgangsverkehr soll auf die Hauptachse über die Reussbrücke Rottenschwil kanalisiert werden. Und der Runde Tisch hat den Gemeinderat in seiner Absicht bestätigt, den «Schleichverkehr» durch höhere Widerstände ausbremsen zu wollen. Dazu soll allerdings nicht nur im Weiler selbst das Tempo gedrosselt werden – von 40 auf 30 km/h signalisierter Höchstgeschwindigkeit –, sondern auf mehrfache Anregung aus dem Saal auch im Ausserortsbereich, hier von 80 auf 50 km/h. Vielleicht liesse sich das Temporegime in Absprache mit Oberlunkhofen sogar auf der anderen Reussseite fortsetzen, so eine Anregung aus der Runde.
Im Herbst 2024 sollen die neuen Temporegimes ausgeschrieben werden. Die Umsetzung ist für 2025 vorgesehen. Bereits bewährt haben sich derweil die neuen Vortrittssignalisationen im Dorf. Seit wenigen Wochen sind oberhalb der Schule zwei Rechtsvortritte am Boden markiert. «Die Leute bremsen ab und lassen einen rein», hielt ein Votant fest. --tst
Verkehr sicherer und flüssiger
Im Rahmen des Runden Tischs Rottenschwil brachte Daniel Luchsinger den Anwesenden den aktuellen Wissensstand zu Tempo 30 näher. Demnach erhöhe die Temporeduktion die Verkehrssicherheit in doppelter Hinsicht. Weil die Anhaltewege (Reaktionsweg + Bremsweg) im Vergleich zu Tempo 50 halbiert werden, kommt es seltener zum Unfall. Und falls doch, fällt dieser aufgrund der tieferen Geschwindigkeit in der Regel weniger wuchtig aus: «Von zehn angefahrenen Fussgängern überleben bei 50 km/h deren drei, bei 30 km/h neun», zitiert der Verkehrsplaner aus einer Publikation des Verkehrs-Clubs der Schweiz (VCS).
Dabei muss bei einer Temporeduktion die tatsächliche Fahrzeit nicht zwingend länger werden. In der Regel zeige sich bei tieferen Tempi ein regelmässigerer Verkehrsf luss, so Luchsinger. Will heissen: Die Fahrzeuge beschleunigen zwar nicht mehr so stark, sie müssen aber auch deutlich weniger abrupt abbremsen. Nicht zuletzt reduziert dieses gleichmässigere Fahren auch den Verkehrslärm. --tst