Wenn Bildung teuer wird
29.12.2023 Region UnterfreiamtSchulraum als Thema
Das grosse Wachstum einerseits und die Anforderungen durch den neuen Lehrplan 21 andererseits erfordern in vielen Gemeinden im unteren Freiamt grosse Investitionen in den Schulraum. Dabei zeigt sich immer mehr, dass die alten Schulhäuser nur bedingt für die ...
Schulraum als Thema
Das grosse Wachstum einerseits und die Anforderungen durch den neuen Lehrplan 21 andererseits erfordern in vielen Gemeinden im unteren Freiamt grosse Investitionen in den Schulraum. Dabei zeigt sich immer mehr, dass die alten Schulhäuser nur bedingt für die neuen Vorgaben geeignet sind. Die Schulraum-Problematik bewegt ganz viele Ortschaften. Und teilweise braucht es kreative und neue Lösungsansätze.
Rückblick: Viele Gemeinden im Unterfreiamt befassen sich mit Fragen zum Schulraum
Das Thema Schulraum beherrscht das politische Geschehen in vielen Gemeinden. Niederwil und Sarmenstorf bauen neue Kindergärten, Fahrwangen stimmt über einen Nachtragskredit für den Umbau des Schulhauses ab, Villmergen plant den grossen Coup.
Chregi Hansen
Die Bildung ist in allen Gemeinden der grösste Budgetposten. Das ist nichts Neues. Aber nicht nur der Schulbetrieb selbst generiert Kosten, auch für die Bereitstellung des Schulraums müssen die Kommunen tief in die Taschen greifen.
Derzeit wird diese Tatsache in ganz vielen Dörfern der Region zu einer grossen Herausforderung. Einerseits erleben die meisten Freiämter Gemeinden ein grosses Wachstum. Andererseits bringt der Lehrplan 21 neue Anforderungen mit sich. Seien es die notwendig gewordenen Gruppenräume, neue Fächer, die Aufwertung von Nebenfächern oder auch die spezifischen Anforderungen an die Räume. Dem gegenüber steht die Tatsache, dass viele Schulhäuser der Region schon sehr alt sind. Gebaut also in einer Zeit, in der noch ganz anders unterrichtet wurde.
Warum nicht besser ein neues Schulhaus bauen?
An vielen Orten werden darum die vorhandenen Schulhäuser umgebaut, um sie fit zu machen für die neuen Anforderungen. Investitionen in den Schulraum waren zuletzt Thema an vielen Gemeindeversammlungen im Freiamt. «Das macht so keinen Sinn», sagte sich zuletzt aber Villmergen. Auch hier ist neuer Schulraum nötig. Aber statt das in die Jahre gekommene Schulhaus Dorf zu sanieren und zu erweitern, will man hier einen neuen Weg gehen. Der Gemeinderat hat die Bevölkerung informiert, dass er den Bau eines neuen Schulhauses plant und das alte umnutzen will. Und hat damit etliche Diskussionen im Dorf lanciert.
Die Überlegungen machen Sinn. Denn viele der alten Schulgebäude sind nicht geeignet für die Anforderungen des heutigen Unterrichts. Sie können nur mit viel Mühe und unter Einsatz von viel Geld an die neuen Vorgaben angepasst werden. Und oft ist das Ergebnis trotzdem nicht optimal. Der Villmerger Gemeinderat will darum lieber gleich von null auf ein neues, modernes Gebäude planen, welches alle Anforderungen erfüllt. Noch haben die Stimmbürger nicht entschieden, ob sie hinter dieser Strategie stehen, aber der Entscheid zu einem Strategiewechsel hat einen spannenden Prozess in Gang gesetzt.
Tatsächlich kann ein Neu- statt eines Umbaus Probleme lösen. Doch was macht die Gemeinde mit dem alten Schulhaus? Die Aufgabe eines alten Gebäudes vernichtet sozusagen Kapital. In Villmergen laufen derzeit Diskussionen zu einer möglichen Umnutzung. Dabei zeigt sich: Ideen und Wünsche gibt es viele. Doch sie müssen auch realisier- und finanzierbar sein. Noch gibt es etliche Klippen zu meistern, doch der Villmerger Ansatz ist spannend und könnte anderen Gemeinden als Vorbild dienen.
Kreative Ideen gefragt
Denn das Thema Schulraum bewegt viele Orte in der Region. Und Umbauten, Sanierungen und Erweiterungen gibt es nicht gratis. Das spürt derzeit gerade Fahrwangen, wo es beim ehemaligen Bezschulhaus aus dem Ruder läuft. Abgemachte Termine werden nicht eingehalten, die Kosten explodieren, die Unzufriedenheit ist riesig. Statt in diesem Jahr kann der neue Oberstufenstandort des Oberen Seetals erst im kommenden Sommer bezogen werden. Dies hat zur Folge, dass verschiedene Provisorien länger genutzt werden müssen.
Wenn man allerdings die Fehler bei der Planung und im Bau selbst ausklammert, so wurde auch hier eine gute Lösung gefunden. Wegen des Wegfalls der Bez hatte Fahrwangen ein leeres Schulhaus. Mit dem Umzug von Sek und Real von Sarmenstorf und Meisterschwanden in dieses leer stehende Gebäude wird dieses wieder genutzt, und die beiden anderen Gemeinden erhalten leeren Schulraum, den sie für den notwendigen Ausbau der Primarschule nutzen können. Hier wurde also über die Gemeindegrenze hinaus eine Lösung gefunden. Was allerdings nichts daran ändert, dass alle betroffenen Gemeinden in den Schulraum investieren müssen. Und Sarmenstorf inzwischen auch noch gleich einen neuen Kindergarten planen muss, weil auch hier die Schülerzahlen steigen. Das grosse Bevölkerungswachstum ist für viele Orte eine Herausforderung, muss doch auch die Infrastruktur angepasst werden. Da braucht es manchmal auch kreative Ideen.
Über Umweg zum Ziel
Das Problem vieler Schulraumplanungen ist aber, dass sie oft unter Druck stattfinden. Einmal erhobene Zahlen stellen sich schnell als falsch heraus. Und weil Bauen Zeit benötigt, braucht es immer mal wieder Provisorien. Doch zu viel Tempo ist eben auch gefährlich – nicht selten führt ein Umweg zu einer besseren Lösung. So wie in Niederwil, wo die Bevölkerung vor drei Jahren die Sanierung des Kindergartens Riedmatt abgelehnt hat. Und nun ein neues Projekt mit einem Ausbau des bestehenden Doppelkindergartens Althau eine Mehrheit fand. Und heute alle Verantwortlichen zugeben müssen, dass die neue Lösung so viel besser ist.
Vorausblickend handeln
Trotz allem Druck lohnt es sich also, sich Zeit zu nehmen für saubere Abklärungen und Planungen. Oder vorausdenkend zu handeln. So nimmt Dottikon die anstehende Sanierung des Daches im Schulhaus Hübel zum Anlass, auch noch gleich Dachfenster einzubauen. Zwar besteht derzeit kein Bedarf nach neuem Schulraum, aber man weiss ja nie. Und dank den Fenstern könnte das Dachgeschoss später zu Zimmern ausgebaut werden. Investitionen sollen aber auch immer gut überlegt sein. Schliesslich sollen die Schulbauten dann wieder für Jahrzehnte ihren Dienst leisten. Falls nicht plötzlich wieder eine Schulreform völlig neue Anforderungen an die Infrastruktur stellt.
Vielleicht sollte man bei künftigen Reformvorhaben auch den bereits bestehenden Raum mehr berücksichtigen. Damit nicht wieder alle Gemeinden in einen Investitionsdruck geraten.