Warten am «Tor zur Welt»
27.02.2024 Region UnterfreiamtDer ehemalige Dottiker Hannes Leo Meier lädt zu einer Kunstaktion nach Aarau ein
Eine vier Meter lange Bank, die während Jahrzehnten in Dottikon Menschen vor oder nach dem Reisen begleitete, wird nun in Aarau selbst auf Reisen gehen. Hannes Leo Meier lädt ...
Der ehemalige Dottiker Hannes Leo Meier lädt zu einer Kunstaktion nach Aarau ein
Eine vier Meter lange Bank, die während Jahrzehnten in Dottikon Menschen vor oder nach dem Reisen begleitete, wird nun in Aarau selbst auf Reisen gehen. Hannes Leo Meier lädt am 3. März zu diesem Kunstereignis.
Hannes Leo Meier, Geh-Coach und Time-out-Begleiter, sowie Fotografin Monique Stauffer laden am Sonntag zu einem besonderen Ereignis in Aarau ein. Gemeinsam mit interessierten Teilnehmern und Teilnehmerinnen tragen sie eine vier Meter lange Holzbank durch die Stadt, platzieren sie an ausgewählten Orten und lassen sich auf ihr fotografieren. Zielort ist die Bahnhofstrasse 96, der neue «GehRaum» von Hannes Leo Meier.
Doch welche Geschichte steckt hinter dieser langen Bank? Woher kommt sie? Als Sitzgelegenheit stand sie ursprünglich im Schalterraum des Bahnhofs «Dottikon-Dintikon». Wer auf die Ausgabe eines Tickets, auf das Abfertigen von Reisegepäck oder auf die Ausstellung einer Gruppenreservation wartete, setzte sich da hin. Die Bank war ein Platz für einen kurzen Moment der Ruhe für Menschen auf Reisen, für Personen, die entweder kamen oder gingen. Und sie füllte mit ihrer Länge den ganzen Schalterraum – dies bis vor 30 Jahren, denn im Jahr 1994 wurde das alte Bahnhofsgebäude, in dem sie stand, abgerissen.
«Im Dienst» war die Bank noch zu jener Zeit, als die SBB von den Kartonfahrkarten auf die papierenen Tickets wechselten. Das Bahnhofsgebäude aber, in dem sie stand, überlebte den allgemeinen Wandel im Zugsverkehr nicht, es musste einer betongeprägten Anlage weichen. Mit ihm verschwand auch jener seinen Hut lüftende Bahnhofsvorstand, der die Lokführer jeder Zugsfahrt grüsste.
Erinnerungen erhalten
Zu jener Zeit war Hannes Leo Meier 30 Jahre alt. Der Dottiker hatte in Zürich die Schauspielakademie als Theaterpädagoge abgeschlossen und entschied sich, dem Verschwinden des Gebäudes etwas Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Zu wichtig schien ihm dieser Ort, als dass man ihn einfach so der Schaufel des Baggers hätte überlassen dürfen. Aus Kindheit und Jugend verband er wichtige Erfahrungen von Abreise und Ankunft mit diesem Gebäude. Es schien ihm ein Garant dafür zu sein, dass es noch mehr geben müsste als nur dieses Dörfchen Dottikon. Und wie platzte er jeweils beinahe vor Freude, wenn die Klasse von dort aus auf Schulreise fuhr. Das Gebäude war für ihn eine gewisse Zeit lang eine Art «Tor zur Welt».
Meier war sich zudem bewusst, wie intensiv dieses Gebäude das Leben jener Fabrikarbeiter und -arbeiterinnen mitgeprägt hatte, die während Jahrzehnten in der unweit gelegenen ziegelsteinroten Bally-Schuhfabrik gearbeitet hatten. Oder auch jene Migranten, die in den Siebzigerjahren zum Beispiel von Italien her zum ersten Mal in Dottikon ankamen. Eine szenische Lesung schien Hannes Leo Meier die richtige Form zu sein für einen gehaltvollen Abschied. Zusammen mit zwei ehemaligen Studienkollegen bearbeitete er Gerhart Hauptmanns «Bahnwärter Thiel» und sie präsentierten ihre Fassung, begleitet von den Klängen eines Kontrabasses, dreimal in der damals schon weitgehend ausgeräumten Schalterhalle.
Weil er von den Verantwortlichen der SBB erfuhr, dass die «lange Bank», wie alles aus diesem Gebäude, entsorgt werden sollte, liess er sie sich als eine Art «Lohn mit Erinnerungspotenzial» schenken. Dreissig Jahre lang stand die Bank nun in einem Schuppen. Jetzt liess Meier die Bank von Dottikon nach Aarau bringen, sie findet im Raum von «Timeout-Coaching» ihren neuen Platz. Und weil sie als ein Symbol für «Reisen, Innehalten und Ankommen» steht, soll sie am Sonntag mit der «Geh- und Kunstaktion» erneut in einen künstlerischen Fokus geraten.
Die Aktion vom Sonntag dauert von 14 bis 16 Uhr und startet an der Schwanbarwiese in Aarau vis-à-vis Mühlemattstrasse 50. Mitmachen können alle, die Lust haben, diese Aktion zu unterstützen. Anmeldung via Mail: coaching@hlmeier.ch. --red