Wahre Geschichten erzählen
07.02.2025 Berikon, MutschellenAnna Guarino stellt an der photoSchweiz in Zürich zum Thema «Mülltaucher» aus
Ab heute bis am Dienstag, 11. Februar, präsentieren an der photoSchweiz im Kongresshaus Zürich rund 250 mehrheitlich einheimische Fotografen ihre Werke. Eine davon ...
Anna Guarino stellt an der photoSchweiz in Zürich zum Thema «Mülltaucher» aus
Ab heute bis am Dienstag, 11. Februar, präsentieren an der photoSchweiz im Kongresshaus Zürich rund 250 mehrheitlich einheimische Fotografen ihre Werke. Eine davon ist Anna Guarino aus Berikon. Sie verbindet Reportagebilder mit Kunst.
Roger Wetli
«Ich wollte sehen, warum sie es machen und was sie motiviert», erklärt Anna Guarino, wieso sie einen Tag den Verein «R(h)eingeworfen» mitten in der Stadt Basel mit ihrem Fotoapparat begleitete. Dieser Verein birgt regelmässig in Neoprenanzügen Abfall aus dem Rhein. «Ich hatte bisher nie Kontakt mit Umweltaktivisten und glaubte auch nicht, dass ihr Tun global etwas bewirken kann. Jetzt bin ich anderer Meinung.»
Selber beeindruckt worden
Ende August 2024 stand die Berikerin zum Teil selbst ins Wasser und fotografierte über und unter der Wasserlinie. «Es faszinierte mich sehr», lacht sie. Und sie ist beeindruckt von der Motivation der «Abfallfischer». «Deren Initialzündung war anfangs nur, nach einer beim Baden im Rhein durch Scherben verursachten Fussverletzung diese messerscharfen Gegenstände zu beseitigen, damit das Flussschwimmen wieder sicherer wird. Daraus ist aber schnell mehr geworden», weiss Anna Guarino.
Die Aktivisten bargen neben Glasscherben zum Beispiel Pistolen, Schlüsselbunde, Schmuck, gefälschte Rolexuhren und sehr viele Sonnenbrillen. «Als ich da war, fanden sie auch eine noch funktionierende Smartwatch. Sie schafften es, den Besitzer ausfindig zu machen, der sie noch am selben Tag abholte», staunt die Berikerin.
Bis das Gefühl stimmt
Die Idee, diesen Verein einen Tag zu begleiten, entstand durch eine befreundete Galeristin. «Ziel war es, ein Projekt zum Thema «Kunst aus der Tiefe» umzusetzen. Das tun jetzt aber andere», erklärt sie. Guarino dagegen fotografierte und filmte. Die Fotos bearbeitete sie danach über Tage und Wochen immer wieder. «Ich tat das so lange, bis ich das Gefühl hatte, mit den jeweiligen Fotos zufrieden zu sein», gibt sie Einblick. Wobei sie sich auf einfaches Editieren beschränkte, ein Foto mal farbig liess oder es schwarz-weiss bearbeitete, passende Ausschnitte wählte und in zwei Fällen jeweils zwei und drei Fotos zu einer Collage zusammenfasste. Elf dieser Bilder stellt sie ab heute an der photoSchweiz aus.
War Anna Guarino in Zürich letztes Jahr mit Bildern anzutreffen, die sie mit der Hilfe von Künstlicher Intelligenz erzeugte, nutzte sie diese Technologie diesmal bewusst nicht. «Ich wollte jetzt etwas Echtes machen. Etwas, was eine richtige Geschichte besitzt.» Man könne zwar mit Künstlicher Intelligenz sehr kreativ sein. Die Berikerin stellte aber fest, dass so erzeugte Bilder über viel weniger Seele verfügen. «Ich kann über diese Fotos nicht viel mehr erzählen, als dass ich alleine am Computer sass und etwas ausprobiert habe. Das gibt mir mittlerweile zu wenig.» Die Bilder einer Fotoreportage würden dagegen Geschichen erzählen, die sie so erlebt habe. «Das macht für mich einen grossen Unterschied.»
Sie reize es, im vergänglichen Moment die richtigen Bildperspektiven zu erwischen. «Natürlich überlege ich mir dabei bereits beim Fotografieren, was und wie ich es schlussendlich zeigen und allenfalls leicht bearbeiten könnte», gibt Anna Guarino Einblick. «Viele Motive sind aber schlicht nicht vorgängig planbar.» So entstand etwa ein Bild, das die Vereinspräsidentin mit einem im Rhein gefundenen farbigen Damenslip über ihrem Neoprenanzug und im Wasser liegend zeigt, aus einer spontanen Idee. «Ich fotografierte sie vom Ufer aus. Das Bild lässt jetzt einen grossen Interpretationsspielraum», ist Guarino überzeugt. «Ich fühlte mich nach diesem Tag sehr inspiriert», ist die Berikerin begeistert. Der Verein dürfe ihre Bilder jetzt nutzen. Darunter auch diejenigen, die sie ab heute einer breiten Öffentlichkeit präsentiert.
Inspirierender Austausch
Anna Guarino schätzt die photo-Schweiz, weil sie dort viele Leute erreichen kann. Sie wird so oft wie möglich bei ihren Fotos anzutreffen sein, um dort Gespräche zu führen. «Natürlich gibt es auch einen spannenden Austausch zwischen den verschiedenen Fotografen», ist Anna Guarino dankbar. «Und vielleicht wird ja der eine oder andere Besucher auf einen aufmerksam und es entstehen neue Ideen. Ich bleibe auf jeden Fall kreativ.»
Fünf Freiämter Fotografen
Die Werke von 19 Aargauer Fotografen sind an der photoSchweiz zu entdecken. Aus dem Freiamt präsentieren neben Anna Guarino auch Mani Winkler aus Berikon, Stefan Heesch aus Büttikon, Werner Nussbaum aus Widen uns Alexander Sitner aus Wohlen ihre Fotos. Mani Winkler integriert in seine Fotografien von Landschaften im Nebel mittels künstlicher Intelligenz Frauenkörper mit Tierköpfen. Die Bilder von Stefan Heesch zeigen gestylte Models an einer Fashion Show. Werner Nussbaum hat sich Graffiti verschrieben. Diese fotografiert er zusammen mit Menschen oder Gegenständen im Wissen, dass diese Kompositionen und die Graffiti selbst nicht ewig bleiben werden. Motiven aus der Natur hat sich dagegen Alexander Sitner verschrieben. Er zeigt Pflanzen und Tiere aus spannenden Perspektiven. --rwi