Von Kirchen und «Umbeisgi-Hügeln»
05.09.2023 Boswil, Region OberfreiamtDie gut besuchte Musikwanderung beleuchtete die Geschichte der Region
Allerhand Interessantes und Erhellendes hatte Lokalhistoriker Benedikt Stalder auf der Musikwanderung von Boswil nach Muri zu erzählen. Organisiert wurde diese vom Künstlerhaus Boswil. ...
Die gut besuchte Musikwanderung beleuchtete die Geschichte der Region
Allerhand Interessantes und Erhellendes hatte Lokalhistoriker Benedikt Stalder auf der Musikwanderung von Boswil nach Muri zu erzählen. Organisiert wurde diese vom Künstlerhaus Boswil.
Das Wetter ist prächtig, genauso wie die Stimmung unter den über 50 Musik- und Geschichtsbegeisterten, die sich an diesem Tag auf einen Rundgang von Boswil nach Muri und wieder zurück machen. Man knüpft Kontakte, tauscht sich aus – vor allem aber lauscht man den interessanten Ausführungen von Benedikt Stalder, dem ehemaligen Gemeindeammann und Lokalhistoriker von Boswil.
Treues Publikum
So erzählt er auf seinem Weg, dass es in Boswil schon 1500 vor Christus eine keltische Siedlung gab und gewisse Flurnamen noch immer ihren keltischen Namen beibehalten haben. Stalder weist zum Beispiel auf die Stelle des Hundo hin, Keltisch für «Anführer», in deren Nähe 2007 eine keltische Feuerstelle und ein 82 Zentimeter grosses keramisches Gefäss ausgegraben wurden. «Einige der Flurnamen sind keltischen Ursprungs», nimmt Stalder an. Und Stalder wird es wohl wissen, hat er doch ein Buch über die Boswiler Flurnamen geschrieben. «Bis jetzt hat mir noch niemand widersprochen», fügt er gerne an, wenn die Herleitung der Namen etwas unsicher erscheint.
Die Musikwanderung gibt es bereits seit mehreren Jahren, jedoch ist es das erste Mal, dass sie mit der lokalen Geschichte verknüpft wird. Elisabeth Widmer aus Oberwil-Lieli, die seit zehn Jahren an der Musikwanderung teilnimmt, erzählt lachend: «Ich bin seit Tag eins dabei. Boswil ist der Musik-Kraftort meiner Familie seit 47 Jahren.» Sie ist nicht die einzige treue Teilnehmerin am «Boswiler Sommer». Die Treue der Besucherinnen und Besucher schätze er am Festival, merkt Miklos Vali an, der bereits seit vielen Jahren jeden Sommer nach Boswil zurückkehrt, um die Veranstaltungen zu filmen und zu fotografieren. Über das Festival sagt er: «Es ist ein kleines Musikfestival mit einer sehr hohen Qualität in einer unglaublich schönen Umgebung.» Das bestätigt auch diese Wanderung.
Verschiedene Konzerte in Muri und Boswil
Am Startort in Boswil wird unterwegs vor der Kirche St. Pankraz gehalten, die an eine Kathedrale erinnert. «Und noch grösser hätte gebaut werden können, wenn der Kanton nicht sein Veto eingelegt hätte», erzählt Stalder. Auch heute wundert man sich teilweise noch, wie sich ein so kleines Dorf eine so grosse Kirche leisten konnte und wollte.
Beim Verlassen des Dorfes offenbart sich eine paradiesische Aussicht, die die Hitze und Anstrengungen der Wanderung vergessen lässt. Spätestens beim Aufstieg zum «Umbeisgi-Hügel» (Umbeisgi ist Freiämter Dialekt für «Ameise») fliesst der Schweiss. Jedoch kann man sich regelmässig kurz ausruhen, wenn Benedikt Stalder eine weitere Geschichte aus seiner Schatztruhe zaubert.
Darunter erzählt er beim Halt beim Sentenhof, dass die Familie Ineichen diesen bereits seit sechs Generationen führt. Die Familie durfte nach der Auf hebung des Klosters Muri 1841, zu dem das Anwesen gehörte, den Hof übernehmen. Die Ineichen waren liberale Luzerner und entsprachen damit «dem Gusto der liberalen Klosterstürmer», so Stalder weiter. Das Mittagessen in der Scheuer des Sentenhofs wird von der irischen Band «iár bán» begleitet, in der auch Mario Ineichen mitspielt.
Mit Konzerten geht es an diesem Nachmittag weiter. So kommen die Wanderfreudigen im Kloster Muri in den Genuss eines Orgelkonzertes und den krönenden Abschluss des Tages bildet das klassische Konzert im Künstlerhaus Boswil, mit dem die Teilnehmenden für die anstrengende Wanderung belohnt werden.
Das Jubiläumsfestival zum 70. Geburtstag des Künstlerhauses ist noch lange nicht zu Ende. Es dauert noch bis im Dezember. Von insgesamt sieben Kapiteln der Jubiläumsfeier ist man nun bereits beim 5. namens «Geschichte(n)» angelangt. Es folgen noch «Spiel-Feld» und «Dialog». Man darf sich also auf die Fortsetzung freuen. --gum


