Vertrauen verdient
17.06.2025 BremgartenDer Souverän entschied: Der Stadtrat bekommt mehr Lohn und der Kunstrasen für den FCB bleibt ein Traum
Vier Stunden zu verhandeln, argumentieren und diskutieren galt es an der «Gmeind» in Bremgarten. Grossmehrheitlich fielen die Entscheidungen deutlich ...
Der Souverän entschied: Der Stadtrat bekommt mehr Lohn und der Kunstrasen für den FCB bleibt ein Traum
Vier Stunden zu verhandeln, argumentieren und diskutieren galt es an der «Gmeind» in Bremgarten. Grossmehrheitlich fielen die Entscheidungen deutlich aus: Unter anderem einmal für die Erhöhung der Entschädigung für den Stadtrat und einmal gegen den Projektierungskredit für einen Kunstrasenplatz.
Sabrina Salm
Vor einem halben Jahr wurde das Gesamtprojekt Sportanlage Bärenmatt zurückgewiesen. Teil des Projekts wäre ebenfalls ein Kunstrasen gewesen. Das Stimmvolk entschied, dass das Projekt nicht vor 2030 wieder aufs Tapet gebracht werden soll. Nun aber fanden die Bremgarterinnen und Bremgarter ein erneutes Traktandum, wobei sie über einen Projektierungskredit von 420 000 Franken für einen Kunstrasenplatz auf der Bärenmatt entscheiden durften. Grund für den erneuten Anlauf ist, dass der Swisslos Fond den FC Bremgarten für einen Kunstrasen mit 400 000 Franken unterstützt – aber nur wenn die Baubewilligung bis Dezember 2027 vorliegt. «Die Vorbereitung braucht Zeit und diese ist knapp. Deshalb beantragen wir heute den Projektierungskredit», erklärt Vizeammann Doris Stöckli. Es sei nicht sicher, ob man nach 2030 wieder den Beitrag des Kantons erhalten würde. «Die Finanzspritze des Kantons ist eine grosse Chance für uns», sagt FC-Bremgarten-Vorstandsmitglied Patrick Weber an der Gemeindeversammlung von letzter Woche.
Der Sportverein würde ebenfalls 250 000 Franken an die Realisierung des Kunstrasen beisteuern. Der Stadtrat gehe von Realisierungskosten von 3 Millionen Franken aus. «Wie der Stadtrat auf diese Summe kommt, weiss ich nicht. Die Kostenschätzungen liegen zwischen 1,6 und 1,9 Millionen Franken», wundert sich Weber.
Auf Geschenk verzichten?
Viele Voten sprachen sich darüber aus, dass der Projektierungskredit viel zu hoch sei. Stöckli wies darauf hin, dass der Platz wegen den Angaben des Aargauischen Fussballverbands grösser sein müsste und somit eventuell gewisse Parkplätze weichen müssten. Den Kunstrasen unabhängig von dem Gesamtprojekt Bärenmatt zu realisieren, sei nicht sinnvoll, fanden andere. Die Finanzkommission sprach sich gegen den Kunstrasen aus und betonte «Bremgarten hat kein Geld.» Man könne es sich nicht leisten, noch mehr Schulden zu machen. Die Verschiebung des Sportanlageprojekts habe ihren Grund und mache die Schulden kleiner. «Das ist das Ziel der Verschiebung und da hinein gehört auch der Kunstrasenplatz.» Deshalb lehne die Fiko auch diese Investition konsequent ab.
Die Befürworter argumentierten damit, dass der Fussballclub dringend darauf angewiesen sei. Die Infrastruktur des FC lässt schon länger zu wünschen übrig. Ausserdem sei ein Kunstrasen viel günstiger beim Unterhalt als ein Naturrasen. «Stellt nicht immer das Geld in den Mittelpunkt, sondern den Menschen», meinte ein Votant. «Wollen wir wirklich auf das Geschenk von 400 000 Franken von Swisslos verzichten?» Wie es schien, wollten das die Stimmbürgerinnen und -bürger riskieren und das inbrünstige Votum brachte nichts. Grossmehrheitlich mit 54 Ja, zu 164 Nein-Stimmen wurde der Projektierungskredit abgelehnt.
Mehr Infos gewünscht
Der Kunstrasen war nicht der einzige Antrag auf der langen Traktandenliste, der viel Diskussionsstoff bot. Bereits im Vorfeld war klar, dass die geplante Erhöhung des Gemeindebesoldung zu reden geben würde. Wieso? Der Stadtrat beantragte eine Entschädigung für die kommende Amtsperiode 2026/2029 folgendermassen: Ammann mit einem Teilpensum von 80% und einer Jahresentschädigung von 152 000 Franken (vorher 50% mit 95 000 Franken), Vizeammann mit 30% und 48 000 Franken (40 000 Franken), Stadtrat des Departements 3, Bildung/Schulen, Kultur und Sport mit einem Teilpensum von neu 40% und einer Entschädigung von 64 000 Franken (20%, 31 000 Franken) die anderen Stadträte bleiben bei 20%, jedoch mit einer Jahresentschädigung von neu 32 000 Franken (31 000 Franken). Begründet wird die Erhöhung durch den deutlichen Mehraufwand und steigende Anforderungen, welche insbesondere der Stadtammann und der Gemeinderat mit dem Ressort BKS haben. Die Fiko habe dies lange und kontrovers diskutiert. Dagegen spreche, dass die finanzielle Lage von Bremgarten sehr angespannt sei. Andererseits sei die Belastung unbestritten hoch und man solle nicht am falschen Ort sparen. Sie sprach sich für die Anpassung aus. Opposition gab es unter anderem von der Mitte. Karin Koch Wick fand das Vorgehen befremdlich: «Wir wurden zu spät darüber informiert. Ausserdem redet man hier nicht nur von einer Erhöhung sondern von einem Strukturwandel.»
Gut investiertes Geld
Die Vorwürfe betreffend zu späte Information wurden von Sandro Schmid (GLP) revidiert. Schon im März seien die Parteien erstmals über die geplante Entschädigungsänderung informiert worden. Der Strukturwandel von einem Milizsystem hin zu einem professionellen Ammann hingegen lag einigen Stimmbürgern quer im Magen. «Das ist schon ein grösserer Schritt», meinte ein Votant. Stadtammann Raymond Tellenbach betonte: «Die heutige Abstimmung bringt noch keinen Systemwandel. Es ist erst der Anstoss dazu, womit sich der zukünftige Stadtrat eventuell befassen könnte.» Ein Grossteil der Versammlungsteilnehmenden fand, dass die Personen, welche die Verantwortung in einem Stadtratamt übernehmen, das Vertrauen und die Wertschätzung aus der Bevölkerung verdient hätten. «Es ist gut investiertes Geld», so ein Votant. Somit wurden nach langem, hitzigem, aber fairem Schlagabtausch die vielen Änderungsanträge abgeschmettert und schliesslich der Antrag des Stadtrats mit grossem Mehr angenommen. Die ereignisreiche Gemeindeversammlung im Städtli endete nach vier Stunden regen Diskussionen.
Die Beschlüsse
Von 5647 stimmberechtigten Bremgarterinnen und Bremgartern waren deren 260 anwesend. Sie genehmigten die Protokolle, den Rechenschaftsbericht, die Jahresrechnung und die Kreditabrechnungen. Der Rückweisungsantrag bezüglich der Entschädigung von dessen Mitgliedern für die Amtsperiode 2026/2029 sei zu überarbeiten, wurde deutlich abgelehnt. Ebenfalls die vorgeschlagene Geheimabstimmung bei diesem Traktandum. Abgelehnt wurde auch der Antrag der SP und von Läbigs Bremgarte, über die Entschädigung einzeln abzustimmen. Mit grossem Mehr wurde der Antrag vom Stadtrat gutgeheissen. Angenommen wurde das revidierte Reglement zur Kinderbetreuung sowie das überarbeitete Reglement zur Führung der Tagesstrukturen. Bewilligt wurde die Anschaffung von digitalen Wandtafeln an den Schulen für 420 000 Franken. Genehmigt ist das Reglement für Betrieb der Badeanlage. Abgelehnt wurde der Projektierungskredit von 420 000 Franken für den Kunstrasenplatz Bärenmatt. Bewilligt wurde der Kredit von 580 000 Franken für den Umbau Regenauslass in Hermetschwil-Staffeln. Unter Verschiedenem wurde der langjährige Gesamtschulleiter Guido Wirth verabschiedet. Er wird Ende des Schuljahres pensioniert. --sab
«Zeichen gegen den Sport»
FC-Bremgarten-Präsident Chad Evans zur Kunstrasen-Niederlage
Die Ablehnung des Projektierungskredits für den Kunstrasenplatz ist ein Rückschlag für den FC Bremgarten. Clubpräsident Chad Evans äussert sich entsprechend: «Die Stadt setzt damit ein Zeichen gegen den Sport. Ohne den Kredit bleibt alles beim Alten. Bei Regen bleiben die Plätze auf der Bärenmatt geschlossen. Dutzende Kinder und Jugendliche können dann nicht trainieren. Unsere Kapazitätsprobleme bleiben ebenfalls bestehen. Nach zweieinhalb Jahren Wartezeit konnten wir kürzlich jemand aufnehmen. Aber über 120 Kinder stehen noch auf der Warteliste. Daran ändert sich vorerst nichts.»
Evans kritisiert zudem die Präsentation des Projekts: «In der Summe war nicht nur der Kunstrasenplatz enthalten, sondern beispielsweise auch eine neue LED-Beleuchtung inbegriffen. Die Beleuchtung kann gar nicht abgelehnt werden.» Sie müsse aufgrund der kantonalen Energiesparmassnahmen auf LED umgerüstet werden. «Es ist nicht korrekt, diese Kosten mit einzukalkulieren.» Ebenfalls zeigten Bodenproben von 2020 schon, dass die Plätze auf der Bärenmatt längstens neu erstellt werden müsste. «Dadurch erscheint der Kunstrasen teurer. Ich verstehe auch nicht, wieso man sich auf ein Planwahlverfahren versteift hat. Dadurch hat man sich auf den Preis eines bestimmten Anbieters festgelegt.» Stattdessen hätte man das Projekt öffentlich ausschreiben und sich dann für das beste Angebot entscheiden können, findet Evans. «Das Votum sendet ein falsches Signal in Richtung Kanton.» Die Aussage sei jetzt: «Wir haben euer Geld nicht nötig.» Die Stadt hat sich beraten lassen und wurde nach Ansicht des FC-Präsidenten falsch beraten.
Die Kapazitätsprobleme betreffen nicht nur den Fussballclub, sondern auch Unihockey, den Turnverein und Tischtennis. «All diese Vereine erzielen sportliche Erfolge und werden ausgezeichnet. Die Vereine repräsentieren die Stadt positiv, erhalten aber wenig politische Unterstützung. Ich habe auch den Vorwurf gehört, dass der FC Bremgarten zu wenige Leute für die Abstimmung mobilisiert hat.» Evans erklärt: «Wir haben sehr viele Mitglieder aus Bremgarten, sowie Hermetschwil-Staffeln, die kein Stimmrecht besitzen, weil sie keine Schweizer sind. Wir nehmen aber auch Menschen aus den umliegenden Gemeinden auf. «Dieser Vorwurf ist unfair.»
Trotz allem blickt der Präsident des FC Bremgarten nach vorn. «Es geht nicht darum, unseren Frust zu betonen, sondern darum, am Ball zu bleiben.» Noch sei nichts verloren, aber die Angelegenheit müsse gründlich aufgearbeitet werden. «Die Stadt muss prüfen, wo sich ein solches Projekt stattdessen realisieren lässt und dann Offerten einholen. Die Verantwortung liegt aber bei der Politik und nicht bei den Sportvereinen. Alle umliegenden Gemeinden ersetzen/erneuern seit Jahren die Sportanlagen und gehen an deren Ränder.» Chad Evans findet: «Jetzt muss dieses Abstimmungsresultat mit dem Kanton besprochen werden, sodass der Sport nicht nur eine Randnotiz in Bremgarten bleibt.» --jl