Unvergessliche Momente
19.09.2025 Wohlen, AutoDie Raylle-Brüder sind zurück und denken nicht ans Aufhören
Die Brüder Stefan, Beat und Thomas Peter und ihr 32-jähriger VW Polo sind von ihrem Pothole Rodeo Baltic zurück. Sieben Tage lang durchquerten sie von Polen aus Litauen, Lettland und ...
Die Raylle-Brüder sind zurück und denken nicht ans Aufhören
Die Brüder Stefan, Beat und Thomas Peter und ihr 32-jähriger VW Polo sind von ihrem Pothole Rodeo Baltic zurück. Sieben Tage lang durchquerten sie von Polen aus Litauen, Lettland und Estland. «Rechne mit allem – ausser mit Urlaub» hat sich bewahrheitet.
Monica Rast
Die Räder scharren und der Staub zieht langsam weg, als Beat Peter im «Garacho» auf dem Parkplatz des Isler-Areals eine Kurve zieht. Die Steine fliegen nur so dahin. Dem alten VW-Polo merkt man die 5000 zusätzlichen Kilometer nicht an. Kaum treffen die Brüder Stefan, Beat und Thomas für ein Bild aufeinander, geht es schon los. Der Jüngste (Thomas) soll sich ins Auto setzten, aber die Lederjacke ausziehen. «Die passt nicht ins Bild», meint Beat vorwurfsvoll. «Es sieht zu ‹geschleckt› aus.»
Die Brüder sind sich nicht zu schade, einander ihre Gedanken kundzutun. Wie prophezeit geraten sie auf ihrer Baltic-Tour mehrmals aneinander. «In der Regel wegen Peanuts», meint Stefan lachend und Thomas ergänzt: «Und meinetwegen, weil ich der Jüngste bin.» – «Du hattest auch immer Hunger», wirft Beat hinterher.
Besonders der Fahrstil von Thomas versetzt die zwei anderen in Panik. «Er hat das Lenkrad mit 150 Sachen nur mit dem Daumen gehalten», erklärt Beat empört und Stefan meint: «Das geht so nicht, da sind wir schon etwas reifer.» Thomas ist der Schnellfahrer unter den Brüdern. Auch wenn er keine Ahnung hat, was vor ihm liegt. «Thomas hat den King rausgehängt und ist mit der alten Gurke über die Offroadpiste gerast», erzählt Stefan lachend, «dabei hat es geregnet und wir haben uns schon in die Hände gespuckt und waren bereit zum Schieben.» Doch Thomas macht seine Sache gut und erhält von den anderen Teilnehmern dafür Applaus.
Auch auf einer vom Organisator gemieteten Rennpiste zeigt der Polo, dass er noch nicht zum alten Eisen gehört. «Wir sind wie die Blöden volle Kanne über die Piste gerast», meint Stefan lachend, «dass uns da der Karren nicht im Stich gelassen hat, ist ein Wunder.»
Alles richtig gemacht
Die Brüder fallen mit ihrem kleinen Polo immer wieder auf. Unter den über 160 Fahrzeugen gibt es nicht viele Fahrzeuge, die so viele Jahre auf dem Buckel haben. Für sie aber ist es Liebe auf den ersten Blick. «Wir haben mit ihm alles richtig gemacht.» Keine Reparaturen auf der ganzen Strecke. «Das Auto ist bei Regen nur nicht ganz dicht und bei der Fensterkurbel auf der Beifahrerseite zieht es den Staub ins Innere des Fahrzeuges», ergänzt Thomas. «Erst auf der Heimfahrt wurde vom Zöllner hinten am Polo ein Platten festgestellt», erinnert sich Beat. Die ganze Rallye wurde bestens organisiert. Das hat die Brüder besonders beeindruckt. Man ist angekommen und musste sich um nichts kümmern. Alles war bestens vorbereitet. Vor dem Start bekommen alle Teams ein Roadbook mit sehr ausführlichen Hinweisen. Von Sehenswürdigkeiten, Geschwindigkeitsbegrenzungen bis hin zu Sätzen in den jeweiligen Landessprachen. Es ist wie ein Reiseführer aufgebaut mit vielen witzigen Storys der Tour. «Bis wir gemerkt haben, dass wir das Büchlein lesen sollten, dauerte es schon eine Weile», erklärt Thomas belustigt. Die Brüder geniessen die Zeit auf der Tour. Die Massagepistole wird nicht mal gebraucht. «Kein Nackenweh und keine Rückenschmerzen. Wir haben die Wehwehchen zu Hause gelassen», lacht Stefan und Thomas ergänzt: «Es rüttelt wie auf einer Powerplate. Trotzdem ist es das Geilste, was ich in den letzten Jahren erlebt habe.»
Gerade mal 145 Punkte fehlen zum Sieg
Beim Pothole Rodeo geht es nicht um Geschwindigkeit, sondern um Spass und Abenteuer. Anhand von Bierdeckeln verteilen sich die Teilnehmer untereinander Punkte. Und die «Schwammi Brudis», wie sie sich nennen, fallen definitiv auf. Denn wer hätte gedacht, dass in dieser kleinen Karre drei Personen Platz haben. «Was, da kommt noch einer raus», bekommen sie immer wieder zu hören. Dies sichert ihnen schon einige Pluspunkte.
Zudem erhalten die Teams Punkte für gelöste Challenges und gute Bilder. Unter anderem gibt es die eine Aufgabe, wo die Teams sich zwei Handwerker suchen, diese in einen Liegestuhl setzten und dann ihre Arbeit übernehmen. «Ganz wohl war es ihnen aber nicht, als sich Beat auf den Motormäher setzte», meint Stefan lachend, «auch ich wurde nicht aus den Augen gelassen.»
Vor jedem Aufbruch wird noch «Lenny» verlost. Wer das Los zieht, muss das übergrosse Maskottchen mitführen. Es durfte weder nass noch schmutzig werden. «Zum Glück haben wir nie das Los gezogen», meinen die Brüder fast gleichzeitig.
So kämpfen die Teams inklusive Crew durch unwegsames Gelände, über Schotterpisten und durch Flüsse und Wälder. Am Schluss erreichen Stefan, Beat und Thomas den sechsten Schlussrang, mit gerade Mal 145 Punkten weniger als der Erstplatzierte. Bei über 2000 Punkten ein Klacks.
«Da ist noch Luft nach oben», meint Stefan und hat sich gleich für das nächste Pothole Rodeo, dieses Mal für die Celtictour angemeldet. Mit an Bord, Beat, der es kaum erwarten kann, den alten Polo auf neuen Wegen in England, Irland und Schottland zu testen.