Umfahrung nur langfristige Option
21.11.2023 WohlenUmfahrung muss länger warten
Vertreter von Kanton und Gemeinde legten gestern Montag die Resultate vor über den Stand der Verkehrsplanungen in Wohlen. Eine allfällige Umfahrung hat keine Priorität, so das Resultat der Prüfungen. Flächen ...
Umfahrung muss länger warten
Vertreter von Kanton und Gemeinde legten gestern Montag die Resultate vor über den Stand der Verkehrsplanungen in Wohlen. Eine allfällige Umfahrung hat keine Priorität, so das Resultat der Prüfungen. Flächen für zwei Umfahrungsvarianten wurden zwar im Richtplan gesichert – aber nur als langfristige Option. Zuerst sollen andere Verkehrsmassnahmen Verbesserungen bringen. --dm
Keine Priorität: In Wohlen werden die Flächen für zwei Umfahrungsvarianten im Richtplan gesichert
Die Prüfung einer Umfahrung von Wohlen ist seit längerer Zeit ein Thema. Der Kanton hat fünf Varianten inklusive eines Stadttunnels detailliert geprüft. Er kommt zum Schluss, dass eine Umfahrung derzeit nicht zweckmässig ist. Kurz- bis mittelfristig wollen Gemeinde und Kanton die Verkehrssituation mit anderen Massnahmen optimieren.
Die wichtigsten Entscheide zuerst: Eine Umfahrung von Wohlen bleibt eine langfristige Lösungsoption. Deshalb werden im kantonalen Richtplan neu zwei Umfahrungsvarianten als Zwischenergebnis gesichert. Zur Optimierung der Verkehrssituation sollen verschiedene Verbesserungen für den Fuss- und Veloverkehr, Angebotsverbesserungen im öffentlichen Verkehr sowie die Umsetzung eines Verkehrsmanagements beitragen.
Gleich vorneweg: Vor allem beim Thema Umfahrung hat sich der Gemeinderat mehr erhofft. Er hätte es gerne gesehen, wenn der Entscheid positiver ausgefallen und weitere Schritte gerechtfertigt wären, sagt Gemeindeammann Arsène Perroud auf Anfrage.
Im Korridor zwischen Wohlen und Waltenschwil
Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau und die Gemeinde Wohlen haben sich in den letzten Jahren intensiv mit der Verkehrssituation in Wohlen auseinandergesetzt. Im kantonalen Richtplan ist die Südumfahrung Wohlen als Zwischenergebnis eingetragen. Im Rahmen der «Zweckmässigkeitsbeurteilung Umfahrung Zentrum Wohlen» wurden fünf Umfahrungsvarianten auf ihre Machbarkeit, ihre verkehrliche Wirkung sowie bezüglich ihrer Auswirkungen auf Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft geprüft.
Vier der fünf geprüften Varianten liegen im Korridor zwischen Wohlen und Waltenschwil. Diese Umfahrungsvarianten wären mit einem neuen Anschluss zwischen Büeli sacker und der Büttikerstrasse an die Farnstrasse (K124) angebunden und nördlich des Wannenhübels an die Bremgarterstrasse (K127).
Die Varianten unterscheiden sich durch ihre Lage, die Länge und die Anzahl der Tunnelabschnitte. Neben den vier Varianten im Bereich des heutigen Richtplaneintrags zwischen Wohlen und Waltenschwil wurde zusätzlich eine rund drei Kilometer lange Tunnelvariante unter dem Siedlungsgebiet von Wohlen geprüft.
Die Entlastung ist nicht hoch genug
Die Variantenbeurteilung kommt zum Schluss, dass keine der Umfahrungsvarianten derzeit zweckmässig ist. Eine Umfahrung würde zwar eine gewisse verkehrliche Entlastung bewirken. So könnte beispielsweise auf der Zentralstrasse zwischen Postplatz und Kirchenrain der Verkehr um bis zu zwanzig Prozent gegenüber dem zukünftigen Zustand ohne eine Umfahrung reduziert werden. Die Entlastungswirkung ist insgesamt aber nicht genügend hoch, als dass sich dadurch wesentlich kürzere Fahrzeiten für den motorisierten Individualverkehr oder wesentliche Verbesserungen für die Aufenthaltsqualität, den öffentlichen Verkehr oder den Fuss- und Veloverkehr ergeben würden.
Dies hat damit zu tun, dass der Anteil des Durchgangsverkehrs im Zentrum von Wohlen relativ klein ist und sich auf verschiedene Fahrbeziehungen aufteilt. Somit kann nur eine verhältnismässig kleine Verkehrsmenge aus dem Zentrum von Wohlen auf eine Umfahrung verlagert werden.
Negative Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft
Demgegenüber weisen alle Varianten im Bereich des heutigen Richtplaneintrags negative Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft auf. Bei den Umfahrungsvarianten mit mehrheitlich unterirdischer Linienführung werden insbesondere die Auswirkungen auf das Grundwasser als kritisch erachtet.
Bei den mehrheitlich oberirdischen Varianten werden insbesondere die Auswirkungen auf Naherholungsgebiete und Schutzgebiete sowie auf das Landschaftsbild als negativ beurteilt. Beispielsweise wäre zur Querung der Bünz und des Hochwasserschutzbeckens zwischen Wohlen und Waltenschwil ein Damm von rund fünf Metern erforderlich.
460 Millionen: Stadttunnel Wohlen als teure Bestvariante
Die Tunnelvariante unter Wohlen hindurch vermag am besten die negativen Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft zu reduzieren, weist aber mit rund 460 Millionen Franken gleichzeitig die mit Abstand grössten Kosten auf (Kostengenauigkeit +/– 30 Prozent). Bei keiner Umfahrungsvariante rechtfertigen die durch die Entlastung erzielten Vorteile die negativen Auswirkungen auf die Umwelt, das Landschafts- und Ortsbild sowie die hohen Kosten.
Aufgrund der Resultate aus der Zweckmässigkeitsbeurteilung wird eine Umfahrung von Wohlen nicht prioritär weiterverfolgt.
Kurz- bis mittelfristig soll die Umsetzung anderer Massnahmen die Verkehrssituation in Wohlen verbessern. Dazu gehören insbesondere Verbesserungen für den Fuss- und Veloverkehr, Angebotsverbesserungen im öffentlichen Verkehr sowie die Umsetzung eines Verkehrsmanagements. Bei einem Verkehrsmanagement wird mit punktuellen Massnahmen das bestehende Strassennetz optimiert und besser genutzt. Damit kann die Verkehrsbelastung im Zentrum von Wohlen während den Hauptverkehrszeiten reduziert und die Fahrplanstabilität des Busverkehrs verbessert werden. «Wir wollen das Verkehrsmanagement schnell angehen», sagt Perroud, «am liebsten ab 2025». Vielleicht könne dann so etwa um 2030 wieder die Prüfung einer Umfahrung angepackt werden,
Flächensicherung für Umfahrungsvarianten
Gleichzeitig werden im kantonalen Richtplan die erforderlichen Flächen für eine Umfahrung gesichert. Damit bleibt eine Umfahrung eine langfristige Handlungsoption. Der bestehende Richtplaneintrag zur Südumfahrung soll mit den Erkenntnissen der Zweckmässigkeitsbeurteilung aktualisiert werden. Zudem soll mit einem zweiten Richtplaneintrag die Linienführung des Stadttunnels als Zwischenergebnis gesichert werden.
«Der Gemeinderat Wohlen hat sich erhofft, dass die Prüfung der Umfahrung positiv ausfällt», erläutert Gemeindeammann Arsène Perroud. Der Gemeinderat könne jedoch nachvollziehen, dass die Resultate der Zweckmässigkeitsbeurteilung eine Festsetzung im kantonalen Richtplan nicht rechtfertigen.
Der Gemeinderat unterstützt die Absicht, den bestehenden Eintrag im Richtplan beizubehalten und zu aktualisieren sowie zusätzlich die Tunnelvariante in den Richtplan einzutragen, um so die Flächen langfristig zu sichern. Der Gemeinderat fordert vom Kanton zudem Massnahmen zur Entlastung des Zentrums von Wohlen. Seitens Gemeinde wird der Kommunale Gesamtplan Verkehr (KGV) derzeit umfassend aktualisiert. Darin werden Massnahmen zur Verbesserung der verkehrlichen Situation festgelegt, die im Zuständigkeitsbereich der Gemeinde liegen und in den kommenden Jahren umgesetzt werden können.
Weiter fordert der Gemeinderat, dass eine Neubeurteilung für eine Umfahrung erfolgen soll. Diese ist abhängig von der zukünftigen Verkehrsentwicklung sowie der Wirkung der zwischenzeitlich realisierten Massnahmen.
Das Vorhaben Umfahrung hat jedenfalls jetzt einen Dämpfer erhalten. In Wohlen hat man auf eine Realisation so in ungefähr 15 Jahren gehofft. Im Idealfall dauert es nun eher 20 bis 25 Jahre. Oder vielleicht noch länger. --dm/pd
Die Informationsveranstaltung fand gestern Montagabend im Casino statt. Ein Bericht dazu erfolgt in der Ausgabe vom kommenden Freitag.