Trotzdem gute Lösungen möglich
27.02.2024 Villmergen, Region UnterfreiamtVillmergen will auf Mittel der Arealüberbauungen verzichten – Gemeindeammann erklärt Gründe
Der Kanton fordert die Gemeinde auf, Arealüberbauungen weiter zuzulassen. Der Gemeinderat aber will diese bei der Gesamtrevision der Nutzungsplanung ...
Villmergen will auf Mittel der Arealüberbauungen verzichten – Gemeindeammann erklärt Gründe
Der Kanton fordert die Gemeinde auf, Arealüberbauungen weiter zuzulassen. Der Gemeinderat aber will diese bei der Gesamtrevision der Nutzungsplanung komplett streichen. «Unsere Vorgaben reichen aus, um dem Gebot der inneren Verdichtung nachzukommen», ist Ammann Ueli Lütolf überzeugt.
Chregi Hansen
Der Frust der Villmerger entlud sich an der ausserordentlichen «Gmeind» im September 2021, als es um die Gesamtrevision der Nutzungsplanung ging. Villmergen leide unter enormem Bauboom und Wachstum, «heute ist der letzte Moment, um etwas dagegen zu unternehmen», warnte damals Roger Buchacek. «Wir können das Bauen nicht verbieten, aber wir können Grenzen setzen», so sein Aufruf.
Der Präsident der Ortsbürgerstiftung trat damals als Sprecher einer Gruppe auf, welche die neue Nutzungsplanung kritisch beurteilte. Und er stellte den Antrag, dass die Vorschriften für die Arealüberbauungen nochmals überprüft und, falls eine Streichung des Artikels nicht möglich sei, wenigstens angepasst werden. Dieser Antrag fand eine deutliche Mehrheit an der Versammlung. Damit musste sich der Gemeinderat – neben anderen Themen – nochmals mit den Arealüberbauungen befassen. Und kommt jetzt zum Schluss, dass die Gemeinde auf Arealüberbauungen ganz verzichten will.
Kanton kann nur empfehlen
Das passt dem Kanton überhaupt nicht, wie er im Vorprüfungsbericht deutlich macht. Dabei geht es vor allem um das Gebot der inneren Verdichtung. «Das Anliegen einer sorgfältigen Siedlungsentwicklung unter Wahrung einer hohen Qualität wird aus fachlicher Sicht geteilt. Mit dem generellen Verbot von Arealüberbauungen in allen Bauzonen wird aber dieses Ziel verfehlt. Die Gemeinde bricht einen wichtigen, anreizbasierten Baustein aus ihrem Handlungsprogramm heraus. Als Konsequenz des Verbots verliert sie auch eine Rechtsgrundlage, um bei einer effizienten Bodennutzung mittels Arealüberbauung gleichzeitig die erforderliche Qualität einfordern zu können», heisst es dazu im Bericht.
Und weiter: «Arealüberbauungen müssen nicht zwingend das Bevölkerungswachstum beschleunigen. Ein sachgerechter Einsatz dieses Instruments ermöglicht es aber, den Boden effizient zu nutzen und Freiräume zu erhalten. Die Gemeinde hat es in der Hand, im Rahmen der Baubewilligungsverfahren zu Arealüberbauungen qualitativ gute Lösungen einzufordern und durchzusetzen.» Der Kanton empfiehlt Villmergen darum dringend, auf dieses Instrument nicht zu verzichten. Rein rechtlich sei der Entscheid des Gemeinderates aber nicht zu kritisieren.
Letztlich nur kleine Differenz
Trotz dieser Kritik aus Aarau hält der Gemeinderat Villmergen an der Streichung vorerst fest. Doch gibt er damit nicht ein Instrument aus der Hand, um die künftige Innenentwicklung der Gemeinde zu steuern? «Nein», sagt Ammann Ueli Lütolf. «Wir haben genügend andere Mittel, um die vom Kanton geforderten Ziele zu erreichen.» Die neue Nutzungsplanung enthalte mehrere Artikel, welche die innere Verdichtung fördern sollen. So etwa die Nichtanrechnung der Unter-, Dach- und Attikageschosse an die Ausnützungsziffer oder die Abschaffung des Mehrlängenzuschlags und der Nutzungsbonus für die Anordnung einer Tiefgarage. «Arealüberbauungen sind ein Instrument zur Steuerung, aber nicht das einzige», ist der Gemeindeammann überzeugt.
Zudem sei in einer Arealüberbauung nur der Minergiestandard vorgeschrieben. «Wir gehen sogar einen Schritt weiter und belohnen diejenigen, die auf Minergie-P setzen», so Lütolf weiter. Diese profitieren von einem zusätzlichen Bonus. Zudem wird auch die Ausnützungsziffer erhöht, wenn mindestens 2/3 der Pflichtparkplätze in einer Tiefgarage angeordnet werden. Wenn man alles zusammenrechne, so bleibe am Schluss nur eine kleine Differenz zu den Vorteilen einer Arealüberbauung. Und wie und was gebaut werde, lasse sich auch über das Mittel des Gestaltungsplans steuern. «Kanton und Gemeinde wollen eigentlich das Gleiche», sagt Lütolf. Letztlich fühlt sich der Gemeinderat dem Volk mehr verpflichtet als dem Kanton. «An der Versammlung wurde deutlich, dass man lieber keine Arealüberbauung will. Und da wir die geforderten Ziele auch auf andere Art erreichen, nehmen wir dieses Anliegen jetzt auf.»
Entscheiden muss die «Gmeind»
Noch ist der Entscheid nicht definitiv. Die Punkte, die nach der «Gmeind» vom September 21 noch immer offen sind, müssen dem Volk nochmals vorgelegt werden. Und dort will der Gemeinderat offen informieren. «Wir werden an diesem Abend die verschiedenen Varianten aufzeigen und vorrechnen, was sie genau bedeuten. Auch wenn das Ganze sehr komplex und kompliziert ist», erklärt Ueli Lütolf. Und natürlich sei es möglich, den Entscheid des Gemeinderates noch zu kippen. «Es ist durchaus denkbar, dass sich einzelne Bauherren an dieser Streichung stören und sich starkmachen für Arealüberbauungen. Letztlich wird dies an der Gemeindeversammlung entschieden.
Wann der definitive Entscheid fällt, ist noch nicht klar. Derzeit laufen das Mitwirkungsverfahren und die öffentliche Auflage, die wegen der wenigen Änderungen zur Gesamtrevision zusammen durchgeführt werden. Je nachdem, wie viele Eingaben es im Mitwirkungsverfahren noch gibt, kann der Prozess noch länger dauern. Wir hoffen aber, dass es jetzt schnell geht. «Viele warten darauf, dass die neue Nutzungsplanung endlich in Kraft tritt», weiss er. Letztlich muss ihr auch noch der Regierungsrat zustimmen. Dass dieser wegen der Streichung der Arealüberbauung die Zustimmung verweigert, glaubt der Gemeindeammann nicht.