Spaziergang für die Zukunft
07.11.2023 WohlenWie Wohlen im Jahr 2050 aussehen soll
Es nennt sich Räumliches Entwicklungsleitbild und stellt die strategische Grundlage für die Nutzungsplanung dar. Dieses Instrument dient der Gemeindeentwicklung. Und die Wohler Bevölkerung macht dabei sehr gut mit. Denn bei ...
Wie Wohlen im Jahr 2050 aussehen soll
Es nennt sich Räumliches Entwicklungsleitbild und stellt die strategische Grundlage für die Nutzungsplanung dar. Dieses Instrument dient der Gemeindeentwicklung. Und die Wohler Bevölkerung macht dabei sehr gut mit. Denn bei einem Spaziergang vom Bahnhof bis zur Bleichi konnten sich Herr und Frau Wohler sehr gut einbringen. Vor allem konnte die Bevölkerung mitreden, wie Wohlen in 25 Jahren aussehen könnte. Das ist zwar eine lange Zeitdauer, aber Projektleiterin Cécile Egli vom Büro Kontextplan durfte viele Inputs und Wünsche aufnehmen. Allerdings war bei den Vorschlägen recht viel Bekanntes dabei. --dm
Inputs und bekannte Wünsche
Spaziergang durch Wohlen als Bestandteil des Räumlichen Entwicklungsleitbildes (REL): Wohlen im Jahr 2050?
Der zu starke Verkehr und das fehlende Zentrum. Diese Themen sind in Wohlen aktuell. Ob diese Nachteile bis im Jahr 2050 behoben sind? Vielleicht. Bei einem Spaziergang durch Wohlens Zentrum durfte sich die Bevölkerung an Entwicklungsgedanken beteiligen.
Daniel Marti
Wie soll sich Wohlen in 25 Jahren präsentieren? Wie wird sich die grösste Freiämter Gemeinde im Jahr 2050 positioniert haben? Gute Fragen, schwierige Weitsicht. Wer mag schon ein Vierteljahrhundert vorausschauen? Deshalb wagt sich die Gemeinde an ein sogenanntes Räumliches Entwicklungsleitbild. Dies ist ein Steuerungsinstrument für die räumliche Gemeindeentwicklung und eine Grundlage für die Nutzungsplanung.
Was so theoretisch klingt, wurde in der Praxis bei einem Spaziergang durch Wohlens Zentrum erlebbar gemacht. Oder: Man wolle «gemeinsam den Raum aktiv wahrnehmen und bewusst betrachten». So drückt es das verantwortliche Büro Kontextplan mit Sitz in Bern, Solothurn und Zürich aus. Und vom Spaziergang durchs Zentrum erhoffte sich Projektleiterin Cécile Egli viele Inputs. Und die gab es auch von den über 70 Teilnehmenden. Vom Bahnhof bis zur Bleichi führte der Spaziergang. Und am Ende wurden die Inputs geliefert.
Viele Inputs sind schon lange bekannt
Diese gab es in einer grossen Anzahl. Und viele davon, Inputs, Ratschläge und Wünsche, wie Wohlen allenfalls attraktiver werden kann, sind nicht ganz neu. Oder eben seit Jahren bekannt.
Dass es in Wohlen schlicht zu viel Verkehr und kein eigentliches Zentrum hat, wurde verschiedentlich angeregt. So könnte der Durchgangsverkehr auf der Zentralstrasse gänzlich eliminiert werden. Ein Zentrum ohne Verkehr wäre die Steigerungsformel. Oder Tempo 30 flächendeckend. Verkehrsfreie Bahnhofstrasse und Alte Bahnhofstrasse wären wünschenswert. Eine Begegnungszone wird gewünscht, ob auf dem Merkur-Areal oder auf dem Isler-Areal, ist egal. Und der Zugang zur Bünz auf dem Isler-Areal scheint überfällig. Dass historische Orte und Gebäude wichtig sind fürs Orstbild und die Identität, das ist längst bekannt. Dafür hätte es unter den Spaziergangteilnehmenden keine Abstimmung gebraucht.
Gemeindeammann Arsène Perroud nahm die «vielen wertvollen Inputs» jedenfalls dankend an. Man werde diese zu nutzen versuchen, so Perroud weiter. Auch eine sogenannte Echogruppe wird sich mit den Erkenntnissen auseinandersetzen.
Wo fängt das Zentrum an?
Bei den Begrüssungsworten betonte der Gemeindeammann, dass es wichtig sei, sich mit der Zukunft zu befassen. «Die Auseinandersetzung, wo und wie sich Wohlen entwickeln soll, ist auf 25 Jahre hinaus nicht so einfach», ist er sich der Herausforderung durchaus bewusst. Trotzdem wollten die Verantwortlichen, auch vom Büro Kontextplan, die Ansichten von Herr und Frau Wohler abholen.
Gestartet wurde der Spaziergang beim Bahnhof. «Der Bahnhof ist Ankunftsort für viele», so Projektleiterin Egli. Und beim Bahnhof sei der Freiraum ebenso wichtig wie die verkehrstechnische Drehscheibe. Und dieser Freiraum ist (noch) nicht optimal gestaltet. So fehlen Schatten spendende Bäume für wartende Personen gänzlich. Und die prägenden historischen Bauten rund um den Bahnhof kommen irgendwie zu wenig zur Geltung. Bereits beim Bahnhof stellt sich laut Egli eine wesentliche Frage: «Wo fängt das Zentrum von Wohlen an und wo hört es auf?» Die passende Antwort hat wohl niemand – vor allem auch darum, weil für viele in Wohlen ein eigentliches Zentrum fehlt. Ausgerechnet in diesem Bereich will das Büro Kontextplan vielleicht irgendwann Antworten liefern. Wie soll das Wohler Zentrum aussehen? Wer wohnt im Zentrum? Wie verändern sich die Bauten im Zentrum? Laut der Projektleiterin gibt es nicht nur eine Entwicklung des öffentlichen Raumes, sondern auch eine Entwicklung des privaten Raumes. Auf beide müsse man achten.
Nach der Abbruchwelle folgte das Bewusstsein
Eine klare Haltung gibt es dagegen beim Erhalt von historischen Gebäuden. Dass diese kurze Diskussion vor dem Schlössli geführt wurde, ist mehr als logisch. Es gebe in Wohlen «so viele Spuren von damals, von der Vergangenheit», stellten auch die Kontextplan-Verantwortlichen fest. Natürlich habe vieles der Abbruchwelle aus den 1960er- und 70er-Jahren weichen müssen. Historische Gebäude wurden abgebrochen, damit es Platz für Strassen und Parkplätze ergab.
Umso wichtiger ist das in Wohlen nun herrschende Bewusstsein, dass alte und historische Gebäude unbedingt erhalten werden müssen. Die Frage «Ist das Auto oder der Mensch wichtig?» hat sich klar zum Menschen verschoben. Die Spuren aus der Vergangenheit seien für die Identität Wohlens wichtig. Der Erhalt von Isler-Villa, «Sternen» oder Schlössli sind sehr gute Beispiele.
Freiräume ohne Qualität
Das Gefühl und die Wertschätzung für die Historie sind in Wohlen längst eingekehrt. Bei den Freiräumen sei man noch nicht so weit, meinte eine kritische Stmme. «Es hat Freiräume, aber die haben keine Qualität.» Die öffentlichen Räume müssten unbedingt für die Menschen belebbar werden, «und eben nicht für Autos, für die gibt es sowieso zu viel Platz». Und die Bünz müsse zwingend besser genutzt werden. Sie müsse erlebbar sein. Wasser mitten im Zentrum, das ist auch für die Planer eine gute Ausgangslage. Und mehr als ein Input.
Ob Ratschlag, Wunsch oder Input, Projektleiterin Cécile Egli betonte, dass ihr Team alles aufnehmen werden, «aber wir können keine Versprechen abgeben».
Zentrum der Zukunft
Es liegen bereits Analyse-Erkenntnisse vor, wie allenfalls Wohlen in 25 Jahren ausehen könnte. Sehr interessant ist dabei die Definition des Zentrums – vor allem auch darum, weil sich viele Menschen ein Zentrum wünschen. «Das Zentrum soll ein Ort für Arbeiten, Einkaufen, Wohnen und Flanieren werden. Es wird ein identitätsstiftender, nutzungsvielfältiger Ort mit hoher Aufenthaltsqualität», so heisst es in einer kleinen Broschüre.
Weiter sollen sich die Ortseingänge und der Bahnhof als wichtiger Ankunftsort zu einladenden Räumen entwickeln «und zur Visitenkarte Wohlens werden». --dm