Sparmassnahmen sind zwingend
29.11.2024 WohlenVersammlung der katholischen Kirchgemeinde im Chappelehof: Vieles dreht sich ums Geld
Kirchenaustritte, die Finanzen, das «Domherr-Meyer-Haus», eine Wahl in die Finanzkommission und eine besondere Ehrung waren die Hauptthemen an der Versammlung der katholischen ...
Versammlung der katholischen Kirchgemeinde im Chappelehof: Vieles dreht sich ums Geld
Kirchenaustritte, die Finanzen, das «Domherr-Meyer-Haus», eine Wahl in die Finanzkommission und eine besondere Ehrung waren die Hauptthemen an der Versammlung der katholischen Kirchgemeinde.
Daniel Marti
«Viele Menschen haben wohl das Vertrauen in die Institution verloren», sagte Kirchenpflegepräsident Josef Brunner gleich zu Beginn der Versammlung. 221 Personen waren es im letzten Jahr, 115 Personen im Jahr 2024 bis Anfang November, die ihren Austritt aus der katholischen Kirche in Wohlen vollzogen haben. Es sind Austritte, die vor allem wegen den weltweiten Missbrauchsfällen und deren Verschleierung erfolgt sind. Und dies beschäftig auch Finanzchef Hansueli Pfyffer. «Kirchenaustritte haben zugenommen. Das zwingt uns, Sparmassnahmen einzuleiten», so Pfyffer.
Steuerfusserhöhung wäre allerletzte Massnahme
Paradoxerweise konnte er dennoch eine erfreuliche Jahresrechnung 2023 präsentieren. Die Steuereinnahmen lagen mit 2,124 Millionen Franken zwar unter dem Budget. Der Gewinn beträgt dennoch 63 900 Franken, dieser wurde als Abschreibung für das sanierte «Domherr-Meyer-Haus» verwendet. Die finanziellen Vorteile basieren auf dem personellen Unterbestand im Pastoralraum. «Inzwischen haben wir wieder Vollbestand», so Pfyffer.
Immerhin: Die Bilanz zeigt einen gesunden Finanzhaushalt. 2,34 Millionen Franken beträgt das Anlagevermögen. Eine Million Franken umfasst das Darlehen für die Sanierung des Chappelehofs. «Die übrigen Liegenschaften sind bis auf einen Franken abgeschrieben.» Ausser das soeben sanierte «Domherr-Meyer-Haus». Die langfristigen Schulden betragen 1,6 Millionen Franken.
Ob das Budget 2024 allerdings erreicht werden kann, konnte Hansueli Pfyffer nicht garantieren. Wohl eher nicht. Erraten: dies wegen den Kirchenaustritten. «Wir müssen sparen, denn wir wollen den Steuerfuss von 17 Prozent so belassen», sagte er vorausblickend. Die Reinigung im Pfarrhaus, das Orgelspiel in der Kirche, die Zuwendungen werden ab nächstem Jahr gekürzt. Der Steuerertrag fürs nächste Jahr sei schwierig abzuschätzen, betonte er weiter. Der Steuerertrag für 2025 wird mit 2,045 Millionen Franken budgetiert, für 2024 waren es 2,175 Millionen. Tendenziell gehen die Zinsen runter, die Hypozinsen werden bei 1,5 Prozent erwartet. «Davon profitieren wir. Zudem gehen wir davon aus, dass die Mieterträge zunehmen.»
Bald alle hochwertigen Wohnungen vermietet
Damit sprach Pfyffer die Sanierung des «Domherr-Meyer-Hauses» an. Diese ist vollendet worden, ganz zur Zufriedenheit der Kirchenpflege, wie Italo Valentino erklärte. «Vier hochwertige Wohnungen sind entstanden.» Zwei sind bereits vermietet, bei der 4-Zimmer-Wohnung liegen die Verträge für die Unterschrift bereit. Und bei der 5-Zimmer-Wohnung gibt es diverse Interessenten. Ähnlich sieht es beim neuen Ladenlokal aus, beim Raum des ehemaligen Goldschmieds. «Etliche Interessenten prüfen eine Miete», sagte Valentino, es sei aber bei den künftigen Mietern Diskretion gewünscht.
Einen grossen Mieterwechsel gab es beim Emanuel-Isler-Haus. «Mittlerweile sind alle Büros wieder besetzt. Und die Jungwacht hat sich im Untergeschoss gut eingelebt und fühlt sich dort wohl.»
Finanzplan zeigt ab 2016 Verlust auf
Zurück zu den Finanzen: Der Finanzplan zeigt kein gutes Bild. Ab 2026 ist mit einem Aufwandüberschuss zu rechnen. Der Steuerertrag werde jährlich um zwei Prozent abnehmen, rechnete Pfyffer vor. Und den Steuerfuss wolle man bei 17 Prozent belassen. Gemäss Finanzplan wird 2026 mit einem Defizit zu rechnen sein (166 000 Franken). Der Verlust wird sich dann steigern auf 235 000 Franken (2027) und 303 000 Franken (2028). «Wir müssen die Sparschrauben anziehen, denn der Schrumpfungsprozess wird weitergehen.» Erst als letzte Massnahme werde die Erhöhung des Steuerfusses in Betracht gezogen. Und das birgt dann die Gefahr, dass Kirchenaustritte wegen den Finanzen drohen.
Praktisch als stille Reserve hat die Kirchengemeinde noch 230 000 Franken in der Hinterhand. Dies ist der Betrag, den die Einwohnergemeinde für den Baurechtsvertrag für das Land für den Doppelkindergarten im Farn zu bezahlen hat. Die Kirchgemeinde bekommt diese Summe aber erst, wenn der Einwohnerrat dem Geschäft zustimmt. «Darum planen wir damit vorsichtig», sagt der Finanzchef. Der Betrag wird dann für die Abschreibung beim «Domherr-Meyer-Haus» verwendet.
Zum Schluss der Versammlung konnten drei Personen ein wenig gefeiert werden. Claudia Breitschmid wurde in die Finanzkommission gewählt. Sie war 20 Jahre in der Fiko in Abtwil tätig und freut sich nun auf die Arbeit in der Kirchgemeinde Wohlen.
Die Brunolds – das treuste Sakristan-Duo
Weiter wurden Astrid und Toni Brunold gebührend geehrt. Die beiden haben aus der «Kapelle in Anglikon ein Juwel gemacht», betonte Kirchpflegepräsident Josef Brunner. Seit 39 Jahren schauen sie zum kleinen Gotteshaus, sind stets präsent, öffnen jeden Morgen die Kapelle und sind präsent bei Gottesdiensten oder Taufen. Die beiden sind laut Kirchenpflege die besten und treuste Sakristane.
Ende Januar 2025 werden die Brunolds dieses geliebte Amt abgegeben. Mit Blumenstrauss und zwei Weinflaschen wurde das Ehepaar verabschiedet. «Wir werden euch vermissen», betonte Kirchenpflegepräsident Josef Brunner.
Die Allianz unterstützen
Seit ein paar Jahren gibt es die Organisation «Allianz gleichwürdig Katholisch» mit Sitz in Luzern (AGK). Sie kämpft für eine gleichberechtigte, glaubwürdige und solidarische römisch-katholische Kirche. «Sie setzt sich für gleiche Würde und gleiche Rechte in der katholischen Kirche ein», sagte Guido Benz an der Kirchgemeindeversammlung.
Und diese Allianz spürt aktuell die Auswirkungen der Missbräuche in der katholischen Kirche. Die Zentralkonferenz hat den Beitrag an die Allianz gestrichen, «und zwar, weil das Geld für die Entschädigung der Missbrauchsopfer der Katholischen benötigt wird», wie Benz ausführt. «Die Allianz hat nun finanzielle Schwierigkeiten». Darum bittet Benz die Kirchenpflege und die Pfarrei, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Die katholische Kirchgemeinde soll einen Unterstützungsbeitrag fürs Budget 2026 prüfen und dem Trägerverein der Allianz beitreten, so Benz abschliessend. Kirchenpflegepräsident Josef Brunner versprach, dass sich die Kirchenpflege mit dem Antrag befassen werde. --dm
Fachkräftemangel spürbar
Pastoralraum Unteres Freiamt
Von grossen Veränderungen im Pastoralraum Unteres Freiamt berichtete Arlette Bär. «Wir brauchen neue Seelsorger. Das ist eine herausfordernde Situation, die aber auch eine Chance ist», betont sie. Trotz Fachkräftemangel sei es das erklärte Ziel, die Alltagstätigkeiten möglichst schnell abwickeln zu können. Das geht aber über die ehrenamtliche Tätigkeit hinaus.» Auch bei den Katecheten ist der Fachkräftemangel spürbar. So musste der Religionsunterricht an der Schule Wohlen komplett neu organisiert werden, neu findet er am Mittwochnachmittag und am Samstag statt. «Wir möchten uns mit kleinen Schritten positiv entwickeln», erklärte sie. Und Pastoralrumleiter Gerard Ruff befürchtet, dass «in Zukunft keine Profis mehr in der Kirche vor den Besuchern stehen werden. «Denn die Personalressourcen gehen sogar schneller zu Ende als die Finanzen.» Er wolle aber nicht klagen, es brauche künftig einfach ein wenig Fantasie, so Ruff.
Und der leitende Priester Ignatius Okoli versichert, dass «die Pfarrei lebendig und aktiv» bleiben werde. Aus dem Pastoralraum Unteres Freiamt haben sich über 100 Kinder für die Heilige Kommunion und die Firmung angemeldet. «Und die Gottesdienste sind in Wohlen gut besucht.» --dm