«Sofortige Wende nicht realistisch»
04.02.2025 WohlenDer neue Finanzplan 2026–2035 ist eine Fortsetzung des eingeschlagenen Kurses
Immer mehr Investitionen, immer höhere Schulden. Dieser Trend ist beim Finanzplan der Gemeinde Wohlen zur konstanten Garantie geworden. Seit Jahren. Auch jetzt bei der neusten Ausgabe ...
Der neue Finanzplan 2026–2035 ist eine Fortsetzung des eingeschlagenen Kurses
Immer mehr Investitionen, immer höhere Schulden. Dieser Trend ist beim Finanzplan der Gemeinde Wohlen zur konstanten Garantie geworden. Seit Jahren. Auch jetzt bei der neusten Ausgabe des Zahlenwerkes zeigen die wichtigen Werte nach oben. Die Chance zur Trendwende liess der Gemeinderat verstreichen.
Daniel Marti
Haben sich mittlerweile alle daran gewöhnt, dass die Spitzenverschuldung der Gemeinde Wohlen Jahr für Jahr sich in noch höhere Gefilde verabschiedet? Irgendwie sind prognostizierte Höchstwerte bei den Schulden zur Selbstverständlichkeit geworden. Im neuen Finanzplan gehen gegenüber dem letztjährigen Finanzplan die Ausgaben weiter rauf: Investitionsvolumen von 152,2 Millionen (+1,2 Millionen). Spitzenverschuldung im Jahr 2031 auf 157,5 Millionen, dies ist ein Plus von 3,5 Millionen gegenüber dem letztjährigen Finanzplan (siehe auch Ausgabe vom 17. Januar).
Hat Gemeinderat Zeichen des Stimmvolkes nicht erkannt?
Dabei sind die Zeichen des Stimmvolkes und des Einwohnerrates im letzten Jahr unmissverständlich gewesen. Das Stimmvolk hat im letzten Jahr an der Urne zweimal zu Ausgaben Nein gesagt, bei den Referendumsabstimmungen zur Aufwertung der Zentralstrasse und zu den Schulraum-Projektkrediten. Dies unter anderem auch aus finanziellen Überlegungen. Und der Steuerfuss wurde vom Einwohnerrat auf 116 Prozent belassen. In der Überzeugung, dass der Stimmbürger nicht mehr bezahlen möchte und weil eine Steuerfusserhöhung an der Urne wohl keine Chance hätte.
Das sind doch klare Zeichen. Weniger Ausgaben, kein steigender Steuerfuss. Hat der Gemeinderat diese Zeichen – notabene drei an der Zahl – auch so verstanden? Dass der Bürger eben weniger ausgeben und keine höheren Steuern zahlen will?
Der Gemeinderat antwortet ausführlich. Er habe kein Interesse daran, «die Bevölkerung mit überhöhten Steuern zu belasten», hält der Gemeinderat auf Anfrage fest. Der Wunsch nach tiefen Steuern allein sei jedoch «in der gegenwärtigen finanzpolitischen Lage und mit dem zwingenden Sanierungs- und Investitionsbedarf in keiner Weise zielführend». Die Stimmbevölkerung habe in den letzten Jahren mehreren Projekten zugestimmt, «darunter auch solche im sogenannten Wahlbedarf, die zwar nicht zwingend notwendig, jedoch sinnvoll waren».
Wie war das mit höheren Steuern?
Dass der Steuerfuss steigen werde, habe der Gemeinderat seit Jahren in seinen Finanzplänen prognostiziert. «Diese Aussagen werden scheinbar ignoriert», so der Gemeinderat. Und es erstaunt den Gemeinderat, «dass die Diskussion über höhere Gemeindesteuern nicht schon vor Jahren geführt wurde».
Diese Haltung der Wohler Regierung erstaunt ebenfalls. Oder hat sie etwas ausgeblendet: Denn in den letzten 20 Jahren waren mehrmals Steuerfusserhöhungen thematisiert. 2003, 2007, 2013 gab es Ablehnungen. Und im Juni 2019 entschied der Regierungsrat, dass der Steuerfuss bei 110 Prozent bleibt und nicht auf 115 Prozent steigen soll. Und fürs Budget 2024 einigten sich alle Parteien und das Stimmvolk knapp auf eine Erhöhung von 113 auf 116 Prozent.
Der Gemeinderat spricht weiter die Vorlage 2025 mit einem Steuerfuss von 120 Prozent an. Dieser habe den rechtlich zwingenden Vorgaben entsprochen. Auch dem Einwohnerrat sei es nicht gelungen, mehrheitsfähige Sparvorschläge zu beschliessen, so der Gemeinderat weiter. «Die Gemeinde muss den vom Einwohnerrat beschlossenen Aufwandüberschuss über eine zusätzliche Verschuldung finanzieren, was den finanzpolitischen Spielraum künftig zusätzlich einschränken wird.»
Dann wird der Gemeinderat recht deutlich: «Die an der Urne abgelehnten Projekte verhindern die wichtige Weiterentwicklung der Gemeinde, die für alle Bevölkerungsgruppierungen attraktiv bleiben will.» Eine Akzeptanz für die Volksentscheide klingt anders. Oder hat das Volk nicht mehr recht?
Übergangscharakter mit Alternativen
Trotzdem: Nach drei wesentlichen Entscheiden – Zentralstrasse, Schulraum, Steuerfuss – hätte der Steuerzahler und Stimmbürger eine Trendwende im Finanzplan erwarten können oder dürfen. Vor allem was Investitionen und Schuldenentwicklung angeht. Warum hat der Gemeinderat diese Entscheide nicht zum Anlass genommen, mit Rotstift oder der Verschiebung von Projekten zeitlich nach hinten eine Trendwende herbeizuführen? Der aktuelle Finanzplan habe einen Übergangscharakter, betont der Gemeinderat. Die Zeit seit der Referendumsabstimmung am 24. November sei zu kurz gewesen, um in Bezug auf Projekte wie den Schulraum «einen grundlegend anderen Kurs einzuschlagen. Vielmehr wurde ein alternativer Ansatz entwickelt, der nun im Finanzplan abgebildet wird. Weil die Schülerzahlen wie prognostiziert steigen, bleibt der Bedarf an zusätzlichem Schulraum weiterhin bestehen, auch wenn die beiden Projektierungskredite abgelehnt wurden», schreibt der Gemeinderat.
Steigerungslauf beim Schulden-Höchststand
Der Finanzplan zeige auf, welche Projekte für die langfristige Entwicklung der Gemeinde nötig sind, so der Gemeinderat, der eine klare Haltung vertritt: «Eine sofortige Trendwende oder drastische Anpassung der Planung ist nicht realistisch.» Der prognostizierte Schuldenhöchststand hat sich übrigens in den letzten sieben Jahren laufend erhöht.
Ein Blick in die Ära von Gemeindeammann Arsène Perroud beweist das. Er ist seit 2018 Ammann. Im Finanzplan 2019–2028, präsentiert im September 2018, wurde eine Schuldenobergrenze im Jahr 2024 mit 110 Millionen Franken erwartet. Im August 2020 (Finanzplan 2021–2030) wurde ein Schuldenhöchststand fürs Jahr 2026 mit 123 Millionen Franken prognostiziert. Im März 2023 (Finanzplan 2024–2033) wurde ein Schuldenhöchststand von 142 Millionen fürs Jahr 2032 errechnet. Es folgen die Höchstmarken 154 Millionen und jetzt aktuell 157,2 Millionen fürs Jahr 2031.
Weitere 100 Millionen für Bildungsbereich
Dieser Steigerungslauf führte also innert sieben Jahren von 110 auf nun 157,2 Millionen Franken. Wollen die Wohlerinnen und Wohler diese Entwicklung tatsächlich mittragen? Die jüngsten Entscheidungen an der Urne lassen das bezweifeln. Trotzdem erreicht das Investitionsvolumen im aktuellen Finanzplan mit 152,2 Millionen einen neuen Rekordwert. Der Bereich Bildung ist mit 103,3 Millionen der grösste Brocken. Die Modernisierung des Schulzentrums Halde benötigt mit 56 Millionen Franken am meisten, rund die Hälfte davon ist bereits realisiert.
Die geplanten Investitionen in die Schulzentren Junkholz (über 35 Millionen) und Bünzmatt (über 25 Millionen) folgen als Nächstes. Das neue Schulzentrum Farn mit Schulhaus und Doppelkindergarten wird laut aktuellem Finanzplan 23 Millionen Franken kosten. Die Investitionen in den Kindergarten in der Höhe von zwei Millionen sind auf die Jahre 2025 bis 2027 aufgeteilt. Die Projektierung des Farn-Schulhauses soll nächstes Jahr starten. Die Realisation ist zwischen 2029 bis spätestens 2032 geplant.