So macht Abfall trennen mehr Spass
24.11.2023 Villmergen, Region UnterfreiamtNeue Ära der Entsorgung
Die Römer AG aus Wohlen baut in Villmergen eine neue Brings-Sammelstelle
Mit Hochdruck wird zwischen SBB und Cellpack gearbeitet. Das neue Recyclingzentrum wird Vorbildcharakter haben.
...Neue Ära der Entsorgung
Die Römer AG aus Wohlen baut in Villmergen eine neue Brings-Sammelstelle
Mit Hochdruck wird zwischen SBB und Cellpack gearbeitet. Das neue Recyclingzentrum wird Vorbildcharakter haben.
Chregi Hansen
Kaum ist die neue Unterführung der Nutzenbachstrasse eröffnet, wird hier schon wieder gebaut. Direkt neben den SBB-Gleisen ragt eine riesige Maschine in die Luft. Bis zu 45 Meter lang sind die Pfähle, welche sie in den Boden rammt. Daneben wuseln mehrere Fahrzeuge über das Gelände. Sie bereiten den Baugrund und den Installationsplatz vor. Schnell wird klar: Hier handelt es sich um eine Grossbaustelle.
«Am 6. November haben wir angefangen», berichtet Geschäftsführer Thomas Römer. Und man gibt von Anfang an Gas. Vor gut einem Jahr fand der Spatenstich statt. Damals hatte die Römer AG aber erst die Bewilligung für die Erschliessungsstrasse. Im März wurde dann das Baugesuch für das Entsorgungszentrum aufgelegt, welches das modernste der Schweiz werden soll. Vor wenigen Wochen traf die Bewilligung ein. Ziel ist es, dass bis Ende 2024 die Verarbeitungsanlage für Kunststoffrecycling die Arbeit aufnimmt und rund ein halbes Jahr später die neue Brings-Sammelstelle. «Die Eröffnung ist für den 25. Mai 2025 geplant», gibt sich Thomas Römer optimistisch.
Wenn es nach ihm ginge, wäre das Tempo noch höher. Doch für eine solche Anlage, wie sie hier geplant ist, gelten eben viele Vorschriften, mussten im Vorfeld etliche Abklärungen getätigt und Bewilligungen eingeholt werden. Sei es bezüglich Abluft oder Abwasser, sei es wegen Brandschutz oder dem Verkehrskonzept. «Die Gemeinde Villmergen hat uns in diesem Verfahren immer gut unterstützt», lobt der Wohler Unternehmer den Nachbarort. Er hätte die Betriebserweiterung gerne in der eigenen Ortschaft realisiert, fand aber keinen geeigneten Standort. «Wir sind glücklich, dass uns die Cellpack dieses Areal zur Verfügung stellt», sagt Thomas Römer.
Die Bauarbeiten für die neue Brings-Sammelstelle in Villmergen laufen auf Hochtouren
Nichts weniger als «die modernste Sammelstelle der Schweiz» ist das Ziel. Dazu investiert die Wohler Römer AG 25 Millionen Franken am neuen Standort in Villmergen. Seit gut drei Wochen wird gebaut. Am 25. Mai 2025 soll bereits die Eröffnung gefeiert werden.
Chregi Hansen
Geschäftsführer Thomas Römer verfolgt mit Stolz die Arbeiten auf dem Grundstück in Villmergen. Wegen des Baugrunds kommt die schweizweit grösste Maschine für Pfählungen zum Einsatz. Rund 200 Pfähle werden gesetzt, wobei hier das Verdrängungsverfahren zum Einsatz kommt.
Das Pfählen ist nötig, denn die Halle wird später riesige Ausmasse haben. Rund 80 mal 80 Meter Fläche und 16 Meter hoch. Unten wird der Kunststoff recycelt, oben befindet sich die neue Brings-Sammelstelle. Diese ist so ausgelegt, dass pro Tag mehr als 1500 Fahrzeuge Platz finden. «Das entspricht der Menge, die wir heute etwa an einem Samstag haben», so der Geschäftsführer. Mit dem Unterschied, dass am neuen Ort weniger Durcheinander entsteht.
An alles gedacht
«Unser Anspruch ist es, die modernste und sicherste Sammelstelle für Private und Kleingewerbe der Schweiz zu bauen», erklärt der innovative Unternehmer. Das Konzept dazu hat er selbst entwickelt. Grundidee ist es, dass die Entsorgung im oberen Geschoss stattfindet und die verschiedenen Wertstoffe gleich via Abwurfkanal ins Erdgeschoss geführt werden, wo sie von den Lastwagen bequem eingeladen werden. Damit entfällt das Rangieren der vielen Mulden auf der Sammelstelle. Zudem werden die Parkplätze so angeordnet, dass die Kunden auf dem Weg zu den Abwurfstellen nicht durch anfahrende Autos gefährdet sind. Nicht zuletzt ist die Sammelstelle überdacht, wird also niemand nass beim Bringen der Waren. «Wir wollen eine angenehme Atmosphäre schaffen und vieles vereinfachen. Beispielsweise die Bezahlung», macht Römer deutlich.
Vieles wird also automatisiert und ist in Zukunft elektronisch gesteuert. So wäre später gar ein vollautomatischer 24-Stunden-Betrieb möglich. Dabei geht es Thomas Römer nicht darum, Personal einzusparen, im Gegenteil. Der Neubau wird zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Zum einen im Recyclingcenter für Kunststoff, welches von Seon nach Villmergen zügelt.
«Die bisherigen Mitarbeiter machen den Wechsel alle mit», freut sich Römer, «dazu werden wir noch weiteres Personal anstellen.» Aber auch die neue Brings-Sammelstelle wird grösser und braucht zusätzliche Mitarbeiter. «Uns ist es wichtig, dass die Kunden gut beraten werden und beim Trennen der Waren Unterstützung erhalten», so Römer. Insgesamt werden vier bis fünf zusätzliche Stellen geschaffen.
Ganz der Nachhaltigkeit verpflichtet
Und es könnten noch mehr werden. Denn im Gebäude ist auch noch Platz für einen Laden oder ein Restaurant. Thomas Römer hat klare Ideen, was hierher passt. «Es sollte ein Betrieb sein, der sich der Nachhaltigkeit verschreibt. Etwa ein Laden für Recyclingprodukte», sagt er. Schliesslich ist der gesamte Neubau auf Ökologie ausgelegt. So gibt es einen Anschluss an das im Bau befindliche Fernwärmenetz der AEW. Und auf dem Dach wird eine riesige Photovoltaikanlage erstellt, welche den gesamten Bedarf der Anlage abdeckt.
Weitere Gemeinden interessiert an einer Zusammenarbeit
Rund 25 Millionen Franken investiert die Firma in den Standort in Villmergen. Der Hauptsitz in Wohlen, der (Luftlinie) nur 200 Meter entfernt auf der anderen Seite der SBB-Gleise liegt, wird beibehalten. Die Grosskunden werden weiter in Wohlen bedient. Villmergen ist die erste Adresse für Private und das Kleingewerbe. Mit dem neuen Standort ergibt sich auch die Möglichkeit, offizielle Sammelstelle für weitere Gemeinden zu werden. Entsprechende Gespräche sind bereits im Gang. Für Thomas Römer macht das Sinn. In vielen kleinen Gemeinden ist die Entsorgungsstelle nur ein- oder zweimal pro Woche geöffnet, das entspricht nicht mehr dem Bedürfnis der Bevölkerung. «Die Gemeinden sollten ein Grundangebot bereithalten. Beispielsweise für Altglas oder Papier. Aber für spezielle Recyclingsorten sind die grossen Sammelstellen besser geeignet», ist er überzeugt.
Übrigens: Trotz des Wegzugs nach Villmergen bleibt Brings die offizielle Sammelstelle der Gemeinde Wohlen. Letztlich wird der Weg nur ein paar Meter länger. Und die meisten kommen sowieso mit dem Auto. Aber auch Fussgänger und Velofahrer sind am neuen Ort willkommen. Diese können sogar einen Lift nutzen, um ins Obergeschoss und zu den Einwurfstellen zu gelangen. Bequemer geht es fast nicht mehr. Damit will sich die Römer AG von der Konkurrenz abheben. «Der Konkurrenzdruck in der Recyclingbranche ist gross, die Preise hingegen sind teilweise tief. Je besser die Kunden die Abfälle trennen, desto kleiner wird der Sortieraufwand und desto grösser ist der Nutzen für die Umwelt», rechnet Thomas Römer vor.
Plastic-Recycling gewinnt an Bedeutung
Grosse Hoffnung hegt der Unternehmer für den Bereich des Kunststoffrecyclings. Diesen deckt die Firma Syntonex ab, an der die Römer AG beteiligt ist und die nun von Seon nach Villmergen zieht. Hier ortet Thomas Römer ein riesiges Potenzial. «In der neuen Anlage können wir bis zu 10 000 Tonnen Kunststoff recyceln, welcher nachher wieder verarbeitet werden kann», erklärt er. Als Beispiel dienen ihm die Plastikverpackungen bei den Grossverteilern, die in grosser Zahl anfallen und die sich fast vollständig wieder aufbereiten lassen. «Wir können fast 100 Prozent des Materials wiederverwenden. Das ist die Kreislaufwirtschaft, die wir uns für die Zukunft alle wünschen», führt Römer aus. Auch hier soll sein Unternehmen schweizweit ganz vorne mitmischen. Und in Villmergen einen grossen Schritt in die Zukunft machen.